Ursache von Energie

Ursache von Energie

Differenzen als Ursache aller Energieflüsse und des Seins

„Ein Gelehr­ter in sei­nem Labo­ra­to­ri­um ist nicht nur ein Tech­ni­ker; er steht auch vor den Natur­ge­set­zen wie ein Kind vor der Mär­chen­welt.“  Marie Curie

 

Grund­le­gen­de Ursa­chen im Uni­ver­sum bie­ten mit Poten­zia­len Wir­kungs­mög­lich­kei­ten. Aber erst Poten­zi­al­un­ter­schie­de kön­nen Objek­te beschleu­ni­gen; bezo­gen auf Wege und Objekt­grö­ße poten­zi­el­le Ener­gie bereit­stel­len. Die­sen span­nen­den Pro­zess schau­en wir uns an.

Inhaltsverzeichnis

  1. Vor­wort: Was ist Energie?
  2. Ener­gie­at­las
  3. Ursa­che von Energie
  4. Fun­da­men­te aller Energiequellen
  5. Ener­gie­quel­len im Zeitenwandel 
    1. Nach­hal­tig­keit und der Blick in die Ver­gan­gen­heit (Ener­gie­quel­len im Zei­ten­wan­del — Teil 1)
    2. Ent­ste­hen, Exis­tenz und Ver­ge­hen der Ster­ne als Ener­gie­quel­len (Ener­gie­quel­len der Gegenwart)
    3. Neue Mög­lich­kei­ten am Hori­zont und die Zukunft ist offen
  6. Erneu­er­ba­re Ener­gie im Überblick 
    1. Direk­te Nut­zung der Sonnenstrahlung
    2. Bewe­gungs­en­er­gie des Windes
    3. Bewe­gungs­en­er­gie und che­mi­sche Ener­gie von Meerwasser
    4. Bewe­gungs­en­er­gie von Fließwasser
    5. Wär­me­en­er­gie der Erdkruste
    6. Che­mi­sche Ener­gie der Biomasse
  7. Fort­set­zung folgt …

 

Potenziale und Potenzialdifferenzen

Sie erin­nern sich? Ener­gie wird als Fähig­keit, Arbeit zu ver­rich­ten, beschrie­ben. Die deut­sche Spra­che setzt Fähig­keit mit dem Fremd­wort Poten­zi­al gleich. Die Phy­sik folgt die­ser Defi­ni­ti­on nicht, denn Ener­gie ist nicht gleich dem Poten­zi­al. Genau­er aus­ge­drückt, beschreibt das phy­si­ka­li­sche Poten­zi­al nur die Mög­lich­keit etwas zu bewir­ken. Der Unter­schied zwi­schen zwei Poten­zia­len kann die Mög­lich­keit in eine Wir­kung umset­zen.  Aber erst wenn die­se Dif­fe­renz auf ein Objekt wirkt, bei­spiels­wei­se eine Mas­se oder einen elek­trisch gela­de­nen Kör­per, wird Ener­gie ver­füg­bar. Wir wer­den die­se Aus­sa­ge noch begrün­den und veranschaulichen.

Die Defi­ni­ti­on des Begrif­fes Ener­gie sagt also nichts über die eigent­li­che Ursa­che von Ener­gie aus. Ener­gie benö­tigt zwei Poten­zia­le, die an ver­schie­de­nen Orten des Rau­mes unter­schied­li­che Wer­te anneh­men und die benö­tig­te Dif­fe­renz bereit­stel­len. Somit sind Poten­zia­le als Wir­kungs­mög­lich­keit zwar Ursa­che, aber erst Unter­schie­de zwi­schen Poten­zia­len befä­hi­gen zur Wir­kung als Vor­aus­set­zung für poten­zi­el­le Ener­gie. Dif­fe­ren­zen zwi­schen zwei Orten, der Abstand sowie die Stär­ke eines ein­ge­brach­ten Objek­tes bil­den zusam­men ein Maß für poten­zi­el­le Ener­gie und damit die Fähig­keit zum Leis­ten von Arbeit. Auf die­ser Grund­la­ge ist der mit Arbeit ver­bun­de­ne Ener­gie­fluss letzt­end­lich nur eine Umwand­lung von poten­zi­el­ler Ener­gie in eine ande­re Form.

Damit der bis an die­se Stel­le bereit­wil­lig fol­gen­de Leser nun nicht aus­steigt, ver­langt die­se Erläu­te­rung drin­gend nach mehr Anschau­lich­keit. Betrach­ten wir des­halb auf die fol­gen­de Darstellung.

Ursache von Energie

Die Mit­te des Bil­des ent­hält ein belie­bi­ges Objekt, das Ein­fluss auf die Umge­bung hat; das qua­si die Umge­bung ver­biegt. Zur Dar­stel­lung die­ser Ein­flüs­se dient das Git­ter­netz. Die Wir­kungs­mög­lich­keit auf die Umge­bung wird Poten­zi­al genannt. Die im Kreis ver­lau­fen­den Git­ter­li­ni­en zei­gen Orte glei­cher Wir­kungs­mög­lich­keit. Sie hei­ßen Poten­zi­al­li­ni­en. Mit wach­sen­der Ent­fer­nung vom Zen­trum ent­lang der senk­recht zu Krei­sen glei­cher Poten­zia­le nach außen ver­lau­fen­den Lini­en ver­rin­gert sich die­se Fähig­keit. Jeder Ort im Git­ter­netz kann mit einer Zahl beschrie­ben wer­den. Die­se Zahl als mathe­ma­ti­sche Grö­ße heißt in der Wis­sen­schaft Ska­lar. Jedem Leser sind sol­che Grö­ßen bekannt. Dazu fol­gen nun end­lich Beispiele.

Potenziale in der Praxis

Stel­len wir uns eine Hei­zung vor, die im Bild­zen­trum steht. Sie erwärmt die Umge­bung kreis­för­mig und gleich­mä­ßig. In einer bestim­men Ent­fer­nung zum Zen­trum wird die Luft­tem­pe­ra­tur mit 20 Grad Cel­si­us gemes­sen. Ent­lang eines Poten­zi­al­krei­ses ist die­se Tem­pe­ra­tur kon­stant. Ein Stück wei­ter auf dem nächs­ten Poten­zi­al­kreis beträgt die Tem­pe­ra­tur 18 Grad Cel­si­us. Somit exis­tiert in der Luft ein Tem­pe­ra­tur­un­ter­schied. Die­se Dif­fe­renz bil­det die Grund­la­ge zum Trans­port von Luft senk­recht zu den Poten­zi­al­krei­sen vom Ort höhe­rer Tem­pe­ra­tur zu Orten nied­ri­ger Tem­pe­ra­tur. Die Luft­be­we­gung neh­men wir als Luft­zug war. Dies trifft eben­so zu, wenn an ver­schie­de­nen Orten unter­schied­li­cher Luft­druck herrscht. Der Aus­gleich der Luft­druck­dif­fe­renz führt wie­der­um zu einem Luft­zug. Wind ist nur eine ande­re Bezeich­nung für die­sen Vorgang.

Ana­log ver­hält es sich mit der Gra­vi­ta­ti­on. Erst die unter­schied­li­che Stär­ke der Gra­vi­ta­ti­on an Orten mit ver­schie­de­ner Ent­fer­nung zum Mit­tel­punkt stellt eine Poten­zi­al­dif­fe­renz bereit. Ein Raum­schiff kann sich an einem Ort mit bestimm­ter Gra­vi­ta­ti­ons­stär­ke befin­den. Wenn nun an ande­rer Stel­le das glei­che Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zi­al exis­tiert, gibt es kei­nen Unter­schied. Das Raum­schiff wird nicht ange­zo­gen. Wenn aber bei­spiels­wei­se im Zen­trum die Erde liegt, bemerkt das Raum­schiff eine auf­grund unter­schied­li­cher Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zia­le in Rich­tung des Zen­trums wir­ken­de Anzie­hungs­kraft. Poten­zi­el­le Ener­gie beruht auf der Poten­zi­al­dif­fe­renz zwi­schen zwei Orten. Das Maß der poten­zi­el­len Ener­gie wird durch die­se Dif­fe­renz, den dazwi­schen lie­gen­den Weg und die Mas­se des Raum­schif­fes bestimmt. Die damit ver­bun­de­ne Fähig­keit zur Ver­rich­tung von Arbeit kann in Bewe­gungs­en­er­gie des Raum­schif­fes umge­wan­delt werden.

Ein elek­trisch gela­de­nes Objekt im Zen­trum des Git­ter­net­zes wirkt ana­log zur Gra­vi­ta­ti­on. Ursa­che der Poten­zia­le sind dabei kei­ne Mas­sen, son­dern nega­tiv oder posi­tiv gela­de­ne Teil­chen oder Kör­per. Wenn sich im Zen­trum ein nega­tiv gela­de­nes Elek­tron befin­det, wird ein in der Umge­bung befind­li­ches posi­tiv gela­de­nes Pro­ton ange­zo­gen oder ein wei­te­res Elek­tron abge­sto­ßen. Die Höhe des Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zi­als wird durch die Gra­vi­ta­ti­ons­kon­stan­te, die Mas­se im Zen­trum sowie die Ent­fer­nung zum Zen­trum bestimmt. Ent­spre­chend resul­tiert die Grö­ße des elek­tri­schen Poten­zi­als aus der elek­tri­schen Feld­kon­stan­te, der Ladungs­stär­ke im Zen­trum sowie der Ent­fer­nung. Die gegen­über der Gra­vi­ta­ti­ons­kon­stan­te viel­fach höhe­re elek­tri­sche Feld­kon­stan­te führt dazu, dass die elek­tri­sche Absto­ßungs­kraft zwi­schen zwei Pro­to­nen um den Fak­tor 1036 grö­ßer ist als die anzie­hen­de Gra­vi­ta­ti­ons­kraft zwi­schen die­sen bei­den Teil­chen.

Endlich Energie

Fas­sen wir zusam­men. Das Git­ter in obi­ger Dar­stel­lung lässt sich als Raum beschrei­ben, in dem jedem Ort eine Zahl – ein Ska­lar — als mathe­ma­ti­sche Grö­ße zuge­ord­net wer­den kann. Mathe­ma­ti­ker nen­nen die­sen mit Zah­len ver­se­he­nen Raum auch Ska­lar­feld. Sind die Zah­len an jedem Ort gleich groß, gibt es zwar Poten­zia­le, aber kei­ne Poten­zi­al­un­ter­schie­de. Wenn bei­spiels­wei­se die Tem­pe­ra­tur an jedem Ort gleich ist, fließt kei­ne Wär­me. Ohne Unter­schie­de gibt es kei­ne poten­zi­el­le Ener­gie und damit kei­ne Fähig­keit Arbeit zu ver­rich­ten. Erst die Ände­rung des Ska­lar­fel­des führt zu Unter­schie­den, die in Ver­bin­dung mit dem Abstand zwi­schen den Orten Grund­la­ge der Wir­kungs­fä­hig­keit sind. Wis­sen­schaft­ler berech­nen die­se Ände­run­gen, um auf das Maß die­ser Fähig­keit und in Ver­bin­dung mit der Mas­se oder der Ladung eines Objek­tes sowie dem Weg, über den die Wir­kung erfolgt, auf Ener­gie zu schlie­ßen. Sie spre­chen dabei von der Ablei­tung der Potenzialfunktion.

Die­je­ni­gen Leser, die der Mathe­ma­tik stär­ker zuge­neigt sind, nut­zen zum ver­tief­ten Ver­ständ­nis den fol­gen­den, mathe­ma­ti­schen Exkurs. Die ande­ren Leser kön­nen die­sen Abschnitt gern über­sprin­gen.

Mathematischer Exkurs

Potenzial

Die theo­re­ti­sche Ver­tie­fung erfolgt anhand der Gra­vi­ta­ti­on. Zu Beginn führ­ten wir das phy­si­ka­li­sche Poten­zi­al all­ge­mein als Mög­lich­keit zur Wir­kung ein. Was aber ist nun die­se Wirkungsmöglichkeit?

Das Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zi­al resul­tiert aus dem von Isaak New­ton auf­ge­stell­ten Gra­vi­ta­ti­ons­ge­setz. Das Poten­zi­al φ beträgt

\[
\begin{aligned}
φ= G \cdot \frac{M}{r}
\end{aligned}
\]

New­ton führ­te die Gra­vi­ta­ti­ons­kon­stan­te G als fun­da­men­ta­le Natur­kon­stan­te ein, die die Stär­ke der Gra­vi­ta­ti­on bestimmt. Er nutzt sie als Maß für die Anzie­hung zwi­schen zwei Mas­sen. In der all­ge­mei­nen Rela­ti­vi­täts­theo­rie von Albert Ein­stein bestimmt die­se Kon­stan­te die Krüm­mung des Rau­mes bei Vor­han­den­sein einer Mas­se M. Die­se Krüm­mung des Rau­mes bei­spiels­wei­se durch die Erde wird in der obi­gen Abbil­dung dar­ge­stellt. Der Grad der Krüm­mung sinkt mit stei­gen­dem Abstand r von der jewei­li­gen Mas­se. Je stär­ker der Raum gekrümmt ist, umso stär­ker ist das Poten­zi­al. Mit stei­gen­dem Abstand oder einer klei­ne­ren Mas­se sinkt das Potenzial.

Um die Bedeu­tung des Begrif­fes Poten­zi­al als Wir­kungs­mög­lich­keit zu erfas­sen, hilft eine Dimen­si­ons­be­trach­tung. Die Gra­vi­ta­ti­ons­kon­stan­te beträgt im inter­na­tio­na­len Ein­hei­ten­sys­tem (SI)

\[
\begin{aligned}
G=6,67430 \cdot 10^{-11} \frac{m^3}{kg \cdot s^2}
\end{aligned}
\]

Bei Mul­ti­pli­ka­ti­on der Maß­ein­heit von G mit der Ein­heit der Mas­se M [kg] durch die Ein­heit von r [m] erhal­ten wir

\[
\begin{aligned}
\frac{m^3}{kg \cdot s^2} \cdot \frac{kg}{m} \quad und \quad somit \quad \frac{m^2}{s^2} = m \cdot \frac{m}{s^2}
\end{aligned}
\]

Da die Ein­heit m für den Weg sowie \[ \frac{m}{s^2} \quad \] für die Beschleu­ni­gung steht, lässt sich das Poten­zi­al als Mög­lich­keit beschrei­ben, die Beschleu­ni­gung einer sich im Gra­vi­ta­ti­ons­feld einer Mas­se M1 befind­li­chen zwei­ten Mas­se M2 ent­lang eines Weges zu bewirken.

Potenzialdifferenz

Nun beschreibt das Poten­zi­al nur die Mög­lich­keit zur Wir­kung. Aber dies bedeu­tet nicht, dass auch die Fähig­keit zur Wir­kung vor­han­den ist. Für die Wir­kungs­fä­hig­keit fehlt eine wei­te­re Voraussetzung.

Zwi­schen zwei Orten mit glei­chem Poten­zi­al fin­det kei­ne Wir­kung statt. Erst eine Dif­fe­renz kann zur Wir­kung füh­ren, bil­det also die Wir­kungs­fä­hig­keit. Dies lässt sich leicht zei­gen, da die Ände­rung einer Funk­ti­on an einem bestimm­ten Ort durch ihre Ablei­tung beschrie­ben wird. Um Poten­zi­al­dif­fe­ren­zen zu bestim­men, ist die Ablei­tung in allen drei Rich­tun­gen des Rau­mes x, y und z vor­zu­neh­men. Das Ergeb­nis der drei Ablei­tun­gen des Poten­zi­als φ ergibt die drei Ände­rungs­kom­po­nen­ten in x‑, y- und z‑Richtung. Wenn eine Beschleu­ni­gung ent­lang eines belie­bi­gen Weges r ⃗ erfol­gen soll, darf die­se Ablei­tung nicht bezüg­lich aller drei Kom­po­nen­ten null wer­den. 

Wel­che Dimen­si­on besitzt nun die Ablei­tung? Die Ablei­tung nach der x‑Komponente lau­tet zum Beispiel

\[
\begin{aligned}
\frac{dφ}{dx} \quad wor­aus \quad die \quad Dimen­si­on \quad \frac{m^2}{s^2} \cdot \frac{1}{m} \quad folgt
\end{aligned}
\]

Die Ände­rung des Poten­zi­als besitzt also mit \[ \frac{m}{s^2} \quad \] die Dimen­si­on der Beschleu­ni­gung. Die Wir­kungs­fä­hig­keit auf Basis einer Poten­zi­al­dif­fe­renz kann somit als Fähig­keit zur Beschleu­ni­gung beschrie­ben werden.

Zur kür­ze­ren Dar­stel­lung der drei Ablei­tun­gen in x‑, y- und z‑Richtung dient der soge­nann­te Nab­la-Ope­ra­tor ∇. Das Ergeb­nis die­ser Ablei­tung ist die Beschleu­ni­gung als Sum­me der drei Beschleu­ni­gungs­kom­po­nen­ten x, y und z zum Beschleu­ni­gungs­vek­tor a ⃗.

Die mit dem Nab­la-Ope­ra­tor ver­kürz­te Schreib­wei­se der Ablei­tung des Weges zwi­schen zwei Poten­zia­len mit der Beschleu­ni­gung als Ergeb­nis lau­tet ∇φ(r ⃗)= a ⃗(r ⃗).

Im mas­se­lo­sen Raum wür­de das Git­ter­netz an jeder Stel­le das glei­che Poten­zi­al, also einen kon­stan­ten Betrag besit­zen. Im Ergeb­nis wäre für jedes Stück Weg r ⃗ die Ablei­tung ∇φ(r ⃗ )= 0. 

Mas­se­be­haf­te­te Objek­te im Raum füh­ren zur Ver­zer­rung des Git­ter­net­zes und damit zu unter­schied­li­chen Poten­zia­len an ver­schie­de­nen Orten. Erst dadurch exis­tiert für bestimm­te Wege r ⃗ die Ablei­tung ∇φ(r ⃗ )  ≠0. Da ver­schie­de­ne Mas­sen im Raum zu unter­schied­li­cher Ver­for­mung des Git­ter­net­zes füh­ren, exis­tiert für jedes Weg­stück r ⃗ ein Beschleu­ni­gungs­vek­tor a ⃗. Die Sum­me aller Beschleu­ni­gungs­vek­to­ren wird Vek­tor­feld genannt. Die Ablei­tung des Ska­lar­fel­des der Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zia­le als Wir­kungs­mög­lich­keit ergibt ein Vek­tor­feld der Fähig­kei­ten, an bestimm­ten Weg­stü­cken Beschleu­ni­gun­gen an Mas­sen zu bewir­ken. Da auf Lini­en kon­stan­ter Poten­zia­le kei­ne Beschleu­ni­gungs­fä­hig­keit besteht, son­dern nur in Rich­tung der Unter­schie­de von Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zia­len, zei­gen die Beschleu­ni­gungs­vek­to­ren senk­recht zu den Potenziallinien.

Potenzialdifferenz als Ursache von Kraft und Energie

Wir kön­nen zusam­men­fas­sen. Das Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zi­al drückt nur die Wir­kungs­mög­lich­keit aus, eine im Poten­zi­al befind­li­che Mas­se ent­lang eines Weges zu beschleu­ni­gen. Erst die Dif­fe­renz zwi­schen zwei Poten­zia­len erbringt die Fähig­keit, die Beschleu­ni­gung einer Mas­se poten­zi­ell mit einem bestimm­ten Wir­kungs­grad umzu­set­zen. Aus der Wir­kungs­mög­lich­keit resul­tiert eine quan­ti­f­zier­ba­re Wir­kungs­fä­hig­keit. Das heißt, es ist mög­lich eine Mas­se zu beschleu­ni­gen, wenn sie an einen Ort des Git­ter­net­zes gebracht wird, der zur Umge­bung eine Poten­zi­al­dif­fe­renz besitzt. Isaac New­ton beschrieb dies mit dem Axi­om Kraft gleich Mas­se mal Beschleunigung.

\[
\begin{aligned}
\vec{F} = M \cdot \vec{a}
\end{aligned}
\]

Wenn die Mas­se an die­sem Ort wäre, wür­de sie durch den Poten­zi­al­un­ter­schied eine Beschleu­ni­gung erfah­ren, wozu New­ton den Begriff der Kraft ein­führ­te. 

Es folgt noch eine Dimen­si­ons­be­trach­tung. Die mög­li­che Beschleu­ni­gung einer Mas­se ent­lang eines Weges lässt sich mit dem mathe­ma­ti­schen Ausdruck

\[
\begin{aligned}
M \cdot \vec{a} \cdot \vec{r}
\end{aligned}
\]

schrei­ben. Die Dimen­si­on dazu lautet

\[
\begin{aligned}
kg \cdot \frac{m}{s^2} \cdot m
\end{aligned}
\]

.
Dies ist die Dimen­si­on der Ener­gie, denn

\[
\begin{aligned}
M \cdot \vec{a}
\end{aligned}
\]

steht für die Kraft mit der Ein­heit New­ton N, wobei die­se Ein­heit für

\[
\begin{aligned}
kg \cdot \frac{m}{s^2}
\end{aligned}
\]

ein­ge­führt wur­de. Die Mul­ti­pli­ka­ti­on mit dem Weg und der zuge­hö­ri­gen Dimen­si­on für den Weg m ergibt die Ein­heit Nm für Ener­gie. 

Die Fähig­keit, eine Mas­se ent­lang eines Weges durch die Poten­zi­al­dif­fe­renz zu beschleu­ni­gen, wird auch als poten­zi­el­le Ener­gie bezeichnet.

Wenn eine rea­le Mas­se M an einen Ort mit Poten­zi­al­un­ter­schie­den gebracht wird, erfährt die­se Mas­se ent­lang des Weges r ⃗ eine rea­le Beschleu­ni­gung. Ihre Geschwin­dig­keit ändert sich. Ein sich bewe­gen­der Kör­per besitzt soge­nann­te kine­ti­sche Ener­gie. Durch die Fähig­keit der poten­zi­el­len Ener­gie Arbeit zu ver­rich­ten, ändert sich die kine­ti­sche Ener­gie des Objek­tes. Der Grad der ver­rich­te­ten Arbeit lautet

\[
\begin{aligned}
W = \vec{F} \cdot \vec{r} = M \cdot \vec{a} \cdot \vec{r}
\end{aligned}
\]

die zur kine­ti­schen Energie

\[
\begin{aligned}
E_{kin} = \frac{M \cdot v^2}{2}
\end{aligned}
\]

mit der durch die Beschleu­ni­gung erreich­ten Geschwind­keit v führt. Der Poten­zi­al­un­ter­schied wan­delt somit poten­zi­el­ler in kine­ti­sche Ener­gie um.

Wirkungsquantum

Zum Schluss soll in die­sem Exkurs noch der Begriff Wir­kungs­quan­tum ein­ge­führt wer­den. Spä­ter kom­men wir dar­auf im Kapi­tel zu Fun­da­men­ten der Ener­gie­quel­len zurück.

Der Aus­gangs­punkt ist noch ein­mal die Poten­zi­al­dif­fe­renz. Die­ser Unter­schied zwi­schen zwei Poten­zia­len ist die eigent­li­che Ursa­che für die Wir­kungs­fä­hig­keit in Form einer Beschleu­ni­gung a ⃗. Eine Beschleu­ni­gung wird auf eine Mas­se M ent­lang eines Weges r ⃗ in Rich­tung des Poten­zi­al­un­ter­schie­des bezo­gen. Die Fähig­keit zur Wir­kung tritt also mit der Beziehung

\[
\begin{aligned}
M \cdot \vec{a} \cdot \vec{r}
\end{aligned}
\]

als poten­zi­el­le Ener­gie in Erschei­nung und besitzt die Einheit

\[
\begin{aligned}
kg \cdot \frac{m}{s^2} \cdot m = Nm.
\end{aligned}
\]

In der moder­nen Phy­sik reif­te mit der in den 1920er Jah­ren star­ten­den Ent­wick­lung der Quan­ten­me­cha­nik die Erkennt­nis, dass Ener­gie nicht in belie­bi­ger Grö­ße über­tra­gen wer­den kann.

Die Wis­sen­schaft­ler fol­ger­ten, dass Ener­gie nur auf Basis kleins­ter Wir­kungs­quan­ten pro Zeit­ein­heit über­tra­gen wer­den kann. Jeg­li­che Mate­rie und Ener­gie ist Schwin­gung. Die Fre­quenz die­ser Schwin­gung ν mul­ti­pli­ziert mit dem Wir­kungs­quan­tum h ergibt den Betrag der kleins­ten über­trag­ba­ren Ener­gie­men­ge E. Der Zusam­men­hang lautet:

\[
\begin{aligned}
E= h \cdot ν \quad wobei \quad h=\frac{E}{ν}
\end{aligned}
\]
\[
\begin{aligned}
die \quad Ein­heit \quad kg \cdot \frac{m}{s^2} \cdot m \quad / \quad \frac{1}{s} = kg \cdot \frac{m^2}{s}
\end{aligned}
\]

besitzt.

Ein Wir­kungs­quan­tum beschreibt also die durch eine Poten­zi­al­dif­fe­renz mög­li­che Beschleu­ni­gung, die auf eine Mas­se ent­lang eines Weges bezo­gen auf die Zeit wirkt. Wird das Wir­kungs­quan­tum mit der Schwin­gungs­fre­quenz mul­ti­pli­ziert, ergibt sich die kleins­te über­trag­ba­re Energiemenge.

Alle Ener­gie­quel­len des Uni­ver­sums ser­vie­ren am Ener­gie­buf­fet qua­si nur kleins­te Ener­gie­häpp­chen. Das Uni­ver­sum geizt dabei nicht und bie­tet Ener­gie in gro­ßer Men­ge, aber die zur Ver­fü­gung ste­hen­de Ener­gie lässt sich nicht in belie­big klei­ne Teil­häpp­chen auf die Zahl der Gäs­te aufteilen.

Die Ein­füh­rung des Wir­kungs­quan­tums führ­te zu einer wei­te­ren Schluss­fol­ge­rung. Auf­grund der Poten­zi­al­dif­fe­renz wird eine Mas­se ent­lang eines Stück Weges ∆x beschleu­nigt. Die damit ver­bun­de­ne Geschwin­dig­keits­än­de­rung ∆v wan­delt den Impuls p der Mas­se M. Die Impuls­än­de­rung ergibt sich aus der Bezie­hung ∆p= M ∙ ∆v . Das Pro­dukt von Orts- und Geschwin­dig­keits­än­de­rung besitzt die Dimen­si­on des Wirkungsquantums

\[
\begin{aligned}
kg \cdot \frac{m^2}{s}
\end{aligned}
\]

Der deut­sche Phy­si­ker Wer­ner Hei­sen­berg for­mu­lier­te die Bezie­hung ∆x ∙ ∆p ≥  h/4π als Unschär­fe­re­la­ti­on. Damit kön­nen Ort und Geschwin­dig­keit einer Mas­se nie gleich­zei­tig belie­big genau gemes­sen wer­den. Es ver­bleibt immer min­des­tens die Unschär­fe h/4π als Mess­un­ge­nau­ig­keit. Je genau­er der Ort einer Mas­se gemes­sen wird, umso unge­nau­er ist die Mes­sung der Geschwin­dig­keit und umgekehrt.

Quellen:

Kieß­ling, Andre­as (Hrsg.).; Hart­mann, Gun­nar. Ener­gie zyklisch den­ken. 136 S. 2. Auf­la­ge: Janu­ar 2019. Paper­back, ISBN: 978–3‑7469–7427‑9. Hard­co­ver, ISBN: 978–3‑7469–7428‑6. E‑Book, ISBN: 978–3‑7469–7429‑3. Ham­burg, tre­di­ti­on GmbH. https://amzn.to/3vUDaQw

Andre­as Kieß­ling, ener­gy design, Lei­men / Hei­del­berg — 09. Mai 2022

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