Unendliche Geschichte Kernfusion

Der Langstreckenlauf zur heißen Kernfusion näher am Ziel??

Unendliche Geschichte Kernfusion
Quelle: ursprünglich hochladender Benutzer Maury Markowitz in Wikipedia auf Englisch - Übertragen aus en.wikipedia nach Commons., https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2452414

Langstreckenlauf zur Kernfusion

Im Alter von sieb­zehn Jah­ren fiel mei­ne Ent­schei­dung, Phy­sik zu stu­die­ren. Der Antrieb erwuchs aus dem Inter­es­se an der Kern­phy­sik. Dabei fas­zi­nier­te ins­be­son­de­re die Visi­on der Kern­fu­si­on als uner­schöpf­li­che Ener­gie­quel­le, die uns auch der Erobe­rung des Son­nen­sys­tems näher­brin­gen soll­te. Ein Gramm Was­ser­stoff kann soviel Ener­gie lie­fern wie zwölf Ton­nen Stein­koh­le.

Damals schrie­ben wir das Jahr 1976 und zur Nut­zungs­rei­fe der Kern­fu­si­on wur­de ein Zeit­raum von 25 Jah­ren ange­ge­ben. Die Aus­sicht auf Mit­wir­kung an die­sem fas­zi­nie­ren­den The­ma moti­vier­te mich, die Her­aus­for­de­run­gen des Phy­sik­stu­di­ums anzunehmen.

Dann schrie­ben wir genau 25 Jah­re spä­ter das Jahr 2001, in dem eine neue beruf­li­che Tätig­keit in der Ener­gie­wirt­schaft mit dem Ziel star­te­te, im Rah­men von E‑Business und spä­ter unter der Bezeich­nung Smart Ener­gy die Umge­stal­tung zu einem erneu­er­ba­ren Ener­gie­sys­tem vor­an­zu­trei­ben. Bezüg­lich mei­ner kern­phy­si­ka­li­schen Inter­es­sen hat­te ich mich von der Kern­spal­tung end­gül­tig auf­grund ihrer unkal­ku­lier­ba­ren Rest­ri­si­ken verabschiedet.

Par­al­lel zum Auf­bau der Erneu­er­ba­ren Ener­gien blieb die Kern­fu­si­on aber wei­ter­hin span­nend. Mit den Erneu­er­ba­ren besteht die Chan­ce zur Demo­kra­ti­sie­rung des Ener­gie­sys­tems mit viel­fäl­ti­gen Mit­wir­ken­den in den Gebäu­den, auf Gewer­be- und Indus­trie­area­len, in Stadt­quar­tie­ren sowie in Städ­ten und Gemein­den. Strom­aus­tausch in der Com­mu­ni­ty ist auf Basis neu­er Tech­no­lo­gien zur Digi­ta­li­sie­rung des Ener­gie­sys­tems kei­ne Uto­pie mehr (Stich­wor­te Smart Meter­ing, Smart Grid, Inter­net der Ener­gie, Block­chain, usw.).

Verhältnis dezentraler Erzeugung und zentraler Basisversorgung

Es bleibt die Fra­ge­stel­lung der Basis­ver­sor­gung auf der gesam­ten Erde mit bald mehr als 10 Mil­li­ar­den Ein­woh­nern und zuneh­men­der Indus­tria­li­sie­rung auf allen Kon­ti­nen­ten für die nächs­ten Jahr­hun­der­te. Neue Anfor­de­run­gen zur Elek­tri­fi­zie­rung resul­tie­ren auch aus neu­en For­men der Land­wirt­schaft in mehr­stö­cki­gen Gebäu­den zur Ernäh­rung der wach­sen­den Mensch­heit, zur Gewähr­leis­tung der Was­ser­ver­sor­gung mit Meer­was­ser­ent­sal­zungs­an­la­gen, zur umwelt­ge­rech­ten Wär­me­ver­sor­gung sowie zum Umbau aller Trans­port­an­trie­be ohne Ver­bren­nungs­ma­schi­nen. Aber auch der Weg zu den Ster­nen erfor­dert neue Energiegewinnungsmethoden.

Der Auf­bau einer welt­um­span­nen­den Strom­erzeu­gung auf Basis der Kern­fu­si­on par­al­lel zu dezen­tra­len Erneu­er­ba­ren Ener­gien erscheint aus mei­ner Sicht wei­ter­hin unver­zicht­bar. Die­se Infra­struk­tur bil­det den Blut­kreis­lauf des glo­ba­len Ener­gie­or­ga­nis­mus, wäh­rend die dezen­tra­len Erneu­er­ba­ren Ener­gien Sub­si­dia­ri­tät und loka­le Auto­no­mie sowie damit Selbst­ge­stal­tung und Unab­hän­gig­keit in den Zel­len des Ener­gie­or­ga­nis­mus ermög­li­chen. Glo­ba­les Den­ken ver­bin­det sich mit gleich­be­rech­tig­ten loka­len Handeln.

Neue Hoffnung auf dem Weg zur Kernfusion

Aber im Jah­re 2001 hör­te ich eben­so wie im Jah­re 1976 immer noch vom 25-jäh­ri­gen Zeit­ho­ri­zont bis zur Nut­zungs­rei­fe der Kern­fu­si­on. Nach wei­te­ren 15 Jah­ren begann mei­ne Hoff­nung bezüg­lich der Kern­fu­si­on – egal ob hei­ße oder kal­te Fusi­on — zu schwin­den. Mil­li­ar­den­schwe­re, staat­li­che For­schungs­pro­gram­me – z.B. das inter­na­tio­na­le ITER-Vor­ha­ben in Frank­reich — nen­nen nun die zwei­te Hälf­te des 21. Jahr­hun­derts für einen rele­van­ten Bei­trag der Kern­fu­si­on zur Deckung des Ener­gie­be­dar­fes der Menschheit.

Aber sie­he da, es gesche­hen noch Wun­der. Im Jah­re 2017 haben pri­va­te Unter­neh­men Fort­schrit­te gemacht und dabei rela­tiv wenig Res­sour­cen gegen­über staat­li­chen Pro­gram­men ein­ge­setzt. Die Geschich­te des Ver­hält­nis­ses staat­li­cher und pri­va­ter Inves­ti­tio­nen in die Raum­fahrt scheint sich zu wie­der­ho­len. Nicht die schwe­ren staat­li­chen Finanz­mit­tel hau­chen der Raum­fahrt neu­es Leben ein, son­dern die pri­va­ten Inves­ti­tio­nen von Elon Musk, Paul Allen, u.a. Anschei­nend wird die­ser Weg nun auch auf dem Gebiet der Kern­fu­si­on erfolg­reich beschritten.

Kernfusion mit Laserimpulsen und Bor-Fusion

Dabei wer­den ver­schie­de­ne Ansät­ze zum Betrieb einer Fusi­ons­ein­rich­tung ver­folgt. Dazu gehö­ren auch Anla­gen, die nicht im ther­mo­dy­na­mi­schen Gleich­ge­wicht betrie­ben, son­dern durch Laser­im­pul­se befeu­ert wer­den. Beson­ders inter­es­sant ist dabei die Ent­wick­lung eines Ver­fah­rens zur Fusi­on von Was­ser­stoff­ker­nen mit Bor unter Nut­zung extre­mer Laser­im­pul­se. Dies ermög­lich­te der tech­no­lo­gi­sche Fort­schritt im Bereich inten­si­ver Laser. Wäh­rend mit ITER auf der Erde eine neue radio­ak­ti­ve Quel­le ent­steht, setzt die Reak­ti­on zwi­schen Was­ser­stoff und Bor kei­ne Neu­tro­nen und damit kei­ne Radio­ak­ti­vi­tät frei.

Es wer­den im Rah­men die­ser Fusi­ons­re­ak­ti­on aus­schließ­lich sta­bi­le Heli­um­ker­ne gebil­det. Die Laser­im­pul­se indu­zie­ren dabei die direk­te Kon­ver­si­on der Laser­en­er­gie über die Fusi­on von Was­ser­stoff und Bor in eine makro­sko­pi­sche Plas­ma­be­we­gung, also eine Bewe­gung elek­trisch gela­de­ner Teil­chen [Hein­rich Hora (2015)]. Im Unter­schied zu Kern­spal­tungs­an­la­gen und zu her­kömm­li­chen Fusi­ons­an­sät­zen wird zur Erzeu­gung von elek­tri­scher Ener­gie nicht der Umweg über die Nut­zung der Wär­me­en­er­gie durch Auf­hei­zen von Flüs­sig­kei­ten und Dampf­tur­bi­nen benö­tigt. Laser­en­er­gie wird direkt durch indu­zier­te Fusi­ons­en­er­gie in elek­tri­sche Ener­gie umgewandelt.

Die durch pri­va­te Inves­ti­tio­nen getrie­be­nen Ent­wick­lun­gen für Anla­gen zur Fusi­on von Was­sers­stoff und Bor erschei­nen Erfolg ver­spre­chend. Aber letzt­end­lich kann noch nie­mand seri­ös den Erfolg des Ansat­zes zur umfas­sen­den Ener­gie­ge­win­nung mit Fusi­ons­en­er­gie vor­her­sa­gen. Viel­leicht gelingt es doch vor dem Jahr 2050. Dann wäre zumin­dest die drit­te Vor­her­sa­ge von 25 Jah­ren bis zur Nut­zung von Fusi­ons­en­er­gie erfolgreich´gewesen.

Quel­len:

Hein­rich Hora (2015). A laser-dri­ven tech­ni­que to igni­te hydro­gen-boron fuel offers the pos­si­bi­li­ty of nuclear fusi­on for clean, sus­tainable ener­gy gene­ra­ti­on. SPIE News­room. DOI: 10.1117/2.1201506.005965. 14 July 2015

Andre­as Kieß­ling, 14. Dezem­ber 2017

Über Andreas Kießling 111 Artikel
Andreas Kießling hat in Dresden Physik studiert und lebt im Raum Heidelberg. Er beteiligt sich als Freiberufler und Autor an der Gestaltung nachhaltiger Lebensräume und zugehöriger Energiekreisläufe. Dies betrifft Themen zu erneuerbaren und dezentral organisierten Energien. Veröffentlichungen als auch die Aktivitäten zur Beratung, zum Projektmanagement und zur Lehre dienen der Gestaltung von Energietechnologie, Energiepolitik und Energieökonomie mit regionalen und lokalen Chancen der Raumentwicklung in einer globalisierten Welt.

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