Regelungsmodell Komponenten
Sektion 03 Regelungsmodell und Komponenten der Energiezelle
Begriffsdefinition
Kapitel innerhalb der Terminologie Smart Energy zur Definition des Begriffes Komponenten sowie zugehöriger Begriffe.
Quelle: keine
Abkürzung: keine
Bemerkung: keine
Beziehungen: hat den Oberbegriff Terminologie Smart Energy
Einführung zu Grundbegriffen der Sektion 03
Liste der Begriffe
Regelungsmodell der Energiezelle
Analog zum allgemeinen Systembegriff, wird das Energiesystem mit Energiesystemkomponenten (uneigentliche Attribute), zugehörige Energiesystemfunktionen, Energiesystemeigenschaften und durch die mittels Systemarchitektur festgelegten Relationen beschrieben.
Die Funktionen eines Energiesystems sind vielfältig und sollen deshalb im Rahmen eines funktionalen Modells eingeordnet werden. Auf Basis der Zielstellung, Energie zu definierten Zeiten mit definierten Mengen und Leistungen mit hierzu benötigten Informationen bereitzustellen, wird zur Gliederung zunächst die Regelungsfunktion eines Energiesystems betrachtet.
Erst die Ausstattung mit den Funktionsgruppen
- Messfunktion (Beobachtung)
- Wissensfunktion (Datensammlung, Wissensaufbereitung, Wissensbereitstellung)
- Entscheidungsfunktion (Analyse und Entscheidung)
- Steuerungsfunktion (Control)
im Rahmen eines Regelkreises ermöglicht die Definition eines räumlich abgegrenzten Energiesystems als Energiezelle.
Zur Beschreibung eines derartigen Regelkreises wird das kybernetische Systemmodell genutzt und spezialisiert als Energiesystemregelungsmodell ausgeprägt.
Ebenso wurde schon mit dem allgemeinen Systemmodell eingeführt, dass ein attributives System kybernetisch ist, wenn wenigstens eine Teilmenge der Individuenmenge aus Individuen besteht, die als zeitaktive Elemente ein zeitabhängiges Input-Output-Verhalten besitzen. Zweitens muss das System stabil sein, d.h. ein System befindet sich im Gleichgewicht oder strebt mit dem Durchlauf einer Zustandsfolge einem Gleichgewicht entgegen. Notwendig für die Stabilität eines kybernetischen Systems ist Rückkopplung.
Im Rahmen des Energiesystemregelungsmodelles werden die Attributklassen Perzeptor, Operator und Effektor eingeführt — wobei Perzeptor und Operator wiederum durch einen Motivator Führungsgrößen erhalten — um die Funktionen im Rahmen der genannten Funktionsgruppen einordnen zu können.
Hierbei erfolgt die Bündelung von Regelungsfunktionen in die Attributklassen in folgender Weise:
- Perzeptor für die Zuordnung von Funktionen zur Messung von Energieflüssen (Beobachtung Monitoring — auf Basis von Sensorik-Komponenten),
- Operator für die Zuordnung von Funktionen zur Entscheidung (Analyse / Energiemanagementsysteme / Leitsysteme zur Betriebsführung),
- Effektor für die Zuordnung von Funktionen zur Steuerung von Energieanlagen / Geräten / Netzbetriebsmitteln (Control / Steuerung auf Basis von Aktorikkomponenten),
- Motivator für die Zuordnung von Wissensfunktionen (Basisdienste, wie z.B. Sammlung von historischen Daten, Energieinformationsdienste als Grundlage von Prognosen, Regelgrößen).
Weitere Funktionen des Energiesystems können zu ihrer Beschreibung weitere spezialisierte Modelle benötigen. Dies betrifft beispielsweise die Energiesystemfunktion zur Bereitstellung von Flexibilität, wobei dieser Begriff durch das zusätzliche Flexibilitätsmodell definiert wird.
Zur sicheren Abgrenzung eines Systems von der Systemumgebung werden Energiesystemfunktionen unter dem Begriff Systemschutz zusammengefasst.
Komponentenmodell der Energiezelle zur Umsetzung des Regelungsmodells
Dezentrale, erneuerbare Energiesysteme benötigen die Modernisierung der Infrastruktur imZusammenhang mit der Digitalisierung, wofür Begriffe wie Smart City, Smart Energy und Smart Grids stehen. Dafür gilt es, zuerst die jeweiligen Ziele aus Sicht der Regional- oder Stadtplanung unter Aufstellung zugehöriger Energiekonzepte zu definieren, um anschließend sinnvolle, technologische Mittel zu identifizieren. Dies trifft bei zellularer Sichtweise ebenso für die Planung privater, gewerblicher und industrieller Areale, für Wohnquartiere oder einzelne Wohngebäude zu.
Zur Einordnung der unterschiedlichen Anforderungen in eine gemeinsame Sichtweise auf das Energiesystem trotz verschiedener Arten von Energiezellen wird folgende begriffliche Gliederung der Komponenten einer Energiezelle als Bestandteil der Komponentenklasse des ontologischen Systemmodells vorgeschlagen.
Dabei werden die Gliederungsebenen Energieinfrastruktur und Informationsinfrastruktur für Komponenten der Energiezelle benutzt.
Die Energieinfrastruktur besteht erstens aus Energiewandlern, die die Komponenten Erzeuger, Speicher und Verbraucher umfassen.
Erzeuger gewinnen Endenergie beispielsweise in Form von Elektrizität, Wärme, chemischer Energie oder Bewegungsenergie aus anderen Energieformen. Speicher (Energiespeicher) bewahren die benötigte Energie über bestimmte Zeiträume bis zur Nutzung auf. Endenergie wird mit Verbrauchern in Nutzenergie umgewandelt (Bewegung, Beleuchtung, Wärme, Schall, Betrieb elektronischer Geräte, usw.).
Zweitens schaffen die für Energieflüsse im Energiesystem notwendigen Energietransportmittel Verbindungen innerhalb des jeweiligen Systems, aber auch Verbindungen nach außen, um verschiedene Energiesysteme über Grenzen hinweg zu koppeln. Zu den Mitteln zum Transport von Energie gehören das Energienetz mit Leitungen und Rohren sowie Netzbetriebsmittel (z.B. Trafostation) als auch Netzlose Transportkanäle (z.B. Vakuum, Luft sowie andere Stoffe). Das Energiesystem besitzt mit Schnittstellen transparente Grenzen, um nicht vollständig autark von internen Ressourcen abhängig zu sein.
Einordnung des Infrastruktur-Informationssystems in das zelluläre, intelligente Energiesystem
Die Informationsinfrastruktur stellt Digitalisierungsmittel zur Nutzung regionaler, erneuerbarer Energie, zur Steigerung der Energieeffizienz und für neue Mobilitätskonzepte sowie zur vernetzten Betrachtung dieser Themen bereit.
Die Smartness eines Energiesystems (Smart Energy System) basiert auf der Vernetzung der Komponenten der Energieinfrastruktur sowie der Bereitstellung der Basis für automatisierte und wissensbasierte Interaktionen der genannten Komponenten.
Die Digitalisierung der Energieinfrastruktur kann dabei Mehrwerte durch
- neue Kommunaldienste,
- die Unterstützung urbaner Planung und Simulation sowie
- Facility-Management und Smart Home
schaffen.
Die genannten Leistungen benötigen gemeinsame Daten und Dienste, die über Plattformen bereitgestellt werden können. Eine sichere, vertrauenswürdige Kommunikationsinfrastruktur, die sowohl im Energiesystem als auch im Mobilitätsbereich und anderen Lebensbereichen benötigt wird, kann Informationen zusammenführen. Gleichzeitig gewährleistet sie auch Privatheit und Schutz von Organisationsdaten durch eine selbstbestimmte Reichweite der Datenübermittlung innerhalb der Zellen (Gebäude, Stadtquartier, Stadt, Region) sowie über Zellgrenzen hinweg.
Es gilt, Autonomie, Privatheit sowie Verbundenheit und damit Regionalität trotz globaler Digitalisierung zu vereinen.
Nachfolgende Gliederung der Komponenten des intelligenten Energiesystems kann somit angewendet werden. In jeder Energiezelle wiederholt sich die Struktur dieser Komponenten, wobei durch Verbindung von Energiezellen der Stufe n und Hinzufügen einer neuen Komponente (z.B. gemeinschaftliches Managementsystem) eine neue eingebettete Energiezelle der Stufe n+1 entsteht.
Abbildung: Begriffsmodell zu Komponenten des intelligenten Energiesystems
Die Informationsinfrastruktur (synonym zum Infrastruktur-Informationssystem (IIS)) setzt sich aus nachfolgenden Komponenten zusammen:
Im Rahmen eines zellular gegliederten Energieorganismus bezeichnet der Bestandteil Smart Grid die gemeinsamen, vernetzenden Komponenten zur Verbindung von einzelnen Energiewandler-Komponenten als auch der Energiezellen.
Die Zugriffskomponenten umfassen Komponenten zum messenden und steuernden Zugriff auf Komponenten der Energieinfrastruktur. Zu den Messeinrichtungen werden hier sowohl die modernen Messeinrichtungen zur Verbrauchsabrechnung als Bestandteil intelligenter Messsysteme, interne Messeinrichtungen in der Liegenschaft (Submetering) als auch Messeinrichtungen im Energienetz und im Bereich der Netzbetriebsmittel gezählt. Der steuernde Zugriff erfolgt über Steuereinrichtungen, wobei Energiemanagement Gateways und Steuerboxen Beispiele für digitale Steuereinrichtungen in Liegenschaften sind.
Die Kommunikationskomponenten vernetzen die Energieinfrastruktur zur Übertragung von Informationen über Energieflüsse und zum Status von Komponenten. Dazu gehören Kommunikationsnetze und Kommunikationsbetriebsmittel.
Die Kommunikationsnetze bestehen aus Kommunikationskanälen zur Übertragung von Informationen sowie verschiedenen Kommunikationsknoten zur Lenkung und zur Übersetzung von Informationsflüssen (z.B. Modem, Router). Kommunikationskanäle können einerseits durch Kabel (leitungsgebundene Kommunikation) und andererseits durch drahtlose Verbindungen (leitungslose Kommunikation) gebildet werden.
Für Kommunikationsbetriebsmittel werden beispielhaft das Netzwerkmanagement zur Einhaltung von Service-Levels bei der Kommunikation als Grundlage einer hohen Versorgungssicherheit, die PKI-Infrastruktur zur Sicherung der Informationsübertragung und die Verwaltung von Netzwerkdomänen für das zellulare Energiesystem aufgeführt.
Für die Basiskomponenten (umschrieben auch durch Plattformenkomponenten, die Basisdienste und Basisinformationen anbieten) wird eine Gliederung in die nachfolgenden vier Gruppen vorgeschlagen:
Austauschkomponenten ermöglichen die gemeinsame Sammlung und Aufbereitung von Informationen, die für zusammenwirkende Akteursgruppen von Interesse sind (z.B. Flexibilitäts-Kataster).
Abwicklungskomponenten können sich regelmäßig zwischen unterschiedlichen Akteuren wiederholende Prozessabläufe unterstützen. Dies betrifft zum Beispiel die Registry zur Bereitstellung von Adressierungen und Funktionslisten für Komponenten der Energieinfrastruktur, die Gateway-Administration, das Regel-Management bei konkurrierenden Zugriffen auf Komponenten der Energieinfrastruktur sowie die Abwicklungsdienstleistung bei vertraglich relevanten, automatisiert abgewickelten Prozessen mit Intelligenten Verträgen (z.B. auch bei Datenspeicherung zu Transaktionen in einer Blockchain).
Datenkomponenten stellen von verschiedenen Akteuren beim Betrieb von Energiesystemen gemeinsam benötigte Daten (z.B. Bilanzen, Prognosen, Messdaten, Geodaten) bereit. Daten sind dabei nicht zwingend in der Infrastruktur zu speichern. Sie werden je nach Bedarf in geschützter Weise empfangen und weiterverteilt, können jedoch bei entsprechender Vereinbarung auch verarbeitet und gespeichert werden. Daten werden als Informationen definiert, die in einer zur automatischen Verarbeitung geeigneten Weise dargestellt werden.
Interoperabilitätskomponenten bilden die Grundlage zur Nutzung gemeinsamer Datenmodelle und Kommunikationsprofile. Dies ermöglicht Interoperabilität beim Einsatz von Steuer- und Messeinrichtungen sowie Energiewandlern unterschiedlicher Hersteller. Kommunikationsprofile umfassen eine Menge von Kommunikationsprotokollen für bestimmte Anwendungsfälle unter Nutzung eineindeutig definierter, profilierter Teilmengen von Datenmodellen, um die automatisierte Abwicklung von Prozessen zu gewährleisten.
Zur Organisation der Informationsübertragung auf Basis gemeinsamer Sprachen gehören vereinbarte Protokolle (z.B. Kommunikations‑, Berechtigungs- und Verschlüsselungsprotokolle).
Aufbau der Energiezelle und Organisation des zellulären Energiesystems
Durch Abbildung der genannten Komponenten sowie der zum kybernetischen Systemmodell genannten Funktionseinheiten kann die Energiezelle in folgender Weise veranschaulicht werden. Die genannten Funktionseinheiten zur Beobachtung (Perzeptor), Analyse (Operator) und Control (Effektor) sowie die Basiskomponenten (Motivator) organisieren den Energiefluss zwischen durch Kommunikations- und Zugriffskomponenten verbundenen Erzeugern, Speichern und Verbrauchern intern in der Zelle sowie über Schnittstellen mit der Systemumgebung.
Abbildung: Energiezelle
Die Steuerbarkeit von Erzeugung und Verbrauch sowie die zeitliche Entkopplung zwischen Erzeugung und Verbrauch auf Basis von Speichermöglichkeiten im Sektorenverbund schafft Flexibilität bei Angebot und Nutzung von Energieflüssen.
Der zellulare Ansatz erlaubt sowohl horizontale Verbindungen zwischen gleichrangigen Energiezellen als auch vertikale Verbindungen im Rahmen verschiedener Organisationsebenen. Deshalb wird auch für die integrierende Informationsinfrastruktur in Gestalt des IIS eine Multi-Level-Architektur entsprechend nachfolgender Abbildung vorgeschlagen.
Abbildung: Multi-Level-Architektur des Energieorganismus mit verteilter Informationsinfrastruktur
Die Systemarchitektur zum zellularen Ansatz für das Energiesystem umfasst damit Komponenten der Energieinfrastruktur mit
- Erzeugern,
- Speichern,
- Verbrauchern,
zwischen denen Energieflüsse über Netze oder andere Transportmedien stattfinden sowie deren im Rahmen eines Energiesystemregelkreises notwendigen, vielfältigen Funktionen zur
- Beobachtung,
- Analyse,
- Steuerung und
- Wissensgenerierung
durch Komponenten der in Zellen installierten Informationsinfrastruktur (IIS: Infrastruktur-Informationssystem) auf den Ebenen
- Zugriffskomponenten Sensorik und Aktorik
- Kommunikationskomponenten und
- Basiskomponenten
durch die die Herstellung von Informationsflüssen unterstützt wird, wobei jede Energiezelle
- auf Grundlage dieser Infrastruktur autonom agieren kann und
gleichzeitig durch vereinbarte Regeln verbunden und optimiert im Gesamtsystem wirkt.
Verweise
C/sells — Glossar. (04/2020): SINTEG-Programm des BMWi. Projekt C/sells. Teilprojekt 2 / Arbeitspaket 2.8. Ergebnisdokument Terminologie Zelluläres Energiesystem. 04/2020