Flexibilität

Flexibilität als Eigenschaft eines zellulären Energiesystems

Flexibilität ist der Schlüssel
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Inhaltsverzeichnis

  1. Hin­ter­grund und Moti­va­ti­on einer C/sells-Arbeits­grup­pe zum regu­la­to­ri­schen Rahmen
  2. Stan­dar­di­sie­rung beschleu­nigt Inno­va­ti­on und schafft Massenfähigkeit
  3. Glos­sar mit Begriffs­sys­tem zum zel­lu­lä­ren Ener­gie­sys­tem als Grund­la­ge von Betei­li­gung und Autonomie
  4. Zel­lu­lä­re Archi­tek­tur und Digitalisierung
  5. Use Case Methodik
  6. Schutz­me­tho­dik — Schutz­be­dürf­nis­se im Energiesystem
  7. Fle­xi­bi­li­tät — Begriff — Kon­zep­te — Modell
  8. Zusam­men­fas­sung der Ergeb­nis­se des Pro­jek­tes C/sells zu gemein­sa­men tech­ni­schen Regeln, Nor­men und Standards

Flexibilität als Eigenschaft eines zellulären Energiesystems

Begriffe

Vor­ran­gi­ge Zie­le der im Glos­sar „Begrif­fe und Model­le zum zel­lu­la­ren Ansatz sowie zu Infra­struk­tur­kom­po­nen­ten“ ein­ge­führ­ten Archi­tek­tur sind

  • Beherr­schung von Kom­ple­xi­tät in einem zuneh­mend dezen­tra­len Energiesystem
  • Erhö­hung der Fle­xi­bi­li­tät im vola­ti­len erneu­er­ba­ren Ener­gie­sys­tem im Sek­to­ren­ver­bund der End­ener­gie­ar­ten Strom, Wär­me, Gas und Ener­gie­trä­ger für Mobi­li­tät sowie zur Eigenoptimierung
  • Erwei­te­rung der Hand­lungs­räu­me für loka­le und regio­na­le Par­ti­zi­pa­ti­on und Eigen­ge­stal­tung im glo­ba­len Verbund
  • Erhö­hung der Resi­li­enz gegen Angrif­fe und Stö­run­gen der ver­netz­ten kri­ti­schen Infrastruktur

Fle­xi­bi­li­tät ist also letzt­end­lich bezo­gen auf den ein­ge­führ­ten Sys­tem­be­griff eine sich zuneh­mend ent­wi­ckeln­de Eigen­schaft des intel­li­gen­ten, erneu­er­ba­ren Energiesystems.

Steuerungskategorien zur Nutzung von Flexibilität

Zwecks Kate­go­ri­sie­rung von Mecha­nis­men zur Steue­rung eines Sys­tems und ins­be­son­de­re deren Anwen­dung für Fle­xi­bi­li­täts­me­cha­nis­men im Ener­gie­sys­tem wer­den fol­gen­de fünf Unter­schei­dungs­merk­ma­le definiert:

  • Signal­weg
  • Steue­rungs­be­reit­schaft
  • Steue­rungs­an­for­de­rung
  • Steue­rungs­aus­lö­sung
  • Steue­rungs­ver­ant­wor­tung

Signalweg

Zwecks Kate­go­ri­sie­rung von Mecha­nis­men zur Steue­rung eines Sys­tems — ins­be­son­de­re zur Nut­zung von Fle­xi­bi­li­tät — wird im ers­ten Schritt Bezug auf das Ener­gie­sys­tem genom­men, wo die wesent­li­chen Attri­bu­te Ener­gie und Infor­ma­ti­on gleich­zei­tig Mit­tel der Beob­ach­tung von Steue­rungs­not­wen­dig­kei­ten sowie der Aus­füh­rung eines Steue­rungs­pro­zes­ses sind. Zur Fall­un­ter­schei­dung dient hier­bei der Signal­weg als ers­te Steue­rungs­ka­te­go­rie (1. Dimen­si­on des Steue­rungs­rau­mes) in nach­fol­gen­der Weise.

Die Beob­ach­tung ener­gie­be­zo­ge­ner Attri­bu­te kann unmit­tel­bar auf phy­si­ka­li­schem Wege zur Steue­rung eines ande­ren ener­gie­be­zo­ge­nen Attri­bu­tes genutzt wer­den, des­sen Beein­flus­sung auf dem Wege der Rück­kopp­lung zur Anpas­sung des beob­ach­te­ten Attri­bu­tes führt. Ein Attri­but in Form einer mess­ba­ren phy­si­ka­li­schen Grö­ße bil­det ein Signal, des­sen Infor­ma­ti­ons­ge­halt unmit­tel­bar auf eine ande­re phy­si­ka­li­sche Grö­ße wirkt, deren Ver­än­de­rung wie­der­um durch Rück­kopp­lung die Aus­gangs­grö­ße anpasst. Hier­zu wird der Begriff der zustands­ba­sier­ten Steue­rung genutzt.

Im ande­ren Fal­le erfolgt die Umwand­lung des durch Beob­ach­tung eines Attri­bu­tes erzeug­ten Signals in eine Nach­richt sowie der Ver­sand der in der Nach­richt ent­hal­te­nen Infor­ma­ti­on zum beob­ach­te­ten Attri­but über einen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nal. Der Emp­fän­ger ver­ar­bei­tet die­se Infor­ma­ti­on zu einer Steu­er­ent­schei­dung und über­trägt wie­der­um über einen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nal die Steu­er­in­for­ma­ti­on als Nach­richt an die aus­füh­ren­de Kom­po­nen­te des Sys­tems, in dem ein Attri­but im Rah­men der kom­mu­ni­ka­ti­ons­ba­sier­ten Steue­rung ange­passt wer­den soll, des­sen Ände­rung eben­so das beob­ach­te­te Attri­but beeinflusst.

Mit der im Glos­sar-Kapi­tel zum Sys­tem­mo­dell geführ­ten Betrach­tung wur­de das Ener­gie­sys­tem als attri­bu­ti­ves Sys­tem beschrie­ben, des­sen jedes Ele­ment sich mit jedem ande­ren Ele­ment der­sel­ben Klas­se in (wenigs­tens) einer Zusam­men­hangs­re­la­ti­on befin­det, der­art, dass die Gesamt­heit der Klas­sen­ele­men­te ein „ein­heit­lich geord­ne­tes Gan­zes“ bleibt. Dies umfasst die prin­zi­pi­el­le Erreich­bar­keit jedes Attri­bu­tes von jedem ande­ren Attri­but ohne Umweg über ein zusätz­li­ches Attri­but (z.B. y in Abhän­gig­keit von x, d.h y(x), aber nicht y in Abhän­gig­keit von t in der Form y(x(t))) [Sta­cho­wi­ak, H. (1973)].

Steuerungsbereitschaft

Des­halb wird als zwei­te Steue­rungs­ka­te­go­rie (2. Dimen­si­on des Steue­rungs­rau­mes) als Steue­rungs­be­reit­schaft mit den zwei Aus­prä­gun­gen expli­zi­te oder impli­zi­te Steue­rung aus Sicht des Anbie­ters einer Steue­rungs­mög­lich­keit definiert.

Die expli­zi­te Steue­rung bedeu­tet, dass der Anbie­ter eines steu­er­ba­ren Sys­tems zulässt, dass bei­spiels­wei­se die Leis­tung P einer Anla­ge nach einer fest ver­ein­bar­ten Steu­er­grö­ße S (z.B. Leis­tungs­dif­fe­renz zu bestimm­ten Zeit­punk­ten), die unab­hän­gig von einer wei­te­ren Varia­ble ist, gesteu­ert wer­den kann (Fle­xi­bi­li­tät). Auf­grund die­ser Unab­hän­gig­keit der Steu­er­grö­ße S von ande­ren Varia­blen ist die zukünf­ti­ge Leis­tung zu bestimm­ten Zeit­punk­ten bekannt und damit fest kal­ku­lier­bar, d.h. L = f(S).

Dage­gen beschreibt die impli­zi­te Steue­rung die Bereit­schaft des Anbie­ters eines steu­er­ba­ren Sys­tems, eine Steu­er­grö­ße S zur Anpas­sung der Leis­tung P als abhän­gi­ge Grö­ße zu erhal­ten, die wie­der­um von einer abhän­gi­gen Varia­ble, z.B. dem Preis PR beein­flusst wird. Bei­spiels­wei­se beein­flusst ein varia­bler Preis die Steu­er­grö­ße und passt damit auch die Leis­tung an. Nur ist die Beein­flus­sung der Steu­er­grö­ße S durch den Preis nicht fest kal­ku­lier­bar, son­dern nur pro­gnos­ti­zier­bar. Der Anbie­ter ermög­licht damit Pro­gno­sen auf sein zukünf­ti­ges Ver­hal­ten, aber kei­ne defi­nier­te Leis­tung, d.h.  L = f(S(PR))

Steuerungsanforderung

Dem Nach­fra­ger der Steue­rungs­mög­lich­keit eines Sys­tems ste­hen nun in ana­lo­ger Wei­se zwei Mög­lich­kei­ten einer drit­ten Steue­rungs­ka­te­go­rie (3. Dimen­si­on des Steue­rungs­rau­mes) als Steue­rungs­an­for­de­rung zur Ver­fü­gung. Einer­seits kann er mit­tels eines Attri­bu­tes, von dem das zu steu­ern­de Attri­but direkt abhän­gig ist, die Mög­lich­keit zur Steue­rung ver­ein­ba­ren. Hier­zu wird der Begriff der direk­ten Steue­rung defi­niert. Im Gegen­satz dazu umfasst der Begriff der indi­rek­ten Steue­rung den Ein­satz eines steu­ern­den Attri­bu­tes, das nur auf dem Ver­mitt­lungs­weg über ein ande­res Attri­but zur Ver­än­de­rung beim zu steu­ern­den Attri­but führt.

Steuerungsauslösung

Zur Unter­schei­dung der Vari­an­ten bei Erbrin­gung der gewünsch­ten Steue­rung wird die vier­te Steue­rungs­ka­te­go­rie (4. Dimen­si­on des Steue­rungs­rau­mes) zur Steue­rungs­aus­lö­sung , z.B. zum Abruf einer ange­bo­te­nen Fle­xi­bi­li­tät, definiert.

Die Steue­rung von Kom­po­nen­ten inner­halb eines Sys­tems kann sowohl auf Basis inter­ner Sys­tem­be­ob­ach­tung und Ana­ly­sen als auch durch exter­ne Beein­flus­sung über die Infor­ma­ti­ons- und Ener­gie­schnitt­stel­len erfol­gen. Hier­bei spielt es kei­ne Rol­le, ob die Ver­bin­dung der Ener­gie­zel­le hori­zon­tal zu einer Ener­gie­zel­le glei­cher Stu­fe oder ver­ti­kal zu einer Ener­gie­zel­le einer ande­ren Stu­fe (ein­bet­ten­de oder unter­ge­ord­ne­te Zel­le) erfolgt. Inso­fern kann der Nach­fra­ger der Steue­rungs­mög­lich­keit den eigent­li­chen Steue­rungs­vor­gang extern aus Sicht des Sys­tems aus­lö­sen (exter­ne Steue­rung) oder einen selbst­tä­ti­gen Aus­lö­sungs­vor­gang inner­halb des Sys­tems (inter­ne Steue­rung) nut­zen.

Steuerungsverantwortung

Wei­ter­hin ist es not­wen­dig, im Fal­le der Aus­lö­sung der Steue­rung eines Sys­tem­at­tri­bu­tes zwei wei­te­re Fäl­le im Rah­men der fünf­ten Steue­rungs­ka­te­go­rie (5. Dimen­si­on des Steue­rungs­rau­mes) zur Steue­rungs­ver­ant­wor­tung fol­gen­der­ma­ßen zu unterscheiden.

Die Steue­rung bezo­gen auf das Sys­tem kann einer­seits dadurch erfol­gen, dass das zu steu­ern­de Attri­but an der Schnitt­stel­le des Sys­tems über eine Manage­ment­kom­po­nen­te des Sys­tems gesteu­ert wird, ohne direkt auf ande­re im Sys­tem ent­hal­te­nen Kom­po­nen­ten oder Unter­sys­te­me ein­zu­wir­ken. Das Sys­tem han­delt hier im Rah­men einer akti­ven Steue­rung auf Basis eige­ner Ana­ly­sen und ent­schei­det, wel­che inter­nen Attri­bu­te der Sys­tem­kom­po­nen­ten dabei gesteu­ert wer­den sollen.

Erfolgt die Steue­rung aber nicht an der Sys­tem­schnitt­stel­le, son­dern wirkt unmit­tel­bar an aus­ge­wähl­ten Attri­bu­ten dedi­zier­ter Kom­po­nen­ten, fin­det eine pas­si­ve Steue­rung statt.

Auf Basis die­ser fünf Dimen­sio­nen des Steue­rungs­rau­mes und den 2 hoch 5 Aus­prä­gun­gen erge­ben sich 32 mög­li­che Kom­bi­na­tio­nen zur Nut­zung von Flexibilität.

Steuerungskategorien anhand ausgewählter Flexibilitätsmechanismen

Das beschrie­be­ne Modell zur Kate­go­ri­sie­rung von Steue­rungs­me­cha­nis­men wird nach­fol­gend am Bei­spiel aus­ge­wähl­ter Mecha­nis­men der Bereit­stel­lung von Fle­xi­bi­li­tät veranschaulicht.

Signalweg

Mit der ers­ten Steue­rungs­ka­te­go­rie wer­den die Signal­we­ge eingeordnet.

Die zustands­ba­sier­te Steue­rung kann auf unter­schied­lichs­ten Zustands­grö­ßen beru­hen. Dies betrifft Netz­zu­stands­grö­ßen wie Fre­quenz, Span­nung und Pha­sen­ver­schie­bung, aber auch ande­re die Ener­gie­flüs­se beein­flus­sen­de Grö­ßen wie die Temperatur.

Bekannt ist die­se Steue­rungs­art bei­spiels­wei­se im Rah­men der Pri­mär­re­ge­lung zur Steue­rung der Netz­fre­quenz. Auf Basis der Beob­ach­tung der Netz­fre­quenz und phy­si­ka­li­scher Rück­kopp­lung ändert sich auto­ma­tisch die Dreh­ge­schwin­dig­keit von Gene­ra­to­ren in Kraft­wer­ken. Mit dem Fort­schritt beim Aus­bau der Erzeu­gung aus erneu­er­ba­ren Ener­gie­quel­len und dem damit ver­bun­de­nen Weg­fall von Kraft­werks­ge­ne­ra­to­ren wer­den zuneh­mend Lösun­gen geschaf­fen, die die Fre­quenz­re­ge­lung mit­tels dezen­tra­ler Elek­tronik­lö­sun­gen ermöglichen.

Ana­lo­ge Ein­rich­tun­gen der Leis­tungs­elek­tro­nik exis­tie­ren zur Anpas­sung der Leis­tung von Strom­ver­brau­chern, wenn die Netz­span­nung die Soll-Gren­zen verlässt.

Auf der ande­ren Sei­te kann die kom­mu­ni­ka­ti­ons­ba­sier­te Steue­rung dadurch erfol­gen, dass die Netz­span­nung an ver­schie­de­nen Netz­an­schluss­punk­ten einer Netz­zel­le gemes­sen und an die in die­sem Netz­ge­biet zustän­di­ge Netz­leit­war­te oder eine intel­li­gen­te Tra­fo­sta­ti­on als Nach­richt über einen siche­ren Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ka­nal über­tra­gen wird.  Algo­rith­men der Sys­te­me in der Leit­war­te tref­fen basie­rend auf erhal­te­nen Infor­ma­tio­nen sowie mit­tels zusätz­li­chen Wis­sens um ver­gan­ge­ne Situa­tio­nen und Pro­gno­sen zur Zukunft Ent­schei­dun­gen, um dann ent­spre­chen­de Steu­er­in­for­ma­tio­nen an Teil­sys­te­me oder Ein­zel­an­la­gen im Netz­ge­biet zu senden.

Im letz­ten Bei­spiel kann die kom­mu­ni­ka­ti­ons­ba­sier­te gegen­über der zustands­ba­sier­ten Steue­rung vor­teil­haft sein, weil es gilt, die Span­nun­gen an ver­schie­de­nen Netz­an­schluss­punk­ten im Zusam­men­hang zu betrach­ten, um das opti­ma­le Steue­rungs­re­gime abzuleiten.

Steuerungsbereitschaft

Die zwei­te Steue­rungs­ka­te­go­rie dient der Ein­ord­nung der Steue­rungs­be­reit­schaft eines Anbie­ters, die hier im spe­zi­el­len Fal­le auf die Bereit­schaft zur Bereit­stel­lung von Fle­xi­bi­li­tät bezo­gen wird.

Denk­bar ist der pro­ak­ti­ve Ver­sand einer Nach­richt durch einen Anschluss­nut­zer im Ein­fa­mi­li­en­haus an sei­nen Ener­gie­lie­fe­ran­ten, die Gerä­te im Wohn­be­reich durch varia­ble Tari­fe in Ver­bin­dung mit einer durch den Dienst­leis­ter bereit­ge­stell­ten Ener­gie­ma­nage­ment­ein­rich­tung impli­zit steu­ern zu las­sen. Die Ände­rung der Ener­gie­nut­zung durch der­ar­tig gesteu­er­te Kom­po­nen­ten beruht auf einem Anreiz­sys­tem. Ver­brauchs­än­de­run­gen sind also nur zu pro­gnos­ti­zie­ren und nicht unmit­tel­bar zu erreichen.

Die Bereit­schaft als Anschluss­nut­zer, die Ener­gie­nut­zung bezo­gen auf das Ein­fa­mi­li­en­haus oder nur in Bezug auf Ein­zel­an­la­gen (z.B. Wär­me­pum­pe, Lade­punkt Elek­tro­mo­bi­li­tät) durch zuge­ord­ne­te und vor­ge­ge­be­ne Fahr­plä­ne (fixe Leis­tungs­ver­ein­ba­run­gen zu bestimm­ten Zeit­pe­ri­oden) zu ver­ein­ba­ren, wird bei expli­zi­ten Steue­run­gen genutzt, wobei die Vor­lauf­zeit zwi­schen Fle­xi­bi­li­täts­ver­ein­ba­rung und ‑erbrin­gung stark vari­ie­ren kann.

Steuerungsanforderung

In ana­lo­ger Wei­se kön­nen die Mecha­nis­men des Nut­zers von Steue­rungs­mög­lich­kei­ten bei der Steue­rungs­an­for­de­rung nach­fol­gend in spe­zi­el­ler Wei­se für die Anfor­de­rung von Fle­xi­bi­li­tät ein­ge­ord­net werden.

Die direk­te Steue­rung basiert ana­log zur expli­zi­ten Bereit­schaft eines Fle­xi­bi­li­täts­an­bie­ters mit fest ver­ein­bar­ten Fahr­plä­nen auf der Über­sen­dung von Fahr­plä­nen durch den Fle­xi­bi­li­täts­nut­zer. Dage­gen umfasst die indi­rek­te Steue­rung die Über­sen­dung von varia­blen Anreiz­si­gna­len (z.B. Prei­sen), nach­dem der Anbie­ter von Fle­xi­bi­li­tät sei­ne Bereit­schaft zur impli­zi­ten Steue­rung mit­ge­teilt hat.

Bei­spiels­wei­se kann die direk­te Steue­rung durch einen Betrei­ber eines Ver­teil­net­zes inner­halb einer defi­nier­ten Netz­zel­le (Nie­der­span­nungs­zel­le im Ver­teil­netz der Ort­schaft) dadurch ange­for­dert wer­den, dass eine maxi­ma­le Leis­tung zuge­ord­net wird. Je nach­dem, ob mit die­ser Steue­rungs­an­for­de­rung die Steue­rungs­aus­lö­sung dedi­ziert an einem Anschluss­punkt oder nur als Wert über das gesam­te Netz­ge­biet der Zel­le benö­tigt wird, wer­den jeweils zwei Bei­spiel­ver­fah­ren im fol­gen­den Abschnitt zur Steue­rungs­aus­lö­sung und zur Steue­rungs­ver­ant­wor­tung beschrieben.

Zusätz­lich ist die Fra­ge zu beant­wor­ten, ob die Bereit­schaft eines Anbie­ters zur impli­zi­ten Steue­rung mit einer direk­ten Steue­rungs­mög­lich­keit beant­wor­tet wer­den kann. Erst in die­sem Fal­le ist die Tren­nung in die zwei­te und drit­te Steue­rungs­ka­te­go­rie sinn­voll. Als Bei­spiel soll hier genannt wer­den, dass eine mit­ge­teil­te Bereit­schaft des Fle­xi­bi­li­täts­an­bie­ters zur impli­zi­ten Steue­rung durch ein direk­tes Steue­rungs­si­gnal des Fle­xi­bi­li­täts­nut­zers im Not­fall oder ver­trag­lich unter bestimm­ten Bedin­gun­gen ver­ein­bart über­steu­ert wer­den könnte.

Steuerungsauslösung

Die Steue­rungs­aus­lö­sung wur­de als vier­te Steue­rungs­ka­te­go­rie defi­niert und betrifft mit nach­fol­gen­den Bei­spie­len ins­be­son­de­re die Flexibilitätsauslösung.

Hier­bei erfolgt zur Kate­go­ri­sie­rung von Mecha­nis­men die Ein­ord­nung des die Steue­rung aus­lö­sen­den Akteurs bezüg­lich der Sys­tem­gren­zen. Grund­la­ge ist die Defi­ni­ti­on eines Sys­tems im räum­li­chen Zusam­men­hang, das als Ener­gie­zel­le mit fest­ge­leg­ten Sys­tem­gren­zen zur Umge­bung defi­niert wird. Mit Aus­lö­sung der Fle­xi­bi­li­täts­be­reit­stel­lung inner­halb der defi­nier­ten Räu­me durch einen außer­halb die­ser Gren­zen wir­ken­den Akteur wird der Begriff der exter­nen Steue­rung genutzt. Dies betrifft bei­spiels­wei­se das als Aggre­ga­tor wir­ken­de vir­tu­el­le Kraft­werk, beim Abruf einer vor­her mit dem Betrei­ber eines Gebäu­des, in dem Erzeu­gungs­an­la­gen instal­liert sind, ver­ein­bar­ten Leis­tungs­än­de­rung (Fle­xi­bi­li­tät) zu einem defi­nier­ten Zeitpunkt.

Hier­zu zählt aber auch die Mög­lich­keit, dass ein Netz­be­trei­ber von der Leit­war­te aus für eine in das Ver­teil­netz ein­ge­la­ger­te Nie­der­span­nungs­zel­le die Maxi­mal­leis­tung an einem Anschluss­punkt oder als Gleich­zei­tig­keits­quo­te für den Betrieb von Anla­gen in der jewei­li­gen Netz­zel­le vorgibt.

Ana­log wirkt bei der inter­nen Steue­rung ein Akteur inner­halb der Sys­tem­gren­zen als Aus­lö­ser der Fle­xi­bi­li­täts­be­reit­stel­lung. Als Bei­spiel sei hier der Abruf einer unvor­her­ge­se­he­nen Ener­gie­men­ge für einen Lade­vor­gang des Elek­tro­fahr­zeu­ges aus einer Bat­te­rie durch das Ener­gie­ma­nage­ment­sys­tem des Gebäu­des genannt, wenn der Lade­vor­gang ansons­ten zu einer Über­schrei­tung der ver­ein­bar­ten Spit­zen­last am Netz­an­schluss des Gebäu­des füh­ren würde.

Die inter­ne Steue­rung trä­fe eben­so zu, wenn durch eine intel­li­gen­te Tra­fo­sta­ti­on inner­halb der in das Ver­teil­netz ein­ge­la­ger­ten Nie­der­span­nungs­zel­le die Maxi­mal­leis­tung an einem Anschluss­punkt oder als Gleich­zei­tig­keits­quo­te für den Betrieb von Anla­gen in der jewei­li­gen Netz­zel­le vor­ge­ge­ben wird.

Steuerungsverantwortung

Mit der fünf­ten Steue­rungs­ka­te­go­rie wird die jewei­li­ge Steue­rungs­ver­ant­wor­tung herangezogen.

Zum Bei­spiel kann im Fal­le der exter­nen Steue­rung durch einen Aggre­ga­tor die Steue­rungs­aus­lö­sung an das Ener­gie­ma­nage­ment­sys­tem des jewei­li­gen am Netz­an­schluss zu steu­ern­den Sys­tems wie im Fal­le eines Gebäu­des oder Stadt­quar­tie­res – über­ge­ben wer­den. Wenn nun das adres­sier­te Manage­ment­sys­tem selb­stän­dig über den opti­ma­len Ein­satz der Anla­gen oder Teil­sys­te­me im Gebäu­de oder im Stadt­quar­tier ent­schei­det, um die durch den Aggre­ga­tor am Netz­an­schluss beab­sich­ti­ge Leis­tungs­än­de­rung zu errei­chen, soll der Begriff der akti­ven Steue­rung zur Kate­go­ri­sie­rung benutzt werden.

Adres­siert dage­gen der Aggre­ga­tor die Nach­richt zur Fle­xi­bi­li­täts­aus­lö­sung direkt an ein­zel­ne Anla­gen oder Teil­sys­te­me inner­halb des Gebäu­des als Sys­tem­zel­le, wirkt das Gebäu­de als Zel­le mit Manage­ment­sys­tem nicht am Vor­gang zur Fle­xi­bi­li­täts­aus­lö­sung mit. In die­sem Fal­le wird von der pas­si­ven Steue­rung gesprochen.

Ana­log kann fol­gen­des Bei­spiel den Unter­schied die­ser Steue­rungs­ar­ten ver­deut­li­chen. Wenn der Netz­be­trei­ber, star­tend in der Leit­war­te des gesam­ten Ver­teil­net­zes, eine Leis­tungs­be­gren­zung an einem Über­ga­be­punkt in die höhe­re Span­nungs­ebe­ne einer bestimm­ten, ein­ge­la­ger­ten Nie­der­span­nungs­zel­le errei­chen möch­te, exis­tie­ren fol­gen­de zwei Mög­lich­kei­ten. Ers­tens kann eine Anfor­de­rung von der Netz­leit­war­te aus, also extern bezo­gen auf die Ver­teil­netz­zel­le, unmit­tel­bar an eine pas­sen­de Anla­ge in der Nähe des Über­ga­be­punk­tes wei­ter­ge­ge­ben wer­den. In die­sem Fal­le wirkt die intel­li­gen­te Tra­fo­sta­ti­on als Manage­ment der Ver­teil­netz­zel­le im Rah­men der pas­si­ven Steue­rung nicht mit.

Wird die Fle­xi­bi­li­tät in Form einer Leis­tungs­än­de­rung am Über­ga­be­punkt benö­tigt, ohne Bezug auf eine bestimmt Anla­ge neh­men zu müs­sen, kann die Anfor­de­rung von der Leit­war­te an die intel­li­gen­te Tra­fo­sta­ti­on gesen­det wer­den, um dort im Rah­men der akti­ven Steue­rung zu ent­schei­den, wel­che pas­sen­den Anla­gen inner­halb der Zel­le gesteu­ert werden.

Beispiel zum Zusammenwirken der Steuerungskategorien

Eine Regio­nal­netz­be­trei­ber möch­te im Rah­men sei­ner Ver­ant­wor­tung für eine Regio­nal­netz­zel­le an eine ein­ge­bet­te­te Ver­teil­netz­zel­le einer Ort­schaft die Anfor­de­rung bezüg­lich einer Quo­te zur maxi­ma­len Gleich­zei­tig des Betrie­bes von bestimm­ten Anla­gen­grup­pe (Nacht­spei­cher­hei­zun­gen, Wär­me­pum­pen und Lade­punk­te der Elek­tro­mo­bi­li­tät) sen­den. Dabei soll für den Signal­weg die kom­mu­ni­ka­ti­ons­ba­sier­te Steue­rung genutzt wer­den, um abhän­gig von wei­te­ren Ein­fluss­fak­to­ren über die Aus­wahl der mit­wir­ken­den Anla­ge­grup­pen ent­schei­den zu können.

Vor Adres­sie­rung der­ar­ti­ger Steue­rungs­an­lie­gen fin­det eine lang­fris­ti­ge, ver­trag­li­che Allo­ka­ti­on von Anla­gen statt, zu denen die Anla­gen­be­trei­ber ihre Steue­rungs­be­reit­schaft auf Basis defi­nier­ter Leis­tungs­zu­wei­sun­gen zu bestimm­ten Zeit­punk­ten ver­ein­ba­ren, womit die expli­zi­te Steue­rung ihren Ein­satz­fall findet.

Der Betrei­ber des Regio­nal­net­zes beab­sich­tigt nun, die Steue­rungs­an­for­de­rung mit­tels direk­ter Steue­rung jeden Tag zu einer bestimm­ten Zeit an die Ver­teil­net­ze als ein­ge­la­ger­te Netz­zel­len mit fest­ge­leg­ten Leis­tun­gen an Über­ga­be­punk­ten oder maxi­ma­len Gleich­zei­tig­keits­fak­to­ren für Anla­ge­grup­pen in den Ver­teil­net­zen zu senden.

Da die Steue­rungs­aus­lö­sung von außer­halb der Sys­tem­gren­zen der Ver­teil­netz­zel­len statt­fin­det, han­delt es sich hier­bei um eine exter­ne Steue­rung.

Mit Ver­sand der Signa­le direkt an Ein­zel­an­la­gen inner­halb der Ver­teil­net­ze wird die Steue­rungs­ver­ant­wor­tung durch die Leit­war­ten der Ver­teil­netz auch an den Regio­nal­netz­be­trei­ber abge­ge­ben, womit die pas­si­ve Steue­rung aus Sicht der VNBs statt­fin­det. Mit Ver­sand einer Quo­te an Markt­sys­te­me in Ver­teil­net­zen, die dann im Zuge von Han­dels­ver­fah­ren Anla­gen der betrof­fe­nen Grup­pen zur gewünsch­ten Leis­tungs­än­de­rung im Ver­teil­netz mit fes­ten Leis­tungs­än­de­run­gen agg­re­gie­ren, um die Quo­te zu erfül­len, wird die akti­ve Steue­rung durch Sys­te­me im betrof­fe­nen Netz eingesetzt.

Zur Anwen­dung auf ande­re Bei­spie­le im Zusam­men­hang wei­te­rer Kon­zep­te für Fle­xi­bi­li­tät sowie der Model­lie­rung des Daten­ob­jek­tes Fle­xi­bi­li­tät wird auf fol­gen­de Quel­le verwiesen.

Quellen

Kieß­ling, A. et al (02/2020): Grund­la­gen der Mas­sen­fä­hig­keit. Metho­den und Model­le für Ter­mi­no­lo­gie, Use Case- und Sicher­heits­ana­ly­se sowie Fle­xi­bi­li­täts­mo­del­lie­rung. Inter­ope­ra­bi­li­tät durch ver­ein­bar­te Regeln, Stan­dards und Nor­men. Fle­xi­bi­li­täts­me­tho­dik. Von https://www.csells.net/de/ergebnisse-c-sells/arbeitspakete/45-arbeitspaket1‑2.html abgerufen

Lei­men, den 31. März 2021

Andre­as Kieß­ling, ener­gy design

Über Andreas Kießling 111 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

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