Smart City — Quartier FRANKLIN

Nachhaltigkeit im Sektorenverbund und Digitalisierung im Mannheimer Smart City - Quartier FRANKLIN

Smart City - Quartier FRANKLIN

Nachhaltigkeit im Sektorenverbund und Digitalisierung im Mannheimer Smart City — Quartier FRANKLIN

Dezen­tra­le Erneu­er­ba­re Ener­gien, Fle­xi­bi­li­tät im Sek­to­ren­ver­bund sowie loka­les Ener­gie­ma­nage­ment auf Basis der Digi­ta­li­sie­rung der Infra­struk­tur als Grund­la­ge einer nach­hal­ti­gen Stadtquartierentwicklung 

Smart City — Quartier FRANKLIN connected powerfull

So groß wie die gesam­te Mann­hei­mer Innen­stadt soll es wer­den – das Smart City — Quar­tier FRANKLIN. Es ent­steht der­zeit auf einem Are­al der Uni­ver­si­täts­stadt im Zen­trum der Metro­pol­re­gi­on Rhein-Neckar ent­steht. Die Visi­on ist eine inte­grier­te, ener­gie­ef­fi­zi­en­te Quar­tiers­ent­wick­lung mit erneu­er­ba­ren Ener­gien. Die Stadt Mann­heim treibt das nach­hal­ti­ge Quar­tiers­kon­zept auf 144 Hekt­ar Flä­che vor­an. Dabei soll Ener­gie mit Inno­va­ti­on und der Kraft der Gemein­schaft ver­bun­den wer­den – und eine umwelt­freund­li­che Nach­bar­schaft entstehen.

Die Kon­ver­si­ons­flä­che bie­tet auf­grund der neu ent­ste­hen­den Infra­struk­tur die Mög­lich­keit, eine Ener­gie­zel­le mit auto­no­men Eigen­schaf­ten zu bil­den. In die­sem Stadt­quar­tier simu­liert und tes­tet die MVV das Ener­gie­sys­tem der Zukunft. Dabei wer­den die Sek­to­ren Strom, Wär­me und Mobi­li­tät mit­ein­an­der ver­knüpft. Die Digi­ta­li­sie­rung lie­fert hier­für die not­wen­di­gen Werk­zeu­ge: Eine IoT-Platt­form (Inter­net of Things – die Ver­knüp­fung der rea­len Welt über das Inter­net) wird imple­men­tiert. Ziel ist es, die ver­schie­den­ar­ti­gen Infra­struk­tur­kom­po­nen­ten im Quar­tier – Gebäu­de­sys­te­me, Ener­gie­an­la­gen, Mess- und Steue­rungs­sys­te­me sowie Anwen­dun­gen zum Ener­gie­ma­nage­ment – mit­ein­an­der zu verbinden.

Grund­la­ge der Platt­form ist der flä­chen­de­cken­de Ein­satz intel­li­gen­ter Mess­sys­te­me. Das nahe­zu in Echt­zeit erfolg­te Moni­to­ring schafft nicht nur für den Quar­tiers­be­trei­ber Trans­pa­renz, son­dern auch für die Bewoh­ner. Wei­ter­hin wird die Erken­nung von Fle­xi­bi­li­täts­po­ten­zia­len beim Ener­gie­ein­satz mög­lich. Die MVV schafft die Basis für ein moder­nes, zukunfts­wei­sen­des Quar­tier, indem sie Mehr­wert­diens­te und inno­va­ti­ve Dienst­leis­tun­gen anbietet.

Mit dem Ziel, Fle­xi­bi­li­tät nutz­bar zu machen, baut MVV die Lade­infra­struk­tur für Elek­tro­mo­bi­li­tät aus und schafft eine smar­te Wär­me­zel­le. Dabei soll gezeigt wer­den, wie Wär­me aus rege­ne­ra­ti­ven Quel­len lokal sinn­voll in das Nah­wär­me­netz ein­ge­bun­den und bedarfs­ori­en­tiert ver­teilt wer­den kann. Dazu erfolgt der Ein­satz von mit Pho­to­vol­ta­ik gekop­pel­ten Power-to-Heat-Anla­gen sowie die Steue­rung der Wär­me­auf­nah­me in Wär­me­spei­cher der Gebäude.

Die MVV schafft die Basis für ein moder­nes Stadt­quar­tier, indem sie Fle­xi­bi­li­tät bereit­stellt sowie Mehr­wert­diens­te und inno­va­ti­ve Dienst­leis­tun­gen anbietet.

Flexibilität im Wärmenetz mit Wärmespeicherschwarm

Die Wär­me­er­zeu­gung im Mann­hei­mer Smart City — Quar­tier FRANKLIN basiert auf einem Nie­der­tem­pe­ra­tur-Nah­wär­me­netz, das über eine Bei­misch­sta­ti­on mit dem Hoch­tem­pe­ra­tur-Fern­wär­me­netz der Stadt gekop­pelt ist. Ins­be­son­de­re in Zei­ten gerin­ger Wär­me­ab­nah­me – bei­spiels­wei­se im Som­mer – kann die Tem­pe­ra­tur an den End­punk­ten des Net­zes auf­grund gerin­ger Wär­me­durch­flüs­se absin­ken. Zugleich erhöht sich die zeit­li­che Träg­heit des Wär­me­net­zes. Ein zu gerin­ger Wär­me­fluss im Netz führt dazu, dass neu erzeug­te Wär­me zeit­lich stark ver­zö­gert an Gebäu­den ankommt.

Pro­ble­ma­tisch wird dies, wenn die Tem­pe­ra­tur am Haus­an­schluss­punkt, hin­ter dem ein Wär­me­spei­cher ange­schlos­sen ist, unter die Min­dest­tem­pe­ra­tur für die Trink­was­ser­auf­be­rei­tung fällt.  Durch eine geziel­te Wär­me­auf­nah­me in den Wär­me­spei­chern kann der Durch­fluss erhöht wer­den. Die Wär­me­spei­cher fun­gie­ren hier­bei wie eine Bat­te­rie. Die Wär­me wird zunächst aus dem Netz in den Spei­cher über­tra­gen und danach an die Ver­brau­cher wie Hei­zung und Trink­was­se­r­er­wär­mung abgegeben.

Die Wär­me­spei­cher sol­len im Schwarm ein­ge­setzt wer­den, um im Netz eine Wir­kung ana­log zum Groß­spei­cher erzie­len zu kön­nen. Hier­für wer­den die Spei­cher mit Mess- und Steu­er­ein­rich­tun­gen aus­ge­rüs­tet und über das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­tem des Wär­me­net­zes mit dem Wär­me­ma­nage­ment­sys­tem verbunden.

Auf Grund­la­ge eines Leit­sys­tems zum umfas­sen­den Ener­gie­ma­nage­ment im Stadt­quar­tier, das das Wär­me­ma­nage­ment beinhal­tet, wird die Steue­rung der Wär­me­spei­cher gekop­pelt mit der Steue­rung des Betriebs von Pho­to­vol­ta­ik-Anla­gen (PV) und Anla­gen zur Strom-Wär­me-Umwand­lung. Zu nied­ri­ge Tem­pe­ra­tu­ren im Wär­me­netz kön­nen durch zusätz­li­che Wär­me­ein­spei­sung in Ver­bin­dung mit der Steue­rung der Wär­me­spei­cher aus­ge­gli­chen wer­den. Die PV-Anla­gen lie­fern den dazu not­wen­di­gen Strom.

Wei­ter­hin wird es mit der Ein­füh­rung intel­li­gen­ter Wär­me­mess­ein­rich­tun­gen mög­lich sein, das Ver­brauchs­ver­hal­ten im Wär­me­netz zu ana­ly­sie­ren und so zukünf­tig die Ansteue­rung der ein­zel­nen Grup­pen von Wär­me­spei­chern durch die Anwen­dung künst­li­cher Intel­li­genz zu optimieren.

Flexibilität durch Strom-Wärme-Kopplung

Zur Unter­stüt­zung der Fle­xi­bi­li­tät des Wär­me­net­zes und zur Erhö­hung des Antei­les der Erneu­er­ba­ren Wär­me­er­zeu­gung wer­den zwei Sys­te­me jeweils aus einer PV-Anla­ge und einer Power-to-Heat-Anla­ge errich­tet. Der Begriff Power-to-Heat (P2H) steht für die direk­te Umwand­lung von Erneu­er­ba­ren Strom zu Wär­me.  Somit wird im Quar­tier die Anla­gen­ba­sis zur Schaf­fung einer auto­nom gere­gel­ten und mit dem wei­te­ren Stadt­netz ver­bun­de­nen Wär­me­zel­le geschaffen.

Die inner­halb die­ser Wär­me­zel­le erzeug­te Wär­me soll zuneh­mend bilan­zi­ell aus Erneu­er­ba­ren Ener­gien stam­men. Des­halb wird der von PV-Anla­gen erzeug­te Strom nicht pri­mär ver­mark­tet, son­dern weit­ge­hend lokal für den Betrieb der P2H-Anla­gen ein­ge­setzt. Dabei lie­fern die PV-Anla­gen den Strom zuerst an die P2H-Anla­gen zur Ein­spei­sung in das Wär­me­netz auf­grund zu nied­ri­ger Temperaturen.

In Zeit­räu­men ohne Bedarf wären die P2H-Anla­gen aus­ge­schal­tet und der PV-Strom, wür­de in das exter­ne Strom­netz ein­ge­speist. Mit­tels Ener­gie­ma­nage­ment im Quar­tier in Ver­bin­dung mit der Steue­rung der Wär­me­spei­cher kön­nen die P2H-Anla­gen auch ohne Wär­me­be­darf ein­ge­schal­tet wer­den. In die­sem Fal­le wird die hohe Spei­cher­fä­hig­keit des Wär­me­net­zes genutzt, um den Strom trotz­dem lokal zu ver­brau­chen. Die zusätz­li­che Wär­me lässt sich fle­xi­bel für spä­te­re Bedar­fe der Wär­me­nut­zer spei­chern. Ander­seits kann im Fal­le über­schüs­si­ger Wär­me­ein­spei­sung auch der Wär­me­zu­fluss vom exter­nen Fern­wär­me­netz zum Nah­wär­me­netz redu­ziert wer­den. Eine zukünf­ti­ge Steue­rung der Bei­misch­sta­ti­on als Über­ga­be­stel­le erhöht dann den Anteil der Erneu­er­ba­rer Wär­me­er­zeu­gung im Stadt­quar­tier zusätzlich.

Die Fle­xi­bi­li­tät in der Wär­me­er­zeu­gung ermög­licht auch die zum Betrieb erfor­der­li­che Strom­erzeu­gung der PV-Anla­gen fle­xi­bel zu pla­nen sowie über­schüs­si­ge Ener­gie und Fle­xi­bi­li­tät zu ver­mark­ten. Dabei wird in der Umset­zungs­pha­se die Steu­er­bar­keit der Strom­auf­nah­me der P2H-Anla­gen genutzt, um am Regel­en­er­gie­markt teilzunehmen.

Flexibilität für die Ladeinfrastruktur im Quartier

Auf dem Smart City — Quar­tier FRANKLIN wird eine öffent­li­che Lade­infra­struk­tur errich­tet. Im ers­ten Schritt wer­den dazu zwölf Lade­säu­len auf­ge­baut. Es han­delt sich über­wie­gend um Sta­tio­nen mit einer Lade­leis­tung von 22 Kilo­watt. Für deren Ein­satz wird die Garan­tie aus­ge­spro­chen, dass die Maxi­mal­leis­tung jeder­zeit an allen Sta­tio­nen zur Ver­fü­gung steht. Somit steht die Opti­on eines markt­ge­trie­be­nen Last­ma­nage­ment der Lade­infra­struk­tur zur Quar­tiers­op­ti­mie­rung sowie zur Bereit­stel­lung von Fle­xi­bi­li­tät für den Netz­be­trei­ber in der Gelb­pha­se der Netz­am­pel nicht zur Verfügung.

Die Her­aus­for­de­rung besteht also dar­in, bei kri­ti­schen Netz­si­tua­tio­nen auf­grund maxi­ma­ler Lade­leis­tung aller Lade­säu­len fle­xi­ble Ver­brau­cher anzu­steu­ern, die die Mög­lich­keit zur Leis­tungs­be­gren­zung als Sys­tem­dienst­leis­tung bereitstellen.

Die für die Lade­infra­struk­tur benö­tig­te Fle­xi­bi­li­tät kann durch mit PV-Anla­gen und dem Wär­me­netz gekop­pel­te Power-to-Heat-Anla­gen als auch durch die Ener­gie­ma­nage­ment­sys­te­me fle­xi­bler Gebäu­de im Quar­tier bei ent­spre­chen­den Netz­si­tua­tio­nen bereit­ge­stellt wer­den. Damit kann die maxi­mal benö­tig­te Lade­leis­tung jeder­zeit garan­tiert wer­den. Dies ermög­licht das Ener­gie­ma­nage­ment­sys­tem des Stadt­quar­tie­res, das die Leis­tung fle­xi­bler Anla­gen pro­gnos­ti­ziert sowie mit den Ener­gie­ma­nage­ment­sys­te­men der Gebäu­de im Aus­tausch steht.

Eine Her­aus­for­de­rung bleibt, dass die Lade­leis­tung an öffent­li­chen Lade­punk­ten kaum pro­gnos­ti­zier­bar ist, wes­halb das Sys­tem in Echt­zeit auf Leis­tungs­än­de­run­gen reagie­ren muss. Dies begrenzt auch die Ver­markt­bar­keit der Fle­xi­bi­li­tät ent­spre­chen­der Anla­gen und Gebäudenetzanschlüsse.

Die Ver­bin­dung zwi­schen Anla­gen und Ener­gie­ma­nage­ment im Stadt­quar­tier, dem Ener­gie­ma­nage­ment in den Gebäu­den sowie der exter­nen Ver­mark­tung von Fle­xi­bi­li­tät als Regel­en­er­gie unter Berück­sich­ti­gung der Leis­tungs­an­for­de­run­gen der Lade­säu­len zeigt nach­fol­gen­de Abbildung.

EMS in Franklin

Monitoring der Energieflüsse – Basis von Energieeffizienz

Digi­ta­li­sie­rung im Stadt­quar­tier FRANKLIN bedeu­tet, mit­tels einer Platt­form für das Inter­net der Din­ge (Ver­knüp­fung der rea­len Welt über das Inter­net) die Infra­struk­tu­ren für Ener­gie, Mobi­li­tät, Infor­ma­ti­on und Kom­mu­ni­ka­ti­on mit Gebäu­den, Ener­gie­an­la­gen, Ein­rich­tun­gen zum Mes­sen und Steu­ern sowie Sys­te­men zum Gebäu­de­ma­nage­ment zu verbinden.

Wich­ti­ge Grund­la­ge dafür ist die flä­chen­de­cken­de Ein­füh­rung moder­ner Mess­ein­rich­tun­gen. Der Daten­schutz gewähr­leis­ten dabei die Smart Meter Gate­ways (SMGW) als geschütz­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ein­rich­tung.  Der Mess­stel­len­be­trei­ber der MVV Ener­gie AG ermit­telt den Ver­brauch von Strom, Wär­me und Was­ser, aber auch im Quar­tier erzeug­ten Strom und Wär­me. Über den geschütz­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nal lan­den die Zäh­ler­da­ten im Minu­ten­takt beim zer­ti­fi­zier­ten Betrei­ber einer geschütz­ten Platt­form zur Daten­er­he­bung und Wei­ter­lei­tung. Hier­bei wird sicher­ge­stellt, dass der Betrieb nach den Richt­li­ni­en des Gesetz­ge­bers und des Bun­des­am­tes für Sicher­heit in der Infor­ma­ti­ons­ver­ar­bei­tung erfolgt.

Die vom Ener­gie­nut­zer frei­ge­ge­be­nen sowie die im öffent­li­chen Raum erho­be­nen Daten wer­den von die­ser Platt­form an eine siche­re Cloud-Infra­struk­tur der MVV zum Moni­to­ring der Ener­gie­flüs­se im Stadt­quar­tier wei­ter­ge­lei­tet. Damit ent­ste­hen Mehr­wert­diens­te zur Erhö­hung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz sowohl für die Bewoh­ner und Nut­zer in den Gebäu­den als auch für den Betrei­ber der Smart City-Infra­struk­tur im Stadtquartier.

Die siche­re Daten­platt­form des Infra­struk­tur­be­trei­bers ist eben­so Basis der Ver­wen­dung von Mess­da­ten zur Ener­gie­ab­rech­nung und Ver­mark­tung sowie den Pro­zes­sen zur Fle­xi­bi­li­täts­be­stim­mung und für Pro­gno­sen als auch zur Steue­rung von Anla­gen über den siche­ren Steue­rungs­ka­nal (CLS). Auf die­ser Grund­la­ge wirkt das Ener­gie­ma­nage­ment­sys­tems von ABB zur effi­zi­en­ten Füh­rung der Ener­gie­flüs­se im Stadt­quar­tier. Mit die­ser Platt­form demons­triert die MVV eine kon­kre­te Form der Umset­zung des Infra­struk­tur-Infor­ma­ti­ons­sys­tems von C/sells im Rah­men der Ent­wick­lung eines Stadt­quar­tie­res als Ener­gie­zel­le.

Yas­min Lach­mann, Dr. Robert Tho­mann, MVV Ener­gie AG, Mannheim
Andre­as Kieß­ling, ener­gy design & manage­ment con­sul­ting, Lei­men / Heidelberg
Mann­heim — Novem­ber, 2020

Andre­as Kieß­ling, ener­gy design

Über Andreas Kießling 110 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

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