Ein Zwischenruf zum Kern der SINTEG-Schlussfolgerungen
Statt Regulierung Chancen eröffnen und autonome Gestaltung ermöglichen
Liebes SINTEG-Begleitvorhaben, sicherlich liegt es mir fern, eure intensive und herausfordernde Arbeit der letzten Jahre zu kritisieren. Aber zwei Bemerkungen zum SINTEG-Fachkongress seien erlaubt.
Erstens:
Die Organisation des SINTEG-Fachkonkresses ist relativ kurzfristig erfolgt und ging bis zum letzten Monat an den Experten der SINTEG-Community vorbei. Das wird der umfangreichen Arbeit der fünf Projekte von C/sells bis WindNODE nicht gerecht.
Zweitens:
Der Inhalt des Fachkongresses als offizielles Abschlussprogramm des gesamten Fördervorhabens ist aus meiner Sicht doch ein wenig dünn. Zentrale Aussagen der fünf SINTEG-Projekte fehlen.
Dies betrifft:
- die Notwendigkeit des Abbaus von Bürokratie und technischer Detailregulierung, insbesondere auch im Hinblick auf das seit dem Jahre 2010 unsäglich lang andauernde Smart Meter Gateway-Verfahrens,
- die Beförderung autonomer Lösungen in Gebäuden und Stadtquartieren mit digitalem, aggregierendem Netzanschluss anstatt bürokratische und überkomplexe Einzelanlagensteuerung,
- die Sektorenkopplung in Kommunen auf Basis der netzübergreifenden Dezentralisierung von Aufgaben zur Systemverantwortung mit lokalen Energiekonzepten und Energiemanagement,
- die Energiegemeinschaften und das Energie-Sharing als Konzepte, die Staatssekretär Graichen im letzten Webinar Europe Calling leider im Gegensatz zur breiten Fachgemeinschaft als unsolidarisch bezeichnete,
- die Themen Resilienz und Versorgungssicherheit durch zelluläre Systeme,
- sowie das notwendige, erweiterte Denken über klassische Konzepte hinaus als Gestaltungschance zur Gebäude- und Landschaftsentwicklung als „soziale Debatte, die die kulturelle Identität von Lebensräumen der Menschen betrifft, die das Verhältnis von Stadt und ländlichem Raum neu definiert; eine Debatte, die tief in die gesellschaftliche Wirklichkeit eingreift“; wie es Robert Habeck ausdrückte.
Schlussfolgerung: Debatte auf geeigneter Plattform fortführen
Diese intensivere Debatte wäre eine wunderbare Gelegenheit gewesen, über die erweiterte Rolle von dauerhaften Reallaboren, von regulatorischen Innovationszonen sowie über das Energiewende-Bauhaus zu sprechen. Diese Gelegenheit wurde heute leider vertan, aber die Debatte ist weiterhin notwendig.
Ein Tag wäre für eine solche Debatte auch nicht ausreichend gewesen, mehrere Tage sinnvoll. Eine Kopplung mit den Energietagen in Berlin hätte dies eventuell ermöglicht. In der Erzeugung von öffentlicher Aufmerksamkeit verschwindet der SINTEG-Fachkongress hinter den Berliner Energietagen.
Vorbild können auch die Mission Innovation Austria-Veranstaltungen in Österreich sein, die regelmäßig, unterstützt vom Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie stattfinden. Eventuell lässt sich in Verbindung mit dem Gedanken zum Energiewende-Bauhaus eine entsprechende Plattform begründen, um die notwendige gesamtgesellschaftliche Diskussion anhand von vielfältigen Beispielen und dauerhaften Reallaboren zu führen.
Leimen / Heidelberg — 19. Mai 2022