Neue Formen nachhaltiger Stadt- und Landentwicklung durch autonome Energiekonzepte
Motivation
Erneuerbare Energien bieten Chancen zur Energiegewinnung, Speicherung und Nutzung in allen Lebensbereichen der Städte und Landschaften der Zukunft. Dies ermöglicht neue Gestaltungsansätze für private und öffentliche Gebäude, Stadtquartiere, gewerbliche und industrielle Areale sowie ländliche Regionen.
Städte spielen eine zentrale Rolle, um neue Formen des Designs auf Basis erneuerbarer Energien, neuer Werkstofftechnologien sowie der Digitalisierung zu verbreiten.
Gleichzeitig bringen Klimawandel, Vernetzung und eine globalisierte Welt neue Gefahren für die sichere Funktion der Stadt mit sich. Dies zeigt die zunehmende Anzahl der Cyber-Angriffe wie auch die Corona-Pandemie. Die Stadt muss sich mit autonomen Funktionen auf Gefahren einstellen. Die Stadt der Zukunft kann nicht autark funktionieren. Sie kann aber mittels digitaler, energetischer und stofflicher Kreisläufe autonom geregelt werden, einen höheren Grad an Resilienz entwickeln sowie mit der Umgebung interagieren.
Möglichkeiten zu autonomen Energiekonzepten auf allen Wirkungsebenen der Gesellschaft schaffen Anreize zur Selbstgestaltung. Sie beschleunigen die nachhaltige Entwicklung und verändern wirtschaftliches Handeln.
Anderseits erhöhen dezentrale Gestaltung und Formenvielfalt die Komplexität des Energiesystems. Konzepte zur Komplexitätsbeherrschung umfassen zwingend die autonome Regelung in Teilbereichen des Gesamtsystems bei gleichzeitiger Integration in den Verbund. Dies erhöht die Widerstandsfähigkeit der Energieinfrastruktur.
Zur Unterstützung von Stadt- und Raumplanern sowie Gebäudeentwicklern werden Beispiele benötigt, die Kommunen befähigen, vielfältige Formen geschlossener als auch offener Lebensräume mit autonomen Energiekreisläufen und verbindender Infrastruktur zu schaffen.
Diese Beispiele können eine Art Postmoderne unter dem Label Bauhaus 2.0 für nachhaltiges Leben und Wachsen starten. Dabei entstehende Formen nachhaltiger Stadtentwicklung lassen sich durch die sogenannte organische Architektur mit zellulärer, biologischer, psychologischer, sozialer und ökologischer Bauweise beschreiben.
Das Erreichen dieser Zielstellungen ist mit hohem Lernbedarf verbunden. Diese Herausforderung benötigt systemische Forschung und Bildung sowie reale Testumgebungen als auch finanzielle Vorhabensunterstützung.
Aufgaben
Die Veränderungsprozesse führen zu neuen planerischen Aufgaben für Gebäude- und Quartiersentwickler sowie für Energiekonzepte der Städte und Landschaften der Zukunft. Architekten und Projektentwickler haben die Aufgabe, Gebäude- und Landschaftsdesign mit der Spezifikation von Energiekreisläufen sowie von notwendigen Digitalisierungsmaßnahmen für autonome Systeme zu verbinden. Aber auch die Einbettung in die Umgebung und die zugehörige Infrastruktur ist zu planen, um die Widerstandsfähigkeit der eigenen Lösung gegen digitale Angriffe einer vernetzten Welt und im Katastrophenfall zu erhöhen.
Zur Bewältigung von Gefahren sowie zur Nutzung neuer Chancen müssen die Kommunen bei der Stadt- und Quartiersentwicklung lernfähig gemacht werden. Insbesondere ergeben sich drei planerische Bereiche, deren zukünftige Möglichkeiten zuerst in dauerhaft angelegten, großflächigen Experimentierfeldern und Reallaboren sowie Innovationszonen abzubilden sind:
- autonome Energie- und Lebenswelten mit hohem Freiraum gesellschaftlicher und individueller Gestaltung von Gebäuden, Landschaften und Mobilität –> AUTONOMIELABS
- verbindende Infrastrukturen als gemeinsame gesellschaftliche Basis zur Vernetzung von autonomen als auch verbundenen Energie- und Lebenswelten –> GRIDLABS
- Beteiligung aller gesellschaftlichen Kräfte zur Entfaltung von Motivation, Inspiration und Innovation für den notwendigen Wandel der Städte und Landschaften der Zukunft –> PARTIZIPATIONSLABS.
Insbesondere die E‑Energy- und SINTEG-Projekte zeigten Wege, Methoden und Technologien für neue Gestaltungskonzepte. Dabei ist die Untersuchung eines die Energiewende unterstützenden, innovativen Rahmens noch nicht abgeschlossen. Deshalb beabsichtigen Forderungen nach Experimentierfeldern die dauerhafte Bereitstellung von konkreten Projektbeispielen für Praktiker zu Wegen der Planung und Gestaltung.
Die Aufgabe besteht darin, Forschung, Hersteller, Energiedienstleister, Handwerk und Bürger transdisziplinär zu verbinden. Es gilt, die im Rahmen von Forschung und Entwicklung neu definierten Gestaltungsmöglichkeiten als Musterlösungen dauerhaft zu demonstrieren, in Architektur und das Handwerk zu überführen und somit die vielfältigen Möglichkeiten des zukünftigen Designs der Gesellschaft bewusst zu machen.
Daraus ergeben sich zum Bauhaus analoge Ziele zur Entfaltung von Initiativen und Transformationsvorhaben für Energiekonzepte in Verbindung mit Gebäudedesign, Landschaftsgestaltung und Digitalisierung zur
- transdisziplinären Vernetzung kreativer Geister als Ideenfabrik und Impulsgeber für Konzepte, Machbarkeitsstudien und Lösungskataloge,
- Planung, Simulation, Entwicklung von Piloten in Werkstätten und Softwarestudios,
- Unterstützung von Experimentierfeldern und Reallaboren für Musterlösungen,
- Förderung von Akademien zwecks Wissensverbreitung und Musterpräsentation für Architekten, Landschaftsgestalter und Handwerk als auch Darstellung neuer Möglichkeiten für die breite Öffentlichkeit,
- Unterstützung der weltweiten Verbreitung von Konzepten und Beispielen,
- Finanzierung neuartiger Lösungen sowie von Genossenschaften und Energiegemeinschaften
- sowie zur Netzwerkbildung bezüglich der Lösungsvervielfältigung.
Vorschlag
Auf Basis von Inspiration und Innovation und Übernahme der Gestaltungshoheit entstehen vielfältige Lösungen. Die Chancen der beschriebenen Veränderungen durch Fokussierung auf regionale Möglichkeiten mit breiter Beteiligung der Gesellschaft müssen aber noch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Es wird deshalb empfohlen, auf Bundes- wie auf Landesebene die Bildung entsprechender Strukturen finanziell zu unterstützen. Dies kann sowohl die Gründung von Think Tanks, von Stiftungen als auch von Akademien betreffen, sollte aber auch den Rahmen von dauerhaft angelegten und finanziell unterstützten Experimentierfeldern als Innovationszonen für Städte und Landschaften der Zukunft umfassen.
Andreas Kießling, Leimen, 21. März 2021
Energiewende