Inhaltsverzeichnis
- Hintergrund und Motivation einer C/sells-Arbeitsgruppe zum regulatorischen Rahmen
- Standardisierung beschleunigt Innovation und schafft Massenfähigkeit
- Glossar mit Begriffssystem zum zellulären Energiesystem als Grundlage von Beteiligung und Autonomie
- Zelluläre Architektur und Digitalisierung
- Use Case Methodik
- Schutzmethodik — Schutzbedürfnisse im Energiesystem
- Flexibilitätsbegriff — Flexibilitätskonzepte — Flexibilitätsmodell
- Zusammenfassung der Ergebnisse des Projektes C/sells zu gemeinsamen technischen Regeln, Normen und Standards
Zelluläre Architektur und Digitalisierung als Basis autonomer Gestaltung im Verbundsystem
Chancen zum Gedeihen durch Innovation und Inspiration
Der beschleunigte Übergang zum nachhaltigen Wachstum in allen Ländern der Erde ist alternativlos. Ansonsten droht der Kollaps der modernen Industriegesellschaft und damit ein Rückfall in dunkle Zeiten der Zivilisation. Gleichzeitig ist die psychologische Tatsache zu berücksichtigen, dass Menschen vor starken Veränderungen Angst verspüren. Vorrangig möchten sie, dass bekannte Lebensumstände erhalten bleiben und kein Verlust entsteht. Sie glauben nicht so leicht den Versprechungen neuer Möglichkeiten. Die Akzeptanz für Veränderungsprozesse benötigt damit einen intensiven Prozess der Einbeziehung aller Menschen in die Diskussion neuer Wege und Chancen. Diese Chancen ergeben sich dabei oft aus der Fokussierung auf persönliche, lokale und regionale Lebensumstände. Hier sind Möglichkeiten oft leichter verständlich zu machen. Es gilt die Chancen zum Wachstum oder besser ausgedrückt zum Gedeihen durch Inspiration und Innovation zu suchen.
Handlungsmotivation für den Wandel zum nachhaltigen Wachstum
Mit der Zunahme dezentraler Erzeugung reifte auch zunehmend die Erkenntnis, dass globales und gleichzeitig lokales Denken keinen Widerspruch bildet. Die EU hat diese Herausforderungen erkannt und stellt den Nutzen für den Bürger in den Mittelpunkt aller Anstrengungen. Hierzu fordert die EU-Kommission mit der Richtlinie 2018 zu Erneuerbaren Energien im sogenannten Winterpaket Maßnahmen zur Beförderung von Eigenversorgungslösungen, Eigenversorgungsgemeinschaften im privaten Raum aber auch Energiegemeinschaften im öffentlichen Bereich. Der Prosument, der im Rahmen seiner eigenen Gestaltungsmöglichkeiten Energie in verschiedenen Formen gewinnt, speichert und nutzt, soll gestärkt werden.
Die beschriebenen Gründe sowie die Herausforderung zur Beherrschung wachsender Komplexität im volatilen, dezentralen, erneuerbaren Energiesystem haben im SINTEG-Schaufenster C/sells zur Entscheidung für eine zelluläre Architektur des Gesamtsystems geführt. Damit ergeben sich aber auch neue planerische Aufgaben. Energie wird nicht mehr ausschließlich über große Kraftwerke bereitgestellt, sondern Energiekreisläufe sind subsidiär in Gebäuden, Stadtquartieren auf Arealen und in Regionen zu planen. Verwaltungen erhalten mit der Aufstellung von Energiekonzepten neue Herausforderungen. Gebäude- und Landschaftsarchitekten haben die Aufgabe, Gebäude- und Landschaftsdesign mit der Spezifikation von Energiekreisläufen sowie von dazu notwendigen Digitalisierungsmaßnahmen zu verbinden. Aber auch die Einbettung in die umgebende Infrastruktur ist zu planen, um die Widerstandsfähigkeit der eigenen Lösung gegen digitale Angriffe einer vernetzten Welt und im Katastrophenfall zu erhöhen.
Zelluläre Architektur und Digitalisierung führen zu den planerischen Bereichen
- autonome Energie- und Lebenswelten (SMARTES ENERGIESYSTEM) mit hohem Freiraum gesellschaftlicher und individueller Gestaltung von Gebäuden, Landschaften und Mobilität
- verbindende Infrastrukturen (SMART GRIDS) als gemeinsame gesellschaftliche Basis zur Vernetzung von autonomen als auch verbundenen Energie- und Lebenswelten
Dabei ist des erforderlich, zur Beschreibung des zellulären Energiesystems in Abhängigkeit von der konkreten Umgebung Planungsprozesse für verschiedene Gestaltungsebenen zu entwickeln und die daraus resultierenden Umsetzungen zu demonstrieren.
Planung von Energiezellen in Gebäuden, Stadtquartieren, auf Arealen, in Städten und ländlichen Regionen
Die Spezifikation des Energiesystems in einer realen Umgebung erfolgt dabei aus verschiedenen Blickwinkeln, die jeweils eine innere und äußere Sicht beinhalten.
Ausgangspunkt ist in der Regel der Blick auf das eigene Objekt mit dem Ziel der Konzipierung eines Energiesystems mit eigenen Erzeugungs- und Speicherkapazitäten in Verbindung mit einem Energiemanagementsystem. Die Zielstellung besteht in der Erhöhung des Autonomiegrades in Wohngebäuden, im gewerblichen und öffentlichen Objekten, auf Industriearealen, aber auch in Städten und ländlichen Regionen, um wirtschaftliche Vorteile zu erzielen, Eigengestaltung zu übernehmen, aber auch einen höheren Grad an Versorgungssicherheit im Falle von externen Stromausfällen zu erreichen.
Gleichzeitig wird Versorgungssicherheit durch den Verbund gewährleistet. Energiegemeinschaften sind also Mittel zum Ausbau Erneuerbarer Energien, zur Erhöhung von Wirtschaftlichkeit und zur Solidarität in der Gemeinschaft. Dies kann wiederum auf verschiedenen Ebenen lokalen, regionalen, nationalen und globalen Handelns geschehen.
Mit diesen Ansätzen verbinden sich lokales und globales Handeln auf verschiedenen Wirkungsebenen. Zur Abgrenzung zwischen eigener Handlungshoheit und der Umgebung ist jeweils eines Systemgrenze sowie das Wirken über diese Grenze zu definieren. Als Abbildungsmittel für den eigenen Wirkungsbereich in Abgrenzung zur Umgebung wurde der Begriff Zelle benutzt. Das vertikale Zusammenwirken der Zellen visualisiert nachfolgende Abbildung beispielhaft.
Zellen werden gestaltet im Rahmen privater oder politischer Strukturen als
- Einzelgebäude (Wohnhäuser und kommerzielle Gebäude),
- Stadtquartiere,
- Areale der Industrie oder auch öffentliche Flächen wie Flughäfen,
- ländliche Regionen.
Die Spezifikation von Energiesystemen lässt sich ebenso an vorhandenen Strukturen der Stromnetze planen, wie zum Beispiel in
- Verteilnetzbereichen,
- Verteilnetzen,
- Regionalnetzen,
- Regelzonen der Übertragungsnetzbetreiber.
Schlussendlich wirken in all diesen physikalisch abgrenzbaren Zellen virtuelle, also nicht räumlich definierte Marktstrukturen, z.B. als Bilanzkreise, virtuelle Kraftwerke oder Energiegemeinschaften.
Generischer Bauplan für Energiezellen und ihren Verbund
Um bei dieser Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten im jeweiligen Umfeld der Interessenträger die zugehörigen Ziele zu erreichen, ist das jeweils benötigte, konkrete System in einem Planungsprozess als Energiezelle sowie die zugehörigen Anwendungsfälle der Akteure im Rahmen einer vereinbarten Methodik zu beschreiben.
Hierfür wurden im Projekt C/sells insbesondere zu den Aspekten zelluläre Architektur und Digitalisierung Architekturmodelle und Komponentenschichten definiert.
Bei weiterem Interesse steht das im Rahmen der C/sells-Arbeitspaketes zur Standardisierung und technischen Regeln erstellte Ergebnisdokument als Download zur Verfügung.
Quelle — Kießling, A. et al. (06/2020): Grundlagen der Massenfähigkeit. Methoden und Modelle für Terminologie, Use Case-und Sicherheitsanalyse sowie Flexibilitätsmodellierung. Interoperabilität durch vereinbarte Regeln, Standards und Normen. Planung von Energiezellen und Verbund – Herausforderungen / Architektur / Komponenten / Musterlösungen.
Leimen, den 16. März 2021