Geostrategie und Energiewende

Energiewende im Spannungsfeld von Globalisierung und Subsidiarität

Containerhafen Piraeus - Beispiel für Wechselspiel von Geostrategie und Energiewende
Containerhafen Piraeus | Image ID: 45371801 Copyright Milan Gonda | Dreamstime.com https://www.dreamstime.com/milangonda_info

Mutlosigkeit

Manch­mal scheint sich Mut­lo­sig­keit breit zu machen. Wird es Euro­pa gelin­gen, in der Zukunft wei­ter wett­be­werbs­fä­hig zu sein? Zwei Bei­spie­le offen­ba­ren scho­nungs­los die aktu­el­le Pro­ble­ma­tik. Dabei erge­ben sich Schluss­fol­ge­run­gen für Geo­stra­te­gie und Energiewende.

Chinesischer Weg

Euro­pa gab in — bei den grie­chi­schen Bür­gern als Arro­ganz ein­ge­stuf­ter Wei­se — Direk­ti­ven vor, wel­che staat­li­che Unter­neh­men in Grie­chen­land zu pri­va­ti­sie­ren waren. Damit war die Sache für Euro­pa erle­digt, denn es gab weder lang­fris­tig trag­fä­hi­ge Ideen noch Unter­süt­zung für den Pro­zess der Pri­va­ti­sie­rung. Statt­des­sen folg­ten immer neue For­de­run­gen, inwie­fern Gehäl­ter, Ren­ten und staat­li­che Sub­ven­ti­ons­maß­nah­men zu kür­zen waren, so dass Arbeits­lo­sig­keit und Armut in Grie­chen­land unfass­bar stiegen.

Chi­na besetz­te die ent­ste­hen­de Lücke der wirt­schaft­li­chen Hand­lungs­fä­hig­keit. Inves­to­ren aus die­sem Lan­de über­nah­men den Con­tai­ner-Hafen in Pirä­us — ein wich­ti­ges Indus­trie­zen­trum in Grie­chen­land und dritt­größ­ter Mit­tel­meer­ha­fen. Ein west­li­cher, allein auf die Wert­stei­ge­rung des Unter­neh­mens ori­en­tier­ter Inves­tor hät­te nur begrenz­te Maß­nah­men zur Ver­wer­tung des Hafens unter­nom­men. Chi­na dage­gen denkt geo­stra­te­gisch. Nicht das Unter­neh­men oder der Markt ist das allei­ni­ge Beur­tei­lungs­kri­te­ri­um. Statt­des­sen sind natio­na­le und inter­na­tio­na­le Ziel­stel­lun­gen wie Sicher­heit, Nach­hal­tig­keit und glo­ba­le Ein­fluss­mög­lich­kei­ten eben­so Kri­te­ri­en der Entscheiungsprozesse.

Inso­fern stell­ten sich chi­ne­si­sche Inves­to­ren, die stets gesamt­staat­li­che und glo­ba­le Inter­es­sen ein­be­zie­hen, gerecht­fer­tigt fol­gen­de Fra­ge. Wie­so wer­den die Con­tai­ner aus Asi­en, die über den Suez-Kanal nach Pirä­us gelan­gen, im Hafen auf ande­re Schif­fe umge­schla­gen, die dann über das Mit­tel­meer, die Stra­ße von Gibral­tar, den Atlan­tik, den Golf von Bis­ka­ya über die Elbe nach Ham­burg gelan­gen? Die Umwelt­bi­lanz hier­zu ist ver­nich­tend. Könn­ten statt­des­sen die Con­tai­ner in grie­chi­schen und ita­lie­ni­schen Häfen auf Züge ver­la­den wer­den, die über den Bal­kan oder Ita­li­en durch Alpen­tun­nel nach Mit­tel­eu­ro­pa gelan­gen? Auf Grund­la­ge die­ser Über­le­gun­gen treibt Chi­na die Kon­zep­te zur Sei­den­stra­ße aus der Ver­bin­dung neu­er See- und Land­we­ge vor­an und baut in Part­ner­schaft mit süd- und ost­eu­ro­päi­schen Län­dern neue Verkehrsinfrastrukturen.

Ergo, Chi­na lässt weit­ge­hend Markt zu. Aber Poli­tik ist Herr der Markt­ent­wick­lung. Inso­fern hat ein bewuss­tes Gestal­ten des Mark­tes das Pri­mat gegen­über den mate­ri­el­len Zie­len des Mark­tes. Dies folgt völ­lig der Logik öst­li­cher Philosophien.

Die europäische Religion des Marktes

Geo­stra­te­gi­sches Den­ken ist West­eu­ro­pa ver­lo­ren gegan­gen. Grie­chen­land wur­de im Jah­re 2009 allein gelas­sen, aber Chi­na wirft man eine Poli­tik zur Spal­tung Euro­pas vor. Ein ein­zel­nes Unter­neh­men kann ein stra­te­gi­sches, län­der­über­grei­fen­des Pro­jekt nicht vor­an­trei­ben. Hier sind die Gren­zen der Markt­wirt­schaft erreicht.

Die­se Gren­zen wer­den uns auch mit einem ande­ren Bei­spiel natio­na­ler und euro­päi­scher Poli­tik ver­deut­licht. Zu betrach­ten ist das Ver­hält­nis von Geo­stra­te­gie und Energiewende.

Die Ener­gie­wen­de ist in ers­ter Linie ein gro­ßer und noch nie dage­we­se­ner Pro­zess der Umge­stal­tung. Hin­ter die­ser sicht­ba­ren Ver­än­de­rung der Land­schaf­ten und Städ­te ver­birgt sich ein womög­lich noch grö­ße­rer unsicht­ba­rer Pro­zess des Umler­nens. Die als gene­rell sicher geglaub­ten Lösungs­an­sät­ze stel­len sich nun als die eigent­li­chen Pro­ble­me her­aus. Alles befin­det sich im Wan­del — und mit dem Wan­del kom­men vie­le Her­aus­for­de­run­gen. Eine Welt der Viel­falt und Dif­fe­ren­zen ent­fal­tet sich.

Aber gera­de die­se neu­en, zu gestal­ten­den Dif­fe­ren­zen sind das Pro­blem des Mark­tes. Der Ener­gie­markt ent­wi­ckel­te sich über 100 Jah­re in zen­tra­lis­ti­scher Wei­se mit den Ener­gie­quel­len in den Hän­den weni­ger Indus­trie­mo­no­po­le. Die­se Unter­neh­men zähl­ten vor der Ent­wick­lung der Tech­no­lo­gien zur Com­pu­ter­tech­nik und dem Inter­net zu den größ­ten Unter­neh­men der Welt und sie gehö­ren immer noch dazu. Die damit ver­bun­de­ne Zen­tra­li­sie­rung des Mark­tes und der Sys­te­me zur Über­tra­gung, Ver­tei­lung und Lie­fe­rung von Ener­gie geschah mit Unter­stüt­zung der Staa­ten. Dies umfass­te eine ent­spre­chen­de geo­stra­te­gi­sche Aus­rich­tung mit dem Ver­such, den welt­wei­ten Ein­fluss zu erhö­hen. Genau die­ses Han­deln Euro­pas, das letzt­end­lich seit 500 Jah­ren auf Basis der See­fahrt und der Kolo­nia­li­sie­rung geschah, wirft man nun Chi­na vor.

Gleich­zei­tig ist heu­te beson­ders Deutsch­land unfä­hig, die Chan­cen der auf neu­er Viel­falt, Dif­fe­ren­zen und Digi­ta­li­sie­rung beru­hen­den Ener­gie­wen­de zu erken­nen. Der heu­ti­ge Ener­gie­markt zeigt sich als unge­eig­net, die­se Chan­cen auf­zu­grei­fen. Inso­fern kann man die Ener­gie­wen­de nicht allein den Unter­neh­men über­las­sen, son­dern muss den Markt in natio­na­ler sowie auch geo­stra­te­gi­scher Sicht umgestalten.

Deutschland, die Energiewende und der Markt 

Deutsch­land lei­te­te die Ener­gie­wen­de mit dem Gesetz für Erneu­er­ba­re Ener­gien im Jah­re 2000 und dann par­tei­über­grei­fend mit Fuku­shi­ma im Jah­re 2011 ein. Wäh­rend die Welt lan­ge auf unse­ren Weg schau­te, über­nahm Chi­na seit dem Jah­re 2015 zuneh­mend das Heft des Han­delns und ist nun glo­ba­ler Vor­rei­ter der Ener­gie­wen­de. Unfä­hig zum geo­stra­te­gi­schen Wir­ken befin­det sich Deutsch­land in einer Sack­gas­se, ver­weist auf einen Markt, der in unge­eig­ne­ter Wei­se gestal­tet ist. Der Rah­men für die bis­he­ri­gen zen­tra­lis­ti­schen Akteu­re wird gepflegt, wäh­rend die Chan­cen der Viel­falt dezen­tra­ler Akteu­re über­se­hen wer­den. Die grund­sätz­li­che und poli­tisch not­wen­di­ge Umge­stal­tung wird unterlassen.

Ergo, Deutsch­land erhebt die Gestal­tungs­ho­heit des Mark­tes qua­si zur Reli­gi­on und bemerkt nicht, dass die bis­he­ri­ge Markt­struk­tur nicht mehr geeig­net ist. Der Markt ist Herr über die Poli­tik. Sei­ne mate­ri­el­len Zie­le haben das Pri­mat gegen­über den geo­stra­te­gi­schen Zie­len der Gesell­schaft bezüg­lich der Absi­che­rung unse­rer Zukunft. Dies folgt völ­lig der Logik west­li­cher Phi­lo­so­phien einer pri­mär mate­ri­ell ori­en­tier­ten Welt­sicht, die sich zu einer Art Ersatz­re­li­gi­on ent­wi­ckel­te und das Indi­vi­du­um in den Vor­der­grund stellt (Trump und „Ame­ri­cas first“ lässt grüßen).

Aktuelle Situation der Energiewende 

Even­tu­ell stutzt jetzt der dem The­ma geneig­te Leser. Ent­spricht es den Tat­sa­chen, dass in Deutsch­land die Poli­tik den Markt nicht stra­te­gisch gestal­tet? Was ist mit der mas­si­ven Regu­lie­rung des Strom­sys­tems sowie mit den Fest­le­gun­gen zur Still­le­gung von Kraft­wer­ken, zum Netz­aus­bau, zur Decke­lung des Aus­bau­es Erneu­er­ba­rer Ener­gien und zur Digitalisierung?

Trotz­dem ver­feh­len wir alle euro­pä­isch oder natio­nal gesteck­ten Zie­le zum Umbau des Ener­gie­sys­tems. Der Aus­stoß an Koh­len­di­oxid ver­rin­gert sich in Deutsch­land nicht. Das Tem­po beim Zubau erneu­er­ba­rer Ener­gie­an­la­gen geht ste­tig zurück, womit die Aus­bau­zie­le für 2030 und 2050 gefähr­det sind. Die Ener­gie­ef­fi­zi­enz im Land, ins­be­son­de­re im Bereich der Gebäu­de und der Indus­trie sowie im Ver­kehr erhöht sich kaum, um die Zie­le für 2050 zu errei­chen. Gleich­zei­tig stei­gen unun­ter­bro­chen die Ener­gie­prei­se für Bür­ger und Unter­neh­men. Bei den Ener­gie­prei­sen bewe­gen wir uns inter­na­tio­nal im Bereich der Spit­zen­rei­ter, ohne dass wir aus­rei­chend Erfol­ge vor­wei­sen kön­nen. Die Ver­sor­gungs­si­cher­heit ist wei­ter­hin hoch. Doch die Anzahl der not­wen­di­gen Ein­grif­fe der Über­tra­gungs­netz­be­trei­ber beim Aus­bi­lan­zie­ren von Ener­gie­ge­win­nung und Ener­gie­nut­zung steigt dra­ma­tisch. Mehr­fach stan­den wir am Ran­de der Kata­stro­phe zum Black­out. Was ist hier los?

Letzt­end­lich spie­len genau zwei Fak­to­ren zusammen.

Faktoren des Misserfolges 

Dar­ge­stellt wur­de, dass im euro­päi­schen Han­deln der Markt das Pri­mat besitzt. Dies wirkt eben­so im Aktio­nis­mus der Poli­tik bezüg­lich der Gestal­tung der Energiewende.

Der ers­te, die erfolg­rei­che Ener­gie­wen­de behin­dern­de Fak­tor ist fol­gen­der Tat­sa­che zu ver­dan­ken. Trotz zuneh­men­den Aus­baus dezen­tra­ler Ener­gien wur­de die Beherr­schung des Gesamt­sys­tems zur Ener­gie­infra­struk­tur durch weni­ge füh­ren­de Markt­ak­teu­re nicht auf­ge­ge­ben. Regu­lie­rung und Gesetz­ge­bung gestal­ten Maß­nah­men zum Umbau des Ener­gie­sys­tems der­ar­tig, dass das Sys­tem bis­he­ri­ger Markt­ak­teu­re erhal­ten bleibt. Dies zeigt sich bei zu lang­fris­tig ange­leg­ter Still­le­gung fos­si­ler Kraft­wer­ke und beim Netz­aus­bau. Regio­na­le Markt­ak­ti­vi­tä­ten, Bür­ger­ge­nos­sen­schaf­ten und Anla­gen zur Eigen­ver­brauchs­er­hö­hung in Gebäu­den und Stadt­ge­bie­ten wer­den behin­dert. Dies trifft auch auf den Unwil­len der Poli­tik zu, regio­na­le Ener­gie­aus­glei­che mit Ener­gie­spei­chern und in Ver­bin­dung von Ener­gie­infra­struk­tu­ren zu Strom, Wär­me, Gas und Mobi­li­tät zu fördern.

Poli­tik wird vom bis­he­ri­gen Markt beein­flusst und ist unfä­hig, die Chan­cen aus der Ver­bin­dung von Infra­struk­tu­ren mit glo­ba­lem, kon­ti­nen­ta­lem, natio­na­lem, regio­na­lem und loka­lem Kon­text zu erken­nen. Der bis­he­ri­ge Markt funk­tio­niert für die nach­hal­ti­gen Ener­gie­kreis­läu­fe der Zukunft nicht mehr und muss neu­ge­stal­tet wer­den. Dies erfor­dert geo­stra­te­gi­sches Den­ken und damit das Pri­mat der Poli­tik über den Markt.

Der zwei­te, die erfolg­rei­che Ener­gie­wen­de behin­dern­de Fak­tor liegt in der Detail­ver­liebt­heit der Admi­nis­tra­ti­on unse­res Staates.

Seit 12 Jah­ren hält sich die Poli­tik – mit einer Geset­zes­no­vel­le im Jah­re 2007 und wei­ter­ge­führt mit dem Auf­trag an das Bun­des­amt für Sicher­heit in der Infor­ma­ti­ons­tech­nik im Jah­re 2010 – an der detail­lier­ten Spe­zi­fi­ka­ti­on und Zer­ti­fi­zie­rung eines intel­li­gen­ten Mess­sys­tems fest. Gleich­zei­tig wer­den viel­fäl­tig not­wen­di­ge Maß­nah­men zur Füh­rung eines vola­ti­le­ren und dezen­tra­le­ren erneu­er­ba­ren Ener­gie­sys­tems an der Ver­füg­bar­keit die­ser Mess­sys­te­me fest­ge­macht. Neue Gestal­tungs­for­men für alle Akteu­re der Gesell­schaft, die die Ener­gie­wen­de poten­zi­ell ermög­licht, wer­den damit ver­hin­dert. Damit unter­lie­gen deut­sche Unter­neh­men der Gefahr, dass auch hier die han­deln­den Akteu­re zukünf­tig auf Basis der Digi­ta­li­sie­rung aus Chi­na oder auch den USA kommen.

Staatliche Detaileingriffe oder Gestaltung des Rahmens 

Offen­bar ver­hin­dert Detail­ver­liebht­heit bei gleich­zei­ti­ger Prio­ri­sie­rung des exis­tie­ren­den Mark­tes die not­wen­di­ge Ver­bin­dung von Geo­stra­te­gie und Energiewende.

Das The­ma der Detail­ein­grif­fe soll des­halb noch ein­mal am Bei­spiel der intel­li­gen­ten Mess­sys­te­me auf­ge­nom­men wer­den. Mit dem im Jah­re 2011 gestar­te­ten und acht Jah­re anhal­ten­den Pro­zess zu deren Defi­ni­ti­on wur­de in Deutsch­land der tech­ni­sche Rah­men bis zur Zer­ti­fi­zie­rung ers­ter Her­stel­ler im Detail durch eine vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Wirt­schaft und Ener­gie (BMWi) beauf­trag­te Behör­de gestal­tet. In der Fol­ge ist Deutsch­land in Euro­pa inzwi­schen bei der Ein­füh­rung Klas­sen­letz­ter. Eini­ge, poten­zi­el­le Geschäfts­mo­del­le kamen durch den Kon­kurs zu lan­ge in War­te­po­si­ti­on gesetz­ter, jun­ger Unter­neh­men nicht zur Wir­kung. Die von höchs­ter Geschwin­dig­keit gepräg­te Welt der Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gien pro­du­zier­te in die­sem Zeit­raum meh­re­re Gerätegenerationen.

Inter­na­tio­nal ist ein völ­lig ande­res Vor­ge­hen üblich.

Der Staat defi­niert tech­no­lo­gie­of­fen grund­sätz­li­che Anfor­de­run­gen und übt damit das Pri­mat sei­ner Gestal­tungs­ho­heit aus. Der Markt sorgt jeweils für die aktu­ell bes­te tech­ni­sche Lösung, die kon­form zu den Anfor­de­run­gen ist. Dies macht den Erfolg ame­ri­ka­ni­scher Inter­net­un­ter­neh­men aus, die mit agi­ler Ent­wick­lungs­ge­schwin­dig­keit auf jeweils neue Anfor­de­run­gen ein­ge­hen. Dies beschreibt auch die Vor­ge­hens­wei­se Chi­nas, bei der der Staat an grund­le­ge­nen Ent­schei­dungs­pro­zes­sen der Unter­neh­men betei­ligt ist, aber gleich­zei­tig die Hand­lungs­mög­lich­kei­ten des Mark­tes weit­ge­hend ermöglicht.

Das natio­na­le Vor­ge­hen Deutsch­lands ist in hohem Maße durch Regu­lie­rung, Gesetz­ge­bung sowie auch von Stan­dar­di­sie­rung und tech­ni­schen Vor­ga­ben im Detail geprägt. Das BMWi stell­te aktu­ell einen Fünf-Jah­res-Plan zur Wei­ter­ent­wick­lung des intel­li­gen­ten Mess­sys­tems und der not­wen­di­gen Nor­men für Kom­mu­ni­ka­ti­on und Sicher­heit der Öffent­lich­keit vor. Bös­wil­li­ge Akteu­re könn­ten hier Ver­glei­che zur Detail­ver­liebt­heit ost­eu­ro­päi­scher Fünf-Jah­res-Plä­ne vor der poli­ti­schen Wen­de im Jah­re 1990 ziehen.

Dage­gen stellt Chi­na eben­so Fünf-Jah­res-Plä­ne auf, die auch den Umbau des Ener­gie­sys­tems ein­schlie­ßen. Doch hier­bei wird auf den Rah­men, grund­sätz­li­che Ziel­stel­lun­gen unter Ein­be­zie­hung der Aspek­te Geo­stra­te­gie und Ener­gie­wen­de geach­tet. Detail­ver­liebt­heit wür­de das Vor­ha­ben an der resul­tie­ren­den Kom­ple­xi­tät der Füh­rung zer­bre­chen lassen.

Herausforderungen zur Festlegung des Rahmens 

Die Ener­gie­ge­win­nung aus erneu­er­ba­ren Quel­len bringt neue Her­aus­for­de­run­gen mit sich. Dies betrifft ins­be­son­de­re die not­wen­di­ge Sys­tem­fle­xi­bi­li­sie­rung im Sek­to­ren­ver­bund Strom, Wär­me, Gas und Mobi­li­tät, um die Schwan­kun­gen der Ener­gie­ge­win­nung zu beherrschen.

Damit ver­bun­den sind die Zunah­me der Viel­falt akti­ver Betei­lig­ter und deren Grad der Ver­net­zung, aber auch das Ent­ste­hen neu­er For­men der Orga­ni­sa­ti­on zwi­schen den Betei­lig­ten. In der Fol­ge wächst die Kom­ple­xi­tät der Systemführung.

Die Viel­falt resul­tiert aus der Anwend­bar­keit der erneu­er­ba­ren Erzeu­gung in unter­schied­lichs­ter Ska­lie­rung vom Gebäu­de über Stadt­quar­tie­re und Area­le, über Ort­schaf­ten, Städ­te zu Regio­nen, bis hin zu natio­na­len und inter­na­tio­na­len Strukturen.

Beim aus­schließ­lich zen­tral gesteu­er­ten Sys­tem unter den Bedin­gun­gen der Viel­falt der Betei­lig­ten kann Kom­ple­xi­tät zur Unbe­herrsch­bar­keit des Sys­tems füh­ren. Auto­no­mie viel­fäl­ti­ger und ver­bun­de­ner Teil­sys­te­me ohne Regeln der Inter­ak­ti­on kann zu chao­ti­schem Ver­hal­ten füh­ren. Die Kunst eines sta­bi­len und gleich­zei­tig fle­xi­blen sowie ent­wick­lungs­fä­hi­gen Sys­tems besteht dar­in, lokal als eigen­stän­di­ges Sys­tem zu agie­ren, aber gleich­zei­tig die Syn­er­gien einer glo­ba­len Ver­net­zung zu erschlie­ßen – hand­le lokal und den­ke global.

Der Satz der Mecha­nis­men inner­halb von Teil­sys­te­men als auch die Regeln an den Gren­zen zwi­schen den Teil­sys­te­men, die Auto­no­mie ermög­li­chen und gleich­zei­tig ein fle­xi­bles Gesamt­sys­tem för­dern, sind dem­zu­fol­ge zu definieren.

Die­ser Satz von Regeln ist pri­mär durch die Gesell­schaft und den Staat als Ver­tre­ter vor­zu­ge­ben, beschreibt aber ledig­lich die grund­sätz­li­chen Anfor­de­run­gen. Es ist nicht ziel­füh­rend, tech­ni­sche Lösun­gen detail­liert durch den Staat vor­zu­ge­ben. Hier kann tech­no­lo­gie­of­fen der Markt sekun­där in den Gren­zen des Rah­mens agieren.

Wir haben aber auch fest­ge­stellt, dass die Gren­zen zwi­schen staat­li­cher Ein­fluss­nah­me und Agie­ren des Mark­tes flie­ßend sind — wie bei aller Dia­lek­tik. Inso­fern kann fol­gen­de Schluss­fol­ge­rung gezo­gen wer­den. Zu berück­sich­ti­gen sind sowohl geo­po­li­ti­sche und als auch loka­le, regio­na­le Aspek­te. In Bezug auf das Ver­hält­nis von Geo­stra­te­gie und Ener­gie­wen­de sind aber eben­so die Maß­nah­men von Staat und Markt auszutarieren.

Zelluläre Gestaltung im Verhältnis von Geostrategie und Energiewende

Ein Ener­gie­sys­tem kann schon inner­halb eines Gebäu­des defi­niert wer­den. Im Ver­bund kön­nen die­se Gebäu­de mit­ein­an­der inter­agie­ren sowie Ener­gie tei­len und austauschen.

Gebäu­de kön­nen wie­der­um Teil eines Stadt­quar­tie­res sein, in dem gemein­sa­me Ener­gie­an­la­gen und ande­re Infra­struk­tu­ren bereit­ste­hen sowie zur Nut­zung durch alle Betei­lig­ten gesteu­ert wer­den. Damit ent­steht letzt­end­lich ein gemein­sa­mes Sys­tem, in das Teil­sys­te­me ein­ge­bet­tet wer­den, die als Ener­gie­zel­len eines Gesamt­sys­tems betrach­tet wer­den können.

Die Ein­bet­tung von Ener­gie­zel­len in umfas­sen­de­re Zel­len kann fol­gen­der­ma­ßen typi­siert werden:

-                Wohn­häu­ser und kom­mer­zi­el­le Gebäude

-                Stadt­quar­tie­re

-                Indus­trie­ge­bie­te sowie ande­re pri­va­te und öffent­li­che Areale

-                Ver­tei­lungs­net­ze und sons­ti­ge Nahnetze

-                Über­tra­gungs­net­ze und sons­ti­ge Fernnetze

-                Ver­bund­netz in Europa

-                inter­kon­ti­nen­ta­ler Verbund

Somit kann ein Ener­gie­sys­tem auf Basis ein­ge­bet­te­ter Ener­gie­sys­te­me gestal­tet wer­den.  Die ein­ge­bet­te­ten Sys­te­me bil­den Ener­gie­zel­len eines Gesamt­ver­bun­des als zel­lu­lä­res Ener­gie­sys­tem mit dem Begriff Ener­gie­or­ga­nis­mus als Analogie.

Hier­bei las­sen sich die geo­po­li­ti­schen Zie­le Chi­nas beim Auf­bau neu­er trans­kon­ti­nen­ta­ler Infra­struk­tu­ren als welt­um­span­nen­des Strom­netz eben­so inte­grie­ren wie kon­ti­nen­ta­le, natio­na­le, regio­na­le und loka­le Lösun­gen. Sub­si­diä­res Han­deln und Glo­ba­li­sie­rung wach­sen zusam­men. Men­schen in den ver­schie­de­nen Kul­tu­ren und Gesell­schaf­ten behal­ten Hand­lungs­ho­heit und nut­zen trotz­dem die Vor­tei­le des Zusammenwirkens.

Schlussfolgerungen

Dar­ge­stellt wur­de, dass die rich­ti­ge Gestal­tung des Ver­hält­nis­ses von Geo­stra­te­gie und Ener­gie­wen­de durch die Poli­tik auf­grund regio­na­ler, natio­na­ler und geo­po­li­ti­scher Aspek­te sowie durch den Markt auf­grund indi­vi­du­el­ler, mone­tä­rer Aspek­te im Wider­streit von zen­tra­len und dezen­tra­len Akteu­ren kein leich­tes Unter­fan­gen ist.

Grund­sätz­lich aber gilt es, das Pri­mat der Gesell­schaft und damit des bewuss­ten Gestal­tens auf­grund der Inter­es­sen der Men­schen als Gemein­schaft gegen­über der sekun­dä­ren Funk­ti­on des Mark­tes zu bewahren.

Die Wirt­schaft befin­det sich in der die­nen­den Funk­ti­on gegen­über der Gesellschaft!

Nicht die Gesell­schaft dient der Wirtschaft!

Dem­entspre­chend ist eine Wirt­schaft zu gestal­ten, die die Viel­falt der Hand­lungs­mög­lich­kei­ten im Ver­hält­nis von Sub­si­dia­ri­tät und Glo­ba­li­sie­rung bewahrt und damit auch das Span­nungs­feld von Geo­stra­te­gie und Ener­gie­wen­de beherrscht.

Andre­as Kieß­ling, Lei­men, 31. März 2019

Über Andreas Kießling 110 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*