Die Welt konnte sich durch die Herstellung von Differenzen entwickeln. Aus einem völlig symmetrischen Zustand entstanden Unterschiede in einem Prozess, den wir Urknall nennen. Warum dies geschah wissen wir nicht. Wir wissen auch nicht, was vorher war. Tatsache ist, dass die Entstehung von Unterschieden Potentiale für Energieflüsse eröffnete und damit Entwicklung ermöglichte, wodurch Raum und Zeit entfaltet wurden. Dabei ist zuerst zu bemerken, dass die Aufhebung der völligen Verbundenheit zu Autonomie führt.
Vollständige Autonomie kann aber auch nicht das Ziel dieser Welt sein, denn dies bewirkt die Zerstreuung der Bestandteile des Ganzen. Zerstreuung fassen die Physiker mit dem Begriff Entropie. Im Prozess zunehmender Zerstreuung und damit wachsender Entropie verliert die Welt Differenzen und damit Potentiale für gestalterische Entwicklungen auf Grundlage von durch Differenzen, die Energieflüsse bewirken. Physiker des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sprachen hier vom Wärmetod des Weltalls, in dem jede Entwicklung verloren geht.
Glücklicherweise folgen aus der früheren Verbundenheit schöpferische Prozesse, die der Zerstreuung entgegenwirken und wieder neue Strukturen gestalten. Diese schöpferische Kraft kann aber nur wirken, weil Autonomie seit dem Urknall existiert. Ohne Zerstreuung wäre diese schöpferische Kraft einfach existent, aber wirkungslos.
“Wiedererlangung von Autonomie”. Andreas Kießling. Leimen, 25.08.2015