Zelluläre Architektur und Digitalisierung

Zelluläre Architektur und Digitalisierung als Basis autonomer Gestaltung im Verbundsystem

Zelluläre Architektur und Digitalisierung

Inhaltsverzeichnis

  1. Hin­ter­grund und Moti­va­ti­on einer C/sells-Arbeits­grup­pe zum regu­la­to­ri­schen Rahmen
  2. Stan­dar­di­sie­rung beschleu­nigt Inno­va­ti­on und schafft Massenfähigkeit
  3. Glos­sar mit Begriffs­sys­tem zum zel­lu­lä­ren Ener­gie­sys­tem als Grund­la­ge von Betei­li­gung und Autonomie
  4. Zel­lu­lä­re Archi­tek­tur und Digitalisierung
  5. Use Case Methodik
  6. Schutz­me­tho­dik — Schutz­be­dürf­nis­se im Energiesystem
  7. Fle­xi­bi­li­täts­be­griff — Fle­xi­bi­li­täts­kon­zep­te — Flexibilitätsmodell
  8. Zusam­men­fas­sung der Ergeb­nis­se des Pro­jek­tes C/sells zu gemein­sa­men tech­ni­schen Regeln, Nor­men und Standards

Zelluläre Architektur und Digitalisierung als Basis autonomer Gestaltung im Verbundsystem

Pla­nung von Ener­gie­zel­len im Ver­bund — Her­aus­for­de­run­gen / Archi­tek­tur / Kom­po­nen­ten / Musterlösungen 
Zel­lu­lä­re Archi­tek­tur und Digi­ta­li­sie­rung — Quel­le: Kieß­ling, A. et al. (06/2020)

 

Chancen zum Gedeihen durch Innovation und Inspiration

Der beschleu­nig­te Über­gang zum nach­hal­ti­gen Wachs­tum in allen Län­dern der Erde ist alter­na­tiv­los. Ansons­ten droht der Kol­laps der moder­nen Indus­trie­ge­sell­schaft und damit ein Rück­fall in dunk­le Zei­ten der Zivi­li­sa­ti­on. Gleich­zei­tig ist die psy­cho­lo­gi­sche Tat­sa­che zu berück­sich­ti­gen, dass Men­schen vor star­ken Ver­än­de­run­gen Angst ver­spü­ren. Vor­ran­gig möch­ten sie, dass bekann­te Lebens­um­stän­de erhal­ten blei­ben und kein Ver­lust ent­steht. Sie glau­ben nicht so leicht den Ver­spre­chun­gen neu­er Mög­lich­kei­ten. Die Akzep­tanz für Ver­än­de­rungs­pro­zes­se benö­tigt damit einen inten­si­ven Pro­zess der Ein­be­zie­hung aller Men­schen in die Dis­kus­si­on neu­er Wege und Chan­cen. Die­se Chan­cen erge­ben sich dabei oft aus der Fokus­sie­rung auf per­sön­li­che, loka­le und regio­na­le Lebens­um­stän­de. Hier sind Mög­lich­kei­ten oft leich­ter ver­ständ­lich zu machen. Es gilt die Chan­cen zum Wachs­tum oder bes­ser aus­ge­drückt zum Gedei­hen durch Inspi­ra­ti­on und Inno­va­ti­on zu suchen.

Handlungsmotivation für den Wandel zum nachhaltigen Wachstum

Mit der Zunah­me dezen­tra­ler Erzeu­gung reif­te auch zuneh­mend die Erkennt­nis, dass glo­ba­les und gleich­zei­tig loka­les Den­ken kei­nen Wider­spruch bil­det. Die EU hat die­se Her­aus­for­de­run­gen erkannt und stellt den Nut­zen für den Bür­ger in den Mit­tel­punkt aller Anstren­gun­gen. Hier­zu for­dert die EU-Kom­mis­si­on mit der Richt­li­nie 2018 zu Erneu­er­ba­ren Ener­gien im soge­nann­ten Win­ter­pa­ket Maß­nah­men zur Beför­de­rung von Eigen­ver­sor­gungs­lö­sun­gen, Eigen­ver­sor­gungs­ge­mein­schaf­ten im pri­va­ten Raum aber auch Ener­gie­ge­mein­schaf­ten im öffent­li­chen Bereich. Der Pro­sument, der im Rah­men sei­ner eige­nen Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten Ener­gie in ver­schie­de­nen For­men gewinnt, spei­chert und nutzt, soll gestärkt werden.

Die beschrie­be­nen Grün­de sowie die Her­aus­for­de­rung zur Beherr­schung wach­sen­der Kom­ple­xi­tät im vola­ti­len, dezen­tra­len, erneu­er­ba­ren Ener­gie­sys­tem haben im SIN­TEG-Schau­fens­ter C/sells zur Ent­schei­dung für eine zel­lu­lä­re Archi­tek­tur des Gesamt­sys­tems geführt. Damit erge­ben sich aber auch neue pla­ne­ri­sche Auf­ga­ben. Ener­gie wird nicht mehr aus­schließ­lich über gro­ße Kraft­wer­ke bereit­ge­stellt, son­dern Ener­gie­kreis­läu­fe sind sub­si­di­är in Gebäu­den, Stadt­quar­tie­ren auf Area­len und in Regio­nen zu pla­nen. Ver­wal­tun­gen erhal­ten mit der Auf­stel­lung von Ener­gie­kon­zep­ten neue Her­aus­for­de­run­gen. Gebäu­de- und Land­schafts­ar­chi­tek­ten haben die Auf­ga­be, Gebäu­de- und Land­schafts­de­sign mit der Spe­zi­fi­ka­ti­on von Ener­gie­kreis­läu­fen sowie von dazu not­wen­di­gen Digi­ta­li­sie­rungs­maß­nah­men zu ver­bin­den. Aber auch die Ein­bet­tung in die umge­ben­de Infra­struk­tur ist zu pla­nen, um die Wider­stands­fä­hig­keit der eige­nen Lösung gegen digi­ta­le Angrif­fe einer ver­netz­ten Welt und im Kata­stro­phen­fall zu erhöhen.

Zel­lu­lä­re Archi­tek­tur und Digi­ta­li­sie­rung füh­ren zu den pla­ne­ri­schen Bereichen

  • auto­no­me Ener­gie- und Lebens­wel­ten (SMARTES ENERGIESYSTEM) mit hohem Frei­raum gesell­schaft­li­cher und indi­vi­du­el­ler Gestal­tung von Gebäu­den, Land­schaf­ten und Mobilität
  • ver­bin­den­de Infra­struk­tu­ren (SMART GRIDS) als gemein­sa­me gesell­schaft­li­che Basis zur Ver­net­zung von auto­no­men als auch ver­bun­de­nen Ener­gie- und Lebenswelten

Dabei ist des erfor­der­lich, zur Beschrei­bung des zel­lu­lä­ren Ener­gie­sys­tems in Abhän­gig­keit von der kon­kre­ten Umge­bung Pla­nungs­pro­zes­se für ver­schie­de­ne Gestal­tungs­ebe­nen zu ent­wi­ckeln und die dar­aus resul­tie­ren­den Umset­zun­gen zu demonstrieren.

Planung von Energiezellen in Gebäuden, Stadtquartieren, auf Arealen, in Städten und ländlichen Regionen

Die Spe­zi­fi­ka­ti­on des Ener­gie­sys­tems in einer rea­len Umge­bung erfolgt dabei aus ver­schie­de­nen Blick­win­keln, die jeweils eine inne­re und äuße­re Sicht beinhalten.

Aus­gangs­punkt ist in der Regel der Blick auf das eige­ne Objekt mit dem Ziel der Kon­zi­pie­rung eines Ener­gie­sys­tems mit eige­nen Erzeu­gungs- und Spei­cher­ka­pa­zi­tä­ten in Ver­bin­dung mit einem Ener­gie­ma­nage­ment­sys­tem. Die Ziel­stel­lung besteht in der Erhö­hung des Auto­no­mie­gra­des in Wohn­ge­bäu­den, im gewerb­li­chen und öffent­li­chen Objek­ten, auf Indus­trie­area­len, aber auch in Städ­ten und länd­li­chen Regio­nen, um wirt­schaft­li­che Vor­tei­le zu erzie­len, Eigen­ge­stal­tung zu über­neh­men, aber auch einen höhe­ren Grad an Ver­sor­gungs­si­cher­heit im Fal­le von exter­nen Strom­aus­fäl­len zu erreichen.

Gleich­zei­tig wird Ver­sor­gungs­si­cher­heit durch den Ver­bund gewähr­leis­tet. Ener­gie­ge­mein­schaf­ten sind also Mit­tel zum Aus­bau Erneu­er­ba­rer Ener­gien, zur Erhö­hung von Wirt­schaft­lich­keit und zur Soli­da­ri­tät in der Gemein­schaft. Dies kann wie­der­um auf ver­schie­de­nen Ebe­nen loka­len, regio­na­len, natio­na­len und glo­ba­len Han­delns geschehen.

Mit die­sen Ansät­zen ver­bin­den sich loka­les und glo­ba­les Han­deln auf ver­schie­de­nen Wir­kungs­ebe­nen. Zur Abgren­zung zwi­schen eige­ner Hand­lungs­ho­heit und der Umge­bung ist jeweils eines Sys­tem­gren­ze sowie das Wir­ken über die­se Gren­ze zu defi­nie­ren. Als Abbil­dungs­mit­tel für den eige­nen Wir­kungs­be­reich in Abgren­zung zur Umge­bung wur­de der Begriff Zel­le benutzt. Das ver­ti­ka­le Zusam­men­wir­ken der Zel­len visua­li­siert nach­fol­gen­de Abbil­dung beispielhaft.

Zelluläre Architektur und Digitalisierung

Zel­len wer­den gestal­tet im Rah­men pri­va­ter oder poli­ti­scher Struk­tu­ren als

  • Ein­zel­ge­bäu­de (Wohn­häu­ser und kom­mer­zi­el­le Gebäude),
  • Stadt­quar­tie­re,
  • Area­le der Indus­trie oder auch öffent­li­che Flä­chen wie Flughäfen,
  • länd­li­che Regionen.

Die Spe­zi­fi­ka­ti­on von Ener­gie­sys­te­men lässt sich eben­so an vor­han­de­nen Struk­tu­ren der Strom­net­ze pla­nen, wie zum Bei­spiel in

  • Ver­teil­netz­be­rei­chen,
  • Ver­teil­net­zen,
  • Regio­nal­net­zen,
  • Regel­zo­nen der Übertragungsnetzbetreiber.

Schluss­end­lich wir­ken in all die­sen phy­si­ka­lisch abgrenz­ba­ren Zel­len vir­tu­el­le, also nicht räum­lich defi­nier­te Markt­struk­tu­ren, z.B. als Bilanz­krei­se, vir­tu­el­le Kraft­wer­ke oder Energiegemeinschaften.

Generischer Bauplan für Energiezellen und ihren Verbund

Um bei die­ser Viel­falt der Gestal­tungs­mög­lich­kei­ten im jewei­li­gen Umfeld der Inter­es­sen­trä­ger die zuge­hö­ri­gen Zie­le zu errei­chen, ist das jeweils benö­tig­te, kon­kre­te Sys­tem in einem Pla­nungs­pro­zess als Ener­gie­zel­le sowie die zuge­hö­ri­gen Anwen­dungs­fäl­le der Akteu­re im Rah­men einer ver­ein­bar­ten Metho­dik zu beschreiben.

Hier­für wur­den im Pro­jekt C/sells ins­be­son­de­re zu den Aspek­ten zel­lu­lä­re Archi­tek­tur und Digi­ta­li­sie­rung Archi­tek­tur­mo­del­le und Kom­po­nen­ten­schich­ten definiert.

Bei wei­te­rem Inter­es­se steht das im Rah­men der C/sells-Arbeits­pa­ke­tes zur Stan­dar­di­sie­rung und tech­ni­schen Regeln erstell­te Ergeb­nis­do­ku­ment als Down­load zur Verfügung.

Quel­leKieß­ling, A. et al. (06/2020): Grund­la­gen der Mas­sen­fä­hig­keit. Metho­den und Model­le für Ter­mi­no­lo­gie, Use Case-und Sicher­heits­ana­ly­se sowie Fle­xi­bi­li­täts­mo­del­lie­rung. Inter­ope­ra­bi­li­tät durch ver­ein­bar­te Regeln, Stan­dards und Nor­men. Pla­nung von Ener­gie­zel­len und Ver­bund – Her­aus­for­de­run­gen / Archi­tek­tur / Kom­po­nen­ten / Musterlösungen.

Lei­men, den 16. März 2021

Andre­as Kieß­ling, ener­gy design

Über Andreas Kießling 111 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

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