Energiequellen im Zeitenwandel — Teil 1

Nachhaltigkeit und der Blick in die Vergangenheit

Energiequellen im Zeitenwandel - Teil 1
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Energiequellen im Zeitenwandel — Teil 1

Nachhaltigkeit und der Blick in die Vergangenheit

Bei allem, was man tut, das Ende zu beden­ken, das ist Nach­hal­tig­keit.“ Eric Schweit­zer 

Der Arti­kel „Ener­gie­quel­len im Zei­ten­wan­del – Teil 1“ — zeigt, wie Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen Gesell­schaft, Umwelt­be­din­gun­gen und tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten die Art der Ener­gie­ge­win­nung in der Ver­gan­gen­heit ver­än­der­te sowie die Not­wen­dig­keit zur Nach­hal­tig­keit den aktu­el­len Wan­del zu Erneu­er­ba­ren Ener­gien und zur höhe­ren Ener­gie­ef­fi­zi­enz beför­dert. 

Inhaltsverzeichnis

  1. Vor­wort: Was ist Energie?
  2. Ener­gie­at­las
  3. Ursa­che von Energie
  4. Fun­da­men­te aller Energiequellen
  5. Ener­gie­quel­len im Zeitenwandel 
    1. Nach­hal­tig­keit und der Blick in die Ver­gan­gen­heit (Ener­gie­quel­len im Zei­ten­wan­del — Teil 1)
    2. Ent­ste­hen, Exis­tenz und Ver­ge­hen der Ster­ne als Ener­gie­quel­len (Ener­gie­quel­len der Gegenwart)
    3. Neue Mög­lich­kei­ten am Hori­zont und die Zukunft ist offen
  6. Erneu­er­ba­re Ener­gie im Überblick 
    1. Direk­te Nut­zung der Sonnenstrahlung
    2. Bewe­gungs­en­er­gie des Windes
    3. Bewe­gungs­en­er­gie und che­mi­sche Ener­gie von Meerwasser
    4. Bewe­gungs­en­er­gie von Fließwasser
    5. Wär­me­en­er­gie der Erdkruste
    6. Che­mi­sche Ener­gie der Biomasse
  7. Fort­set­zung folgt …

Die Suche nach Energiequellen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Die Beant­wor­tung der Fra­ge, was Ener­gie ist, führ­te zur Suche nach der eigent­li­chen Ursa­che von Ener­gie sowie zur Fra­ge, auf wel­chen fun­da­men­ta­len Ursa­chen alle Ener­gie­quel­len basie­ren. 

Damit ste­hen die grund­le­gen­den Bau­stei­ne zur Ver­fü­gung, um zum Ener­gie­at­las zurück­zu­keh­ren. Der­ar­tig aus­ge­rüs­tet star­tet die Suche nach Wegen der Extrak­ti­on von Pri­mär­ener­gie sowie die Beschrei­bung dar­auf basie­ren­der Mög­lich­kei­ten zur Umset­zung von Ener­gie­zy­klen. Dabei wer­den bekann­te Ver­fah­ren im his­to­ri­schen Zusam­men­hang behan­delt. Wel­che Ener­gie­lö­sun­gen nutz­ten ver­gan­ge­ne Zivi­li­sa­tio­nen? Wie wird Ener­gie in der moder­nen Indus­trie­ge­sell­schaft bereit­ge­stellt und wel­chen Wan­del beschreibt der aktu­el­le Begriff der Ener­gie­wen­de? Schluss­end­lich erlau­ben wir uns auch einen Blick in die Zukunft bezüg­lich mög­li­cher, zusätz­li­cher Ener­gie­zy­klen. Dabei wird deut­lich, dass bis­he­ri­ge, aktu­el­le Ver­fah­ren sowie Metho­den der nähe­ren Zukunft auf zwei grund­sätz­li­chen Fun­da­men­ten aller Ener­gie­quel­len beru­hen. Dies betrifft elek­tro­ma­gne­ti­schen Poten­tia­le sowie Gra­vi­ta­ti­ons­po­ten­zia­le als Ursa­che aller tech­nisch genutz­ten Ener­gie­quel­len. 

Ein Blick in die fer­ne­re Zukunft ent­spricht sprich­wört­lich dem Blick in die Glas­ku­gel. Die aktu­el­len Fort­schrit­te in der Phy­sik las­sen hin­ter dem Nebel im Inne­ren der Glas­ku­gel zukünf­ti­ge Mög­lich­kei­ten erah­nen. Der Blick in die Fer­ne wird des­halb die Suche nach wei­te­ren Ener­gie­zy­klen offen­hal­ten, aber auch Raum für Spe­ku­la­tio­nen bieten.

Nachhaltigkeit

Die Ener­gie­ge­win­nung basier­te in der Geschich­te des mensch­li­chen Fort­schrit­tes auf der Nut­zung unter­schied­lichs­ter Ener­gie­quel­len. Dabei ent­wi­ckel­te sich die moder­ne Indus­trie­ge­sell­schaft mit Ener­gie­trä­gern auf Basis fos­si­ler Roh­stof­fe sowie durch die Nut­zung radio­ak­ti­ver Mate­ria­li­en in Kern­spal­tungs­pro­zes­sen. Erneu­er­ba­re Ener­gie­quel­len ver­drän­gen zuneh­mend deren Ein­satz. Um nun die Nut­zungs­for­men von Ener­gie­quel­len in die­se Kate­go­rien ein­ord­nen zu kön­nen, müs­sen wir uns mit dem Begriff der Nach­hal­tig­keit aus­ein­an­der­set­zen. Die­ser Begriff wird teil­wei­se infla­tio­när ein­ge­setzt. Nach­hal­tig­keit wird als Hand­lungs­prin­zip zur Res­sour­cen-Nut­zung, bei dem eine dau­er­haf­te Bedürf­nis­be­frie­di­gung durch die Bewah­rung der natür­li­chen Rege­ne­ra­ti­ons­fä­hig­keit der betei­lig­ten Sys­te­me (vor allem von Lebe­we­sen und Öko­sys­te­men) gewähr­leis­tet wer­den soll, beschrie­ben. [Sei­te „Nach­hal­tig­keit“, In: Wiki­pe­dia, 14. Juli 2022]. Die Defi­ni­ti­on deu­tet dar­auf hin, dass der Begriff Nach­hal­tig­keit eher Dyna­mik als Sta­tik beschreibt. Die Ent­wick­lung der Lebens­räu­me und damit der dar­in ein­ge­bet­te­ten Ener­gie­land­schaf­ten ist ein dyna­mi­scher Pro­zess der Ver­än­de­rung, der die Sys­tem­wand­lung beinhal­tet. Der Erhalt des Lebens erfor­dert aber auch eine gewis­se Sta­bi­li­tät des Sys­tems und sei­ner wesent­li­chen Eigen­schaf­ten. Zur Ent­wick­lung des Lebens wer­den die Sys­tem­res­sour­cen der jewei­li­gen Lebens­räu­me benö­tigt. Um die not­wen­di­ge Sta­bi­li­tät des Sys­tems zu sichern, ist zwin­gend des­sen Rege­ne­ra­ti­ons­fä­hig­keit zu gewähr­leis­ten, die sich auf Grund­la­ge inter­ner Pro­zess­ge­schwin­dig­kei­ten aber auch auf Basis des Aus­tau­sches mit der exter­nen Sys­tem­um­ge­bung durch Zuflüs­se und Abflüs­se ergibt. Die­ses fra­gi­le Gleich­ge­wicht eines meta­sta­bi­len Sys­tems wur­de durch die über­mä­ßi­ge Nut­zung fos­si­ler Res­sour­cen sowie der natür­li­chen Ange­bo­te unse­rer Lebens­räu­me gestört. In die­sem kom­ple­xen Umfeld bewegt sich der Kern der Nach­hal­tig­keits­dis­kus­sio­nen. 

Ressourcenschonung und Begrenzung von Risiken

Auf­grund glo­ba­ler Aus­wir­kun­gen der seit der indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on genutz­ten For­men der Ener­gie­ge­win­nung mit fos­si­len und nuklea­ren Quel­len voll­zog sich der Para­dig­men­wech­sel zur nach­hal­ti­gen Ener­gie­po­li­tik. Es gilt die dro­hen­de Kli­ma­ver­än­de­rung durch Aus­stoß kli­ma­schäd­li­cher Gase in die Atmo­sphä­re und damit den Ver­lust von Sta­bi­li­tät, mit kata­stro­pha­len Kon­se­quen­zen für die seit dem Ende der letz­ten Eis­zeit vor 10.000 Jah­ren rela­tiv kon­stan­ten Umwelt­be­din­gun­gen, abzu­wen­den. Die zusätz­li­che Her­aus­for­de­rung besteht dar­in, die Res­sour­cen der Erde auch für unse­re Nach­kom­men zu erhal­ten. Dabei stellt sich die Fra­ge, wie weit das Poten­ti­al der Ver­gan­gen­heit aus­ge­schöpft wer­den kann, um die Zukunft unter Erhalt der wesent­li­chen Sys­tem­ei­gen­schaf­ten und der Fähig­keit zur Sys­tem­re­ge­ne­ra­ti­on zu gestalten.

Der Begriff Nach­hal­tig­keit ist eben­so bei der Beur­tei­lung des Ein­sat­zes nuklea­rer Ener­gie­quel­len zu ver­wen­den. Nuklea­re Ver­fah­ren zur Ener­gie­ge­win­nung beru­hen bis­her auf der Kern­spal­tung. Dem umge­kehr­ten Ver­fah­ren, der Kern­fu­si­on, wid­men wir uns im Kapi­tel zur Zukunft der Ener­gie­ge­win­nung. Zwar ist spalt­ba­res Mate­ri­al lang­fris­tig vor­han­den. Es fin­det bei sta­bi­lem Betrieb eines Kern­kraft­wer­kes auch kein Aus­stoß kli­ma­schäd­li­cher Gase statt. Das inak­zep­ta­ble Rest­ri­si­ko für eine radio­ak­ti­ve Kata­stro­phe und die Unmög­lich­keit einer sta­bi­len Lage­rung von radio­ak­ti­ven Rest­stof­fen über Jahr­hun­dert­tau­sen­de scheint aber den Nach­hal­tig­keits­prin­zi­pi­en zum Erhalt wesent­li­cher Eigen­schaf­ten und der natür­li­chen Rege­ne­ra­ti­ons­fä­hig­keit der Erde zu wider­spre­chen. Hier stellt sich die Fra­ge, wie weit das zukünf­ti­ge Sys­tem belas­tet wird und damit vor­ab aus­ge­schöpft wer­den kann, um wich­ti­ge Sys­tem­ei­gen­schaf­ten auch in der Zukunft vorzufinden.

Die Anwen­dung des Nach­hal­tig­keits­be­grif­fes zeigt aber auch, dass die Nut­zung fos­si­ler Ener­gie­trä­ger nicht per se den nicht nach­hal­ti­gen Pro­zes­sen zuzu­ord­nen ist. Mensch­li­che Ener­gie­ge­win­nung basier­te lan­ge auf der Anwen­dung eige­ner Mus­kel­kraft oder der von Tie­ren, um Bewe­gungs­en­er­gie zu erhal­ten. Die Mus­kel­kraft beruht wie­der­um auf der in Pflan­zen und Tie­ren gespei­cher­ten che­mi­schen Ener­gie, die mit der Nah­rung auf­ge­nom­men wird. Der Ener­gie­ein­satz aus der Nah­rungs­ket­te ist nach­hal­tig, wenn nicht mehr Leben genom­men wird als neu ent­ste­hen kann. Dies­be­züg­lich ist die heu­ti­ge Über­fi­schung der Mee­re kein nach­hal­ti­ger Prozess.

Koexistenz von Fossilen und Erneuerbaren in früheren Zivilisationen

Eben­so war die Gewin­nung von Wär­me für den mensch­li­chen Bedarf beim Hei­zen und Kochen unter Nut­zung orga­ni­scher, pflanz­li­cher Roh­stof­fe, bei­spiels­wei­se durch die Nut­zung von Holz, solan­ge nach­hal­tig, wie weni­ger Holz ver­braucht wur­de als zur glei­chen Zeit nach­wach­sen konn­te. Gleich­zei­tig bewirk­te die aus­ge­gli­che­ne Nut­zung zwi­schen Abbau und neu­em Wachs­tum, dass der Koh­len­di­oxid-Anteil in der Luft kon­stant blieb. Bei einer gerin­gen Bevöl­ke­rungs­zahl auf der Erde konn­te dies gewähr­leis­tet wer­den. Unter den Bedin­gun­gen des star­ken Bevöl­ke­rungs­wachs­tums zeigt das Schwin­den von Wald­flä­chen in Ost­asi­en und in Süd­ame­ri­ka nun, dass die­se Form der Umwand­lung von Ener­gie­ar­ten nicht mehr nach­hal­tig ist. Heu­te nutzt die Mensch­heit die Res­sour­cen der Erde schnel­ler als sie nach­wach­sen kön­nen und gibt mehr Koh­len­di­oxid in die Atmo­sphä­re ab als neu gebun­den wird. Die Eigen­schaf­ten des Sys­tems Erde ändern sich damit mas­siv. Über­le­bens­fä­hi­ge Gesell­schaf­ten der Ver­gan­gen­heit bewahr­ten die Res­sour­cen ihrer Umwelt. Bei Raub­bau an den Res­sour­cen im Sin­ne nicht nach­hal­ti­ger Ver­wen­dung ver­schwand aber Schritt für Schritt die Lebens­grund­la­ge der ent­spre­chen­den Gesell­schaft und es ende­te die jewei­li­ge erfolg­rei­che Entwicklung.

Doch auch schon vor der Peri­ode der Indus­tria­li­sie­rung mit inten­si­ver Nut­zung fos­si­ler Ener­gie­trä­ger nutz­te die Mensch­heit erneu­er­ba­re Ener­gien. Schif­fe fuh­ren mit Wind­kraft. Seit 2000 vor Chris­tus wird Was­ser­en­er­gie zum Antrieb mecha­ni­scher Ein­rich­tun­gen genutzt. In der Mehl­müh­le arbei­te­te der Mül­ler mit Wind­kraft. Schon 1500 vor Chris­tus haben die Ägyp­ter begon­nen, Son­nen­en­er­gie zu nut­zen. Zur Zeit des Pha­ra­os Ech­na­ton wur­den mit Son­nen­en­er­gie die Tore eines Tem­pels mor­gens geöff­net und abends geschlos­sen, indem Son­nen­kol­lek­to­ren Was­ser erwärm­ten und die mecha­ni­sche Ener­gie aus der Aus­deh­nung von Was­ser gewon­nen wur­de. Vor der ers­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on bis in die Anfän­ge des 19. Jahr­hun­derts wur­de die zur Pro­duk­ti­on benö­tig­te Ener­gie vor­ran­gig durch Wind- und Was­ser­kraft gewon­nen. Schon 1790 erbrach­ten in Euro­pa eine hal­be Mil­li­on Klein­was­ser­rä­der eine Leis­tung von unge­fähr 1,65 Giga­watt [Rif­kin, 2014].

Kohle und Öl als Treiber der industriellen Revolution und Hemmnis von Energieinnovationen

Die auf­kom­men­de Koh­le- und Erd­öl­wirt­schaft wäh­rend der ers­ten und zwei­ten indus­tri­el­len Revo­lu­ti­on beschleu­nig­te die mensch­li­che Ent­wick­lung, redu­zier­te aber gleich­zei­tig die Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit der Ener­gie­wirt­schaft. Die Kohle‑, Gas- und Erd­öl­nut­zung mach­te über ein Jahr­hun­dert alle Über­le­gun­gen bezüg­lich neu­er Ener­gie­trä­ger über­flüs­sig. Mit­tels der im Kapi­tel Ener­gie­at­las ein­ge­führ­te Metho­de schau­en wir uns nach­fol­gend die­sen ein­fa­chen Ener­gie­zy­klus an, der die Mensch­heit über zwei­hun­dert Jah­re auf Kos­ten der über hun­der­te Mil­lio­nen Jah­ren ent­stan­de­nen Roh­stof­fe beglei­te­te. Mit den Sym­bo­len des Ener­gie­at­las las­sen sich zwei Ener­gie­zy­klen ent­spre­chend der nach­fol­gen­den Abbil­dung anein­an­der ket­ten. 

Vom Solarzyklus zum Fossilzyklus
Abbil­dung: Sola­rer Erzeu­gungs­zy­klus der Jahr­mil­lio­nen trifft auf fos­si­len Nut­zungs­zy­klus der Jahr­hun­der­te; copy­right by Andre­as Kieß­ling, 2022 (Sym­bol­ty­pen ent­spre­chend Kapi­tel Ener­gie­at­las) 

Im Kapi­tel Fun­da­men­te aller Ener­gie­quel­len frag­ten wir, was die Welt im Inners­ten zusam­men­hält. Die Suche führ­te auch zu den Kern­kräf­ten, bezüg­lich der heu­te zwei ver­schie­de­ne Wege der Ener­gie­ge­win­nung bekannt sind. Die Erfor­schung des ers­ten Pfa­des führ­te die Mensch­heit zur Atom­bom­be sowie zur fried­li­chen Nut­zung der Kern­spal­tung für die Ener­gie­ge­win­nung. Der zwei­te Pfad betrifft die Kern­fu­si­on. Dar­an bei­ßen sich die Wis­sen­schaft­ler seit 70 Jah­ren noch die Zäh­ne aus. Wir kom­men dar­auf zurück. Doch an die­ser Stel­le gebührt die Ehre zuerst der Son­ne als Ener­gie­quel­le, die mit dem Ener­gie­trä­ger Was­ser­stoff seit knapp 5 Mil­li­ar­den Jah­ren die Kern­fu­si­on erfolg­reich nutzt. Der Extrak­ti­ons­pro­zess von Ener­gie beruht dar­auf, dass beim Ver­schmel­zen von Was­ser­stoff­ato­men auf­grund des hohen Dru­ckes und der hohen Tem­pe­ra­tur im Kern der Son­ne Ener­gie in Form von Licht­teil­chen frei wird. Die­se Pho­to­nen genann­ten Teil­chen kämp­fen sich nach der Ent­ste­hung 10.000 bis 170.000 Jah­re lang an die Ober­flä­che der Son­ne, um dann als Solar­strah­lung die 150 Mil­lio­nen Kilo­me­ter zur Erde mit Licht­ge­schwin­dig­keit in rund 8 Minu­ten zu überbrücken.

Die Solar­strah­lung bil­det eine der wich­tigs­ten Pri­mär­ener­gie­for­men zur Ent­wick­lung des Lebens auf der Erde. Mit der Pho­to­syn­the­se ent­wi­ckel­ten Mikro­or­ga­nis­men schon vor unge­fähr 3 Mil­li­ar­den Jah­ren eine effek­ti­ve Form der Nut­zung von Solar­ener­gie zur Umwand­lung in che­mi­sche Ener­gie. Die Orga­nis­men nut­zen bei der Pho­to­syn­the­se Licht, Was­ser und Koh­len­di­oxid. Dabei erzeu­gen sie Glu­co­se und Sau­er­stoff, wobei Glu­co­se qua­si mit che­mi­scher Ener­gie das Lebens­eli­xier bil­det. Für die meis­ten der damals exis­tie­ren­den Lebens­for­men war der stei­gen­de Sau­er­stoff­ge­halt in der Atmo­sphä­re eine Kata­stro­phe. Das Ster­ben der meis­ten Arten zu die­ser Zeit ging in die Erd­ge­schich­te unter dem Begriff Sau­er­stoff­ka­ta­stro­phe ein. Die Ver­än­de­rung der Atmo­sphä­re bis zur Ein­stel­lung eines neu­en Gleich­ge­wich­tes zwi­schen Sau­er­stoff und Koh­len­di­oxid dau­er­te wei­te­re zwei Mil­li­ar­den Jah­re. Seit einer Mil­li­ar­de Jah­ren besteht das neue Ver­hält­nis. In der Fol­ge ent­stan­den völ­lig neue Lebens­for­men im Was­ser und seit 475 Mil­lio­nen Jah­ren auch an Land. Seit­dem besteht zwi­schen dem Wach­sen und dem Ver­ge­hen von Pflan­zen ein Gleich­ge­wicht, das wie­der­um das Gleich­ge­wicht in der Atmo­sphä­re sichert.

Das durch Pho­to­syn­the­se ent­ste­hen­de orga­ni­sche Mate­ri­al ver­schwand aber nicht. Ster­ben­de Pflan­zen wan­del­ten sich zu Torf, Koh­le, Erd­öl und Erd­gas als Trä­ger che­mi­scher Ener­gie. Durch ver­schie­de­ne geo­lo­gi­sche Pro­zes­se, die mit der Ver­schie­bung der Erd­plat­ten seit hun­der­ten Mil­lio­nen Jah­ren Pflan­zen­ab­la­ge­run­gen in tie­fe­re Erd­schich­ten brin­gen, ent­stan­den welt­weit Spei­cher für che­mi­sche Ener­gie. Die­se Spei­cher bestehen als Koh­le­flö­ze mit Braun- und Stein­koh­le, aber auch als in tie­fe Erd­schich­ten ein­ge­la­ger­te Erd­öl- und Erd­gas­men­gen. Damit schließt der pri­mä­re Ener­gie­zy­klus aus­ge­hend von der Son­ne als Ener­gie­quel­le und endend beim Befül­len der fos­si­len Energiespeicher.

Abge­se­hen vom Torf der Moo­re als rela­tiv jun­ge Spei­cher che­mi­scher Ener­gie schließt der zwei­te Ener­gie­zy­klus zur Nut­zung von Koh­le, Erd­öl und Erd­gas nach vie­len Mil­lio­nen Jah­ren der Spei­cher­bil­dung an. Die Spei­cher erhiel­ten im anschlie­ßen­den Zyklus der Neu­zeit die Funk­ti­on als Ener­gie­quel­le. Die groß­tech­ni­sche Nut­zung zum Abbau von Koh­le begann mit dem Erfolg der Dampf­ma­schi­ne ab Ende des 18. Jahr­hun­derts. Der mas­si­ve Aus­bau der Erd­öl­för­de­rung schloss im 19. Jahr­hun­dert an und beruht auf einem zwei­ten tech­no­lo­gi­schen Erfolg, dem Mas­sen­phä­no­men Auto. Damit war die Grund­la­ge gelegt, die in Jahr­mil­lio­nen Jah­ren mit Fos­si­li­en auf­ge­bau­ten Spei­cher­res­sour­cen che­mi­scher Ener­gie in weni­gen Jahr­hun­der­ten und damit nicht nach­hal­tig abzu­bau­en. Hin­zu kom­men die dar­auf beru­hen­den Ver­än­de­run­gen in der Atmo­sphä­re mit stei­gen­dem Koh­len­di­oxid­ge­halt als Ursa­che des Klimawandels.

Die Extrak­ti­on der fos­si­len Roh­stof­fe erfolgt auf ver­schie­de­ne Wei­se. Wäh­rend Braun­koh­le im Tage­bau gewon­nen wird, muss Stein­koh­le unter Tage abge­baut wer­den.  Der Trans­port zu den Abneh­mern erfolgt auf der Schie­ne sowie per Schiff­fahrt über die Welt­mee­re. Dage­gen wird Erd­öl und Erd­gas durch Boh­run­gen zu Lan­de und im Meer geför­dert sowie per Rohr­lei­tun­gen, den Pipe­lines, oder durch mäch­ti­ge Tan­ker­schif­fe trans­por­tiert. Somit gelangt Koh­le, Öl und Gas als Trä­ger che­mi­scher Ener­gie zum Zielort.

Die Umwand­lung von che­mi­scher Ener­gie als Pri­mär­ener­gie in die gewünsch­te Sekun­där­ener­gie­form erfolgt in Ener­gie­wand­lern, die sich in weni­ge Grup­pen ein­tei­len las­sen. Einer­seits besteht das Ziel dar­in, elek­tri­sche Ener­gie und Wär­m­ener­gie zu gewin­nen. Dazu ver­bren­nen Kraft­wer­ke Koh­le oder Erd­gas. Mit der gewon­ne­nen Wär­m­ener­gie gewin­nen Tur­bi­nen und Gene­ra­to­ren in wei­te­ren Pro­zes­sen elek­tri­sche Ener­gie: Über Rohr­lei­tun­gen kann die Wär­m­ener­gie auch direkt an Wär­me­nut­zer wei­ter­ge­lei­tet wer­den. Die­se Ver­bren­nungs- und Ener­gie­wand­lungs­pro­zes­se fin­den eben­so in Kraft-Wär­me-Kopp­lungs­an­la­gen zur gleich­zei­ti­gen Erzeu­gung von Elek­tri­zi­tät und Wär­me oder aber auch in Hei­zun­gen in Ver­brau­ch­er­nä­he statt. Ander­seits haben Moto­ren und Trieb­wer­ke die Auf­ga­be, durch Ver­bren­nung von Erd­öl oder Erd­gas che­mi­sche Ener­gie in Wär­me­en­er­gie umzu­wan­deln und durch eine wei­te­re tech­ni­sche Kon­struk­ti­on im Fahr­zeug die­se Wär­me direkt in Bewe­gungs­en­er­gie von Stra­ßen­fahr­zeu­gen, Schif­fen und Flug­zeu­gen umzuwandeln.

Die Nut­zung der als Pri­mär­ener­gie gewon­ne­nen elek­tri­schen Ener­gie, Wär­me­en­er­gie und Bewe­gungs­en­er­gie erfolgt beim Woh­nen, in Gewer­be und Land­wirt­schaft, in der Indus­trie und zur Gewähr­leis­tung von Mobilität.

Damit endet der zwei­te, an den Solar­zy­klus anschlie­ßen­de Ener­gie­zy­klus. An die­ser Stel­le wur­de nur der fos­si­le Zyklus betrach­tet und nicht der auf Kern­kraft beru­hen­de kern­tech­ni­sche Zyklus. Die Aus­füh­run­gen gehen auch nicht auf die Ver­wen­dung der fos­si­len Roh­stof­fe in der che­mi­schen Indus­trie ein. Deren Nut­zung in Stoff­kreis­läu­fen erfor­dert eine geson­der­te Betrach­tung. 

Grenzen der fossilen Energiegewinnung

Der Ener­gie­hun­ger der Mensch­heit ab Mit­te des 20. Jahr­hun­derts bedurf­te neu­er Über­le­gun­gen. Aber auch an die­sem Punkt der mensch­li­chen Ent­wick­lung wur­de kein tech­no­lo­gie­of­fe­ner Weg der Suche nach neu­en zen­tra­len und dezen­tra­len Ver­fah­ren ein­ge­schla­gen. Allein die Nut­zung der Kern­ener­gie durch Kern­spal­tung erober­te ab den 1950-er Jah­ren die Welt. Die Erkennt­nis ihrer eben­so ein­ge­schränk­ten Nach­hal­tig­keit auf­grund des Rest­ri­si­kos der Ver­seu­chung gan­zer Regio­nen sowie der unge­lös­ten End­la­ger­pro­ble­ma­tik reif­ten ab den 1980-er Jah­ren. Ent­schei­dend tru­gen dazu die Reak­tor­un­glü­cke im Jahr 1986 in Tscher­no­byl sowie spä­ter im Jahr 2011 in Fuku­shi­ma bei.

Erst die Erkennt­nis­se bezüg­lich sehr schnell zu Ende gehen­der Res­sour­cen, die in vie­len Jahr­mil­lio­nen ent­stan­den waren, der zuneh­men­den Belas­tung der Atmo­sphä­re mit kli­ma­schäd­li­chen Gasen sowie der auf Grund­la­ge von fos­si­len Ener­gie­trä­gern nicht umsetz­ba­ren Elek­tri­fi­zie­rung in rie­si­gen Ent­wick­lungs­re­gio­nen der Welt in den letz­ten Jahr­zehn­ten des 20. Jahr­hun­derts führ­ten dazu, dass sich tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen wie­der mit ande­ren Kon­zep­ten beschäf­tig­ten. The­men rund um erneu­er­ba­re Ener­gien und Ener­gie­ef­fi­zi­enz tra­ten wie­der in den Vor­der­grund. Letzt­end­lich ist damit die Rück­be­sin­nung auf ein schon in frü­he­ren Zei­ten der mensch­li­chen Ent­wick­lung erkann­tes sinn­vol­les Ver­hal­ten ver­bun­den. Tat­säch­lich bedeu­tet der Begriff Ener­giewen­de die Rück­kehr zu intel­li­gen­ten und der Mensch­heit bereits bekann­ten Ansät­zen bei neu­en tech­no­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten sowie zu einem höhe­ren Bewusst­sein für den Lebens­raum, um den in Deutsch­land gebo­re­nen Begriff für die Trans­for­ma­ti­on des Ener­gie­sys­tems zu nut­zen. 

Im nächs­ten Schritt folgt die Betrach­tung der grund­sätz­li­chen Ener­gie­zy­klen, die den Über­gang zu neu­en For­men der Ener­gie­ge­win­nung beschreiben.

Quel­len:

Rif­kin, J. (2014). The Zero Mar­gi­nal Cost Socie­ty: The Inter­net of Things, the Col­la­bo­ra­ti­ve Com­mons, and the Eclip­se of Capi­ta­lism (1. April 2014). Pal­gra­ve Macmil­lan. ISBN-13: 978–1137278463

Ener­gie­quel­len im Zei­ten­wen­de — Teil 1” — Lei­men / Hei­del­berg — 15. Juli 2022

Andre­as Kieß­ling, ener­gy design

Über Andreas Kießling 110 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

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