Unendliche Geschichte vom Smart Metering

Lehren zur Erhaltung der Innovationsfähigkeit eines Landes

Unendliche Geschichte vom Smart Metering
Unendliche Geschichte vom Smart Metering, (Foto: copyright 2019 by Andreas Kießling)

Vorwort

Auf­ge­schrie­ben wird hier die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing in Deutsch­land. Dabei soll deren Erzäh­lung kei­nen Pes­si­mis­mus ver­brei­ten. Noch kön­nen wir auf den guten Aus­gang der Geschich­te hof­fen. Aber der Ver­lauf die­ser Rei­se offen­bart uns man­che Leh­re, wie Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit eines Lan­des sowie sei­ner Wis­sen­schaft­ler und Inge­nieu­re nicht in Büro­kra­tie und detail­ver­lieb­ter Plan­wirt­schaft erstickt wer­den sollte.

Denk‘ ich an Deutsch­land in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“ (Hein­rich Heine)

Es war einmal

Es war ein­mal eine Bun­des­re­gie­rung in der ers­ten Regie­rungs­pe­ri­ode der Jah­re 2005 bis 2009 von Mut­ti Mer­kel zusam­men mit den Sozi­al­de­mo­kra­ten. Die­se Bun­des­re­gie­rung woll­te im Jah­re 2007 die Aktua­li­sie­rung eines Geset­zes ver­ab­schie­den, das den Ursprung für die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing beinhaltete.

Dabei ging es im Rah­men des Ener­gie­wirt­schafts­ge­set­zes um die Libe­ra­li­sie­rung des Mess­we­sens. Dies klingt nicht beson­ders span­nend, aber hier­mit soll­te die Auf­merk­sam­keit auf ein wich­ti­ges The­ma gelenkt werden.

Im Jah­re 2000 defi­nier­te Euro­pa die Grund­la­gen sei­ner Kli­ma­po­li­tik. Die Beschleu­ni­gung die­ser Poli­tik erfolg­te mit der Ver­ab­schie­dung der euro­päi­schen Ener­gie­stra­te­gie im Jah­re 2007. Dazu gehö­ren die Reduk­ti­on des Koh­len­di­oxid­aus­stos­ses und der Aus­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien. Die­se Stra­te­gie beschrieb aber auch die Not­wen­dig­keit zur Erhö­hung der Ener­gie­ef­fi­zi­enz. Es geht dar­um, für das glei­che Ergeb­nis weni­ger Ener­gie zu benö­ti­gen. Damit ver­bun­den war die Hoff­nung, dass die zeit­na­he Ver­an­schau­li­chung der Ener­gie­nut­zung beim Ver­brau­cher das Bewusst­sein für mög­li­che Ener­gie­spar­maß­nah­men erhö­hen wür­de. Digi­ta­le Ener­gie­mess­ein­rich­tun­gen, die unter dem nicht so bevöl­ke­rungs­na­hen Begriff Smart Meter­ing allen Staa­ten der euro­päi­schen Uni­on drin­gend emp­foh­len wur­den, soll­ten die Grund­la­ge bilden.

In Deutsch­land war nun die Hoff­nung groß, dass ein frei­er Markt im Bereich des Mess­we­sens bald eine Viel­falt von Gerä­ten und Diens­ten für den Ver­brau­cher bereit­stel­len wür­de. Die genann­te Geset­zes­ak­tua­li­sie­rung soll­te also den Rah­men für die not­wen­di­ge Libe­ra­li­sie­rung schaf­fen. Die Idee bestand dar­in, dass neue Mess­ge­rä­te die ver­staub­te, Jahr­zehn­te alte Tech­nik erset­zen. Die neu­en Gerä­te soll­ten digi­tal und fern­aus­les­bar sein, womit neue Dienst­leis­tun­gen über das Inter­net zur Ver­an­schau­li­chung der Ener­gie­nut­zung mög­lich wur­den. Aber die Rech­nung wur­de ohne den Amts­schim­mel gemacht. Wäh­rend der Bun­des­tag den Vor­schlag der Bun­des­re­gie­rung schon abge­seg­net hat­te, wit­ter­ten die Län­der mit fern­aus­les­ba­ren Mess­ge­rä­ten die Kun­den­über­wa­chung. Ein Kom­pro­miss wur­de erst im Jah­re 2008 geschlos­sen, um nun end­lich den Markt mit digi­ta­len Strom­zäh­lern ohne Fern­aus­le­sung zu beglücken.

Fortsetzung

Die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing setz­te sich in der Regie­rungs­pe­ri­ode zwi­schen 2009 bis 2013 von Mut­ti Mer­kel zusam­men mit den Frei­de­mo­kra­ten fort.

Für die Bun­des­re­gie­rung arbei­tet eine Viel­zahl von Minis­te­ri­en mit einem gro­ßen Appa­rat an Beam­ten. Die Aktua­li­sie­rung der Ener­gie­wirt­schafts­ge­set­ze und damit die Libe­ra­li­sie­rung des Mess­we­sens lagen in den Hän­den des Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums. Dort wie­der­um gab es zwei Berei­che, die sich nicht so freund­schaft­lich ver­bun­den waren. Es gab ein Geran­gel um Zustän­dig­kei­ten. Dem einen Bereich gehör­ten die Ener­gie­the­men, ver­bun­den mit einem Wirt­schafts­zweig, der Deutsch­land gemein­sam mit der Auto­in­dus­trie vor 100 Jah­ren zu Reich­tum ver­half. Der ande­re Bereich ver­ant­wor­te­te die The­men rund um Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien. Hier­zu gehört natür­lich das Inter­net, das Mut­ti bis vor weni­gen Jah­ren noch als Neu­land bezeich­ne­te. Hier ist Deutsch­land lei­der nicht so erfolg­reich wie Län­der und Unter­neh­men im wei­ten Wes­ten und dem genau­so wei­ten Osten.

Nun wäre der Fort­schritt beim Aus­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien durch Mut­ti und die Ver­tre­ter der alten Indus­trie­zwei­ge Deutsch­lands bei­na­he aus­ge­bremst wor­den. Die neue Koali­ti­on ent­schied sich auf Druck von Lob­by­is­ten der Ener­gie­wirt­schaft, den Betrieb der Kern­kraft­wer­ke zu verlängern.

Aber es gab einen Tag, der die Spiel­re­geln radi­kal ver­än­der­te. Auf­grund eines sehr schwe­ren Erd­be­bens am 11. März 2011 kam es zur Kata­stro­phe im japa­ni­schen Kern­kraft­werk von Fuku­shi­ma. In der Fol­ge ver­sag­te die Küh­lung und meh­re­re der Kraft­werks­blö­cke explo­dier­ten durch den bei der Über­hit­zung frei­wer­den­den Was­ser­stoff. Eine gan­ze Regi­on Japans wur­de auf Ewig­kei­ten radio­ak­tiv ver­seucht. Die nun wei­se­re Mut­ti ent­schied sich zur Rich­tungs­än­de­rung bei der Ener­gie­po­li­tik Deutsch­lands. Die Erneu­er­ba­ren Ener­gien konn­ten wie­der ver­stärkt aus­ge­baut werden.

E‑Energy

Gleich­zei­tig wirk­te seit 2007 im zweit­ge­nann­ten Bereich des Wirt­schafts­min­s­te­ri­ums ein inno­va­ti­ver Refe­rent. Die­ser agi­le und außer­ge­wöhn­li­che Ver­tre­ter des Beam­ten­ap­pa­ra­tes hat­te die Idee, den elek­tro­ni­schen The­men der Jahr­tau­send­wen­de unter den kryp­ti­schen Titeln E‑Commerce, E‑Business, E‑Government ein geför­der­tes Pro­jekt unter dem Titel E‑Energy hin­zu­zu­fü­gen. Die­ses Pro­gramm soll­te hel­fen, den Umbau des Ener­gie­sys­tems ent­spre­chend den euro­päi­schen Zie­len vor­an­zu­brin­gen. Damit ver­bun­den waren natür­lich Lösun­gen zur Libe­ra­li­sie­rung des Mess­we­sens unter dem Begriff Smart Meter­ing. Nun hat­te aber der Kom­pro­miss von 2008 dem Pro­jekt E‑Energy ein fau­les Ei gelegt. Wie kann eine zeit­na­he Ana­ly­se der Ver­bräu­che für Ener­gie­nut­zer ohne Daten­schnitt­stel­le umge­setzt wer­den? Mess­da­ten soll­ten in Peri­oden von Minu­ten oder gar Sekun­den Ver­brau­chern oder Dienst­leis­tern zuge­führt wer­den. Die Fern­aus­le­sung und die Nut­zung von Mess­da­ten für ver­schie­de­ne Dienst­leis­tun­gen wur­den im Rah­men von E‑Energy gefordert.

Erneut kam es zur Kon­fron­ta­ti­on mit den Daten­schüt­zern. Mit Mess­da­ten bis in den Sekun­den­be­reich lässt sich das Ver­hal­ten des Ener­gie­nut­zers in einer Woh­nung erschließen.

Die Schluss­fol­ge­rung war grund­sätz­lich kor­rekt. Das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um beauf­trag­te eine unter­ge­ord­ne­te Behör­de – das Bun­des­auf­sichts­amt für Sicher­heit in der Infor­ma­ti­ons­tech­nik, kurz BSI – mit der Erstel­lung einer Vor­schrift zum Schutz der Mess­da­ten. Es soll­te sicher­ge­stellt wer­den, dass die Mess­da­ten nur deren Besit­zer oder durch ihn ver­trag­lich beauf­trag­te Dienst­leis­ter erhalten.

Die Orga­ni­sa­ti­on der Aus­füh­rung war ver­hee­rend für den Fort­schritt bei der Ver­brei­tung von Smart Meter­ing. Der Vor­schlag der Indus­trie bestand dar­in, durch das BSI Anfor­de­run­gen an die neu­en Mess­ge­rä­te fest­zu­le­gen und die anfor­de­rungs­ge­rech­te Umset­zung den Unter­neh­men zu über­las­sen, um dann wie­der­um die Aus­füh­rung zu prüfen.

Statt­des­sen wähl­ten BSI und Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um ein ande­res Ver­fah­ren. Hier­bei soll­te die Behör­de mit ihren ein­ge­schränk­ten Res­sour­cen sowohl die Anfor­de­run­gen als auch die tech­ni­sche Umset­zung bestim­men. Im Jah­re 2013 soll­te das Ergeb­nis fest­ste­hen, um im Jah­re 2014 Gerä­te ent­wi­ckeln zu kön­nen. Die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing ging in die nächs­te Runde.

Mutti’s dritter Streich

Mut­ti erhielt im Auf­trag des Vol­kes eine drit­te Regie­rungs­pe­ri­ode zwi­schen den Jah­ren 2013 und 2017, nun aber wie­der ver­eint mit den Sozialdemokraten.

Dazu gehör­te jetzt ein männ­li­ches Alpha­tier aus dem frem­den Lan­de Nie­der­sach­sen. Den Titel Vati hat er nie erhal­ten, doch auch er woll­te spä­ter ein­mal Bun­des­kanz­ler wer­den. Wenn es aber um Ener­gie geht, sind die Sozi­al­de­mo­kra­ten gespal­ten. Die eine Sei­te fin­det Erneu­er­ba­re Ener­gien sehr gut. Aber deren Ver­tre­ter aus den Koh­le­län­dern sind gegen Wind­rä­der und Strom von der Son­ne. Sie lie­ben die gro­ßen Löcher in der Erde, aus denen man die schwar­ze und brau­ne Koh­le zum Ver­bren­nen in gro­ßen Kraft­wer­ken holt. Das vie­le Koh­len­di­oxid in der Luft fin­den sie auch nicht so schlimm, denn die Kli­ma­e­er­wär­mung ist doch kein Pro­blem. Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen gab es schließ­lich schon immer, oder?

Ausflug zum Erdklima

Rich­tig, doch in den letz­ten 8000 Jah­ren schwank­ten die Tem­pe­ra­tu­ren auf der Erde um rund 1,5 Grad. Aktu­ell ver­zeich­nen wir eine Erhö­hung von einem Grad in den letz­ten 50 Jah­ren und wei­te­re zwei Grad wer­den bis zum Jahr 2100 vor­her­ge­sagt. Die mitt­le­re Tem­pe­ra­tur der Erde erhöht sich also seit 1970 um zwei bis drei Grad inner­halb von 130 Jah­ren. Wir ste­hen dann mit über 17 Grad Cel­si­us Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur an der obe­ren Kan­te der nach­fol­gen­den Abbil­dung aus dem Jah­re 1995. Seit­dem stieg die Tem­pe­ra­tur schon um wei­te­re 0,5 Grad. Die­se Ände­rungs­ra­te wur­de ledig­lich am Ende der letz­ten Eis­zeit vor 8000 bis 10000 Jah­ren über­trof­fen. Von den ver­hee­ren­den Aus­wir­kun­gen der Sint­flut zu die­ser Zeit hat wahr­schein­lich jeder­mann gehört. Aber wir haben kei­ne 2000 Jah­re Zeit zur Anpas­sung, son­dern der Pro­zess voll­zieht sich inner­halb eines Jahrhunderts!

Temperaturschwankungen in 11000 Jahren

Bild: Boden­na­he nord­he­mi­sphä­ri­sche Mit­tel­tem­pe­ra­tu­ren der letz­ten 11.000 Jah­re nach Dans­gaard (1969) und Schön­wie­se (1995), (aus KIHZ, 2000)

Lenker der Energiewende verwechseln Gas und Bremse

Wir waren vor dem Aus­flug zum Kli­ma bei Mutti’s drit­tem Streich ste­hen­ge­blie­ben. Die Zustim­mung zum Ver­trag der neu­en Koali­ti­on war geprägt vom Streit zwi­schen den Ver­fech­tern der Koh­le­en­er­gie und der Erneu­er­ba­ren Ener­gie. Die mit­glie­der­stärks­ten Orga­ni­sa­tio­nen kamen aus den Koh­le­re­gio­nen und der Rest ist Geschich­te. Die poli­ti­schen Len­ker der Ener­gie­wen­de rutsch­ten vom Gas­pe­dal auf die Brem­se. Zwei Jah­re gin­gen ins Land, bevor wei­te­re Ent­schei­dun­gen getrof­fen wurden.

Statt den Schwung der E‑Ener­gy-Pro­jek­te zu nut­zen, star­te­ten neue rele­van­te För­der­pro­gram­me unter den Titeln „Intel­li­gen­te Net­ze“ und „Schau­fens­ter intel­li­gen­te Ener­gie — SINTEG“ erst in den Jah­ren 2016 und 2017.

Die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing hat­te Sen­de­pau­se. Statt Ver­ab­schie­dung der Anfor­de­run­gen und Umset­zungs­vor­schrif­ten im Jah­re 2013 ver­ging das Jahr 2014. Die deut­sche Ener­gie­wirt­schaft und Indus­trie war­te­te auch im Jah­re 2015 auf Ent­schei­dun­gen und war­te­te und wartete.

Im Jah­re 2016 soll­te es end­lich soweit sein, dach­te man. Das Digi­ta­li­sie­rungs­ge­setz und damit die Vor­schrif­ten zur Ver­brei­tung digi­ta­ler und fern­aus­les­ba­rer Mess­ein­rich­tun­gen wur­den ver­ab­schie­det. Das Jahr 2017 soll­te das Jahr der ers­ten Gerä­te sein. Aber auch die­ses Jahr zer­rann ergebnislos.

Auf ein Neues

Es folg­te die Regie­rungs­pe­ri­ode zwi­schen 2017 und 2021. Mut­ti gewann zum vier­ten Mal den Jack­pot. Aber nie­mand woll­te wirk­lich mit ihr regie­ren. Die Sozi­al­de­mo­kra­ten fie­len nach dem gleich am Wahl­abend abge­be­nen Ver­zicht auf die Regie­rungs­be­tei­li­gung wie­der um und betei­lig­ten sich doch.

Dank halb­jäh­ri­ger Kom­pro­miss­bil­dung in der unge­lieb­ten Gemein­schaft fiel die Prio­ri­tät von Maß­nah­men zur Ener­gie­wen­de wei­ter. Aus dem inter­na­tio­na­len Vor­rei­ter der Ener­gie­wen­de wird ein Nach­züg­ler, der sei­ne eige­nen Zie­le nicht erfüllt. Die euro­päi­sche För­de­rung der dezen­tra­len Ener­gie­wen­de mit Eigen- und Mie­ter­strom­kon­zep­ten spielt in Deutsch­land kei­ne Rol­le. Bür­ger­ge­nos­sen­schaf­ten und regio­na­le Initia­ti­ven wer­den mit Aus­schrei­bungs­mo­del­len, die nur gro­ße Anbie­ter finan­zi­ell stem­men kön­nen, behin­dert. Deckel für die För­de­rung erneu­er­ba­rer Ener­gie­an­la­gen las­sen den Aus­bau dra­ma­tisch ein­bre­chen. Wich­ti­ge The­men wie Elek­tro­mo­bi­li­tät, För­de­rung von Ener­gie­spei­chern und die inte­grier­te Betrach­tung der Sek­to­ren Strom, Wär­me und Gas wer­den stief­müt­ter­lich behan­delt. Das not­wen­di­ge Markt­de­sign für Erneu­er­ba­re Ener­gien wird nicht gestal­tet. Statt­des­sen wer­den die Erneu­er­ba­ren in das Markt­re­gime der kon­ven­tio­nel­len Kraft­wer­ke gezwängt.

Das unsee­li­ge Ver­fah­ren, Anfor­de­run­gen, Umset­zungs­fest­le­gun­gen und Zer­ti­fi­zie­rung von Mess­ein­rich­tun­gen beim BSI-Appa­rat mit dem ent­spre­chen­den Fla­schen­hals auf­grund nicht aus­rei­chen­der Res­sour­cen zu belas­sen, ver­zö­gert die Markt­ein­füh­rung von Smart Meter­ing weiter.

Im Jah­re 2017 star­te­te das neue För­der­pro­jekt unter der Bezeich­nung SINTEG. Auf­trag die­ses Pro­gram­mes ist es ins­be­son­de­re, den Roll­out intel­li­gen­ter Mess­sys­te­me in Gang zu brin­gen. Die ers­ten Gerä­te soll­ten nun end­lich im Jah­re 2018 zur Ver­fü­gung ste­hen. Aber auch die­ses Jahr ver­ging und die Indus­trie war­te­te wei­ter­hin auf erfolg­rei­che Zertifizierungen.

Aber es geschah ein Wun­der. Zu Beginn des Jah­res 2019 konn­te die ers­te Zer­ti­fi­zie­rung ver­zeich­net wer­den. Der Her­stel­ler PPC bewies unter die­sen ungüns­ti­gen Umstän­den ein lan­ges Durch­hal­te­ver­mö­gen und erreich­te als Ers­ter die Ziel­li­nie. Das Gesetz schreibt aber zur Markt­ein­füh­rung die Zer­ti­fi­zie­rung von drei Her­stel­lern vor. Akteu­re des Ener­gie­mark­tes war­ten also wei­ter auf den Erfolg von Geschäfts­mo­del­len, die auf den neu­en Mess­sys­te­men basieren.

Die unendliche Geschichte vom Smart Metering und kein Ende

Zwölf Jah­re waren seit 2007 mit der ers­ten poli­ti­schen Initia­ti­ve zu neu­en Mess­sys­te­men ver­gan­gen. Vier ver­schie­de­ne Regie­rungs­ko­ali­tio­nen agier­ten unter Füh­rung von Mut­ti Mer­kel. Zwölf Jah­re ver­stri­chen in Deutsch­land bis zu ers­ten zer­ti­fi­zier­ten Geräten.

Das ers­te Smart­phone – das iPho­ne — wur­de am 9. Janu­ar 2007 von Ste­ve Jobs vor­ge­stellt, inzwi­schen viel­fäl­tig ver­än­dert und kopiert. Der Akti­en­kurs von Ama­zon stand 2007 bei 50 Dol­lar und steht nun bei knapp 2000 Dol­lar. Net­flix brach­te es damals auf 3 Dol­lar und besitzt heu­te einen Kurs in 120-facher Höhe. Im Jah­re 2002 grün­de­te Elon Musk Tes­la und beschloss 2003 Rake­ten für den Flug zum Mars zu ent­wi­ckeln. Inzwi­schen beför­dert SpaceX regel­mä­ßig Mate­ri­al zur Raum­sta­ti­on ISS.

Die für intel­li­gen­te Mess­sys­te­me ent­ste­hen­den Platt­for­men soll­ten Grund­la­ge für eine siche­re Inte­gra­ti­on von Ener­gie­an­la­gen in das Inter­net sowie das Ener­gie­ma­nage­ment in Gebäu­den sein. Künst­li­che Intel­li­genz soll­te unter­stüt­zen, den Ener­gie­ver­brauch zu sen­ken und Ener­gie­ef­fi­zi­enz zu erhöhen.

Das Aus­brem­sen der Ener­gie­wen­de durch die unge­eig­ne­te Vor­ge­hens­wei­se zur Gestal­tung tech­ni­scher Infra­struk­tu­ren führ­te dazu, dass Deutsch­land sei­ne inter­na­tio­na­le Füh­rungs­rol­le ver­lor. Chi­na über­nahm gern die­se Rol­le. Zusätz­lich bie­ten die gro­ßen Inter­net­un­ter­neh­men zuneh­mend Diens­te zum Ener­gie­ma­nage­ment in Gebäu­den ohne das deut­sche Mess­sys­tem an. Ama­zon ent­wi­ckel­te Chip­sät­ze, die in jedes Haus­halts­ge­rät ein­ge­baut direkt mit dem Assis­ten­ten Ale­xa zusam­men­wir­ken. Der Goog­le-Assis­tent steht seit der Über­nah­me des Anbie­ters von Hei­zungs­reg­lern Nest bereit. Der inter­na­tio­na­le Markt und auch zuneh­mend deut­sche Unter­neh­men ent­wi­ckeln am Mess­sys­tem vor­bei. Dabei bie­ten sie eige­ne Mess­ein­rich­tun­gen und siche­re Zugangs­ver­fah­ren an.

Zwölf Jah­re sind in der Infor­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie Äonen. Das Ener­gie­sys­tem mag über 100 Jah­re in einer rela­tiv fixen Struk­tur bestan­den haben. In der Ära der Digi­ta­li­sie­rung funk­tio­nie­ren alte Pro­zes­se beim Umbau des Ener­gie­sys­tems auf Basis Erneu­er­ba­rer Ener­gien nicht mehr. Heu­ti­ge poli­ti­sche Pro­zes­se und Abläu­fe in den Beam­ten­ap­pa­ra­ten sind nicht für das Inno­va­ti­ons­tem­po bei der Digi­ta­li­sie­rung geeignet.

Nachwort

Die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing kann noch ein ver­söhn­li­ches Ende neh­men. Dies gelingt aber nur, wenn die Ver­tre­ter des Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums und des BSI ver­ste­hen, dass sich Gesetz­ge­bung und Regu­lie­rung aus der wei­te­ren tech­ni­schen Gestal­tung zurück­zie­hen müs­sen. Fest­zu­le­gen sind aus­schließ­lich die grund­sätz­li­chen Ziel­stel­lun­gen, die Anfor­de­run­gen an den Markt, an die Ver­sor­gungs­si­cher­heit sowie an den Schutz der Men­schen und sei­ner Rech­te inklu­si­ve des Daten­schut­zes. Bei der tech­ni­schen Umset­zung soll­te auf die Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit der Wis­sen­schaft­ler und Inge­nieu­re ver­traut werden.

Eine detail­lier­te Plan­wirt­schaft für das intel­li­gen­te Ener­gie­sys­tem ist in der ver­netz­ten und glo­ba­len Welt unge­eig­net. Gro­ße Plä­ne sind in Ord­nung. Aber Detail­pla­nun­gen des Staa­tes behin­dern eher deren Rea­li­sie­rung. Dies zei­gen uns die Erfah­run­gen frü­he­rer Plan­wirt­schaf­ten. Even­tu­ell liegt hier auch das Erfolgs­re­zept der chi­ne­si­schen Wirt­schaft in den letz­ten zwan­zig Jah­ren. Gro­ße Plä­ne wur­den mit der Krea­ti­vi­tät und Frei­heit des Mark­tes verbunden.

Dies ist Vor­aus­set­zung, dass die unend­li­che Geschich­te vom Smart Meter­ing gut enden kann.

PS: Die Nut­zung des Begrif­fes „Mut­ti Mer­kel“ soll nicht von man­geln­dem Respekt zeu­gen. Ziel des Arti­kels war es, in sati­ri­scher Wei­se die aktu­el­le Pro­ble­ma­tik auf den Punkt zu brin­gen und ver­ständ­lich zu machen.

 

Andre­as Kieß­ling, Lei­men, 04. Mai 2019

Über Andreas Kießling 110 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

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