Corona und Globalisierung
Ein unsichtbarer Geselle, das Corona genannte Virus, bringt die Welt in Unordnung. Am Stillstand droht unsere Welt zu zerbrechen. Wir erkennen, dass die ungebremste Globalisierung die Welt anfällig macht. Aber Unordnung fördert Kreativität und bringt Chancen mit sich.
Der Aufhebung der Grenzen zwischen den westlichen und östlichen Wirtschaftsblöcken, der Aufstieg Asiens sowie Digitalisierung beschleunigten die Globalisierung. Um Produktionskosten zu senken und Lagerbestände zu verringern, wurden Lieferketten um den gesamten Erdball aufgebaut. Privatisierung und Verkauf staatlicher und kommunaler Unternehmen unter dem Mantra des Marktes hießen die neuen Erfolgsfaktoren. Gesellschaftliche Einflussmöglichkeiten wurden zurückgedrängt. Die Gesellschaft verlor in der Folge Autonomie, Flexibilität und eigene Gestaltungsräume.
Vernetzung eröffnet auch Chancen zur Entwicklung der Menschheit. Nur dies allein dem Markt mit global agierenden Unternehmen zu überlassen, scheint nicht der Erfolgsfaktor zu sein.
Lernen von der Natur
Dabei lohnt es sich, die Organisation der Natur anzuschauen. Übergroße Strukturen zerbrechen schon bei Auftreten kleiner Störungen an der zunehmenden Komplexität. Autarke, egoistisch agierende Zellen sterben letztendlich an Krebs. Strukturgrößen von Atomen bis zu Galaxien zeigen den Ausweg: Autonome, miteinander kooperierende Systeme verschiedener Größenordnungen sind erfolgreich. Das Kooperationsproblem lässt sich durch das Gleichgewicht zwischen Autonomie und Verbundenheit, also zwischen lokalem, regionalem Handeln und Globalisierung lösen.
Autonomie erfordert aber Speicherfähigkeit und Flexibilität, um bei Störungen der globalen Kooperation auf allen Ebenen funktionsfähig zu bleiben. Damit ist Autonomie auch ein Beitrag zur Lösung des Allokationsproblemes, also der Verteilung knapper Ressourcen. Gerade hieran mangelt es uns in der aktuellen durch Corona verursachten Krise.
Angebot und Nachfrage der Ressourcen
Auch hier ist die Natur Vorbild. Planzen gedeihen im Rahmen geschlossener Stoffkreisläufe in einem Umfang, wie es die Bedingungen der Umgebung erlauben. In einem dynamischen Prozess dehnen sie sich aus und ziehen sich entsprechend den Umweltbedingungen zurück. Das Gedeihen basiert auf dem Gleichgewicht zwischen Angebot und Nutzung von Ressourcen.
Entsprechend kann die menschliche Gesellschaft langfristig nur bei Erhaltung dieses Gleichgewichtes auf allen Ebenen gedeihen und nachhaltig wachsen. Es stellt sich die Frage, wie Nachhaltigkeit, Autonomie und Flexibilität zusammen mit Verbundenheit gestaltet werden.
Bauhaus 2.0 – die nachhaltige Stadt der Zukunft jetzt denken
Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Stadt der Zukunft. Sie kann nicht dauerhaft autark funktionieren. Sie kann aber mittels digitaler, energetischer und stofflicher Kreisläufe autonom geregelt werden, einen höheren Grad an Widerstandskraft und Flexibilität entwickeln sowie in Verbindung mit der Umgebung stehen.
Das Erreichen dieser Zielstellungen ist mit einem hohen Lernbedarf verbunden. Benötigt werden Forschung und Ausbildung, Reallabore zum Testen, zum Verbreiten sowie zum Unterstützen. Architektur und Landschaftsgestaltung, autonome Energielösungen und Digitalisierung gehen hierbei eine neue Verbindung ein.
Keimzelle kann auf Basis des Bauhaus-Vorbildes eine Art Postmoderne mit dem Bauhaus 2.0 darstellen. Die Aufgabe besteht in der Hinwendung zu einer neuen Funktion des Bauens, die einer nachhaltigen Lebensweise mit gedeihlichem Wachstum dient. Neue Formen der Stadtentwicklung entstehen mit Lösungen auf Basis von Inspiration und Innovation aus einer Art organischer Architektur mit zellulärer und ökologischer Bauweise.
Wenn wir lernen, wie die zukünftige Gesellschaft durch Übernahme lokaler und regionaler Gestaltungshoheit widerstandsfähiger zu gestalten ist, war die Lektion durch Corona letztendlich hilfreich.
Regionalität stärkt Widerstandsfähigkeit – die Resilienz – und bildet damit die Voraussetzung für Globalisierung.