Inhaltsverzeichnis
- Vorwort — Dampfmaschine im Cyber War
- Zusammenfassung — Innovationsimpulse statt Detailregulierung
- Empfehlungen zur EEG- und EnWG-Novelle — Autonomie hinter dem Netzanschluss
- Treiber der Energiewende
- Standards sind Bindeglied zwischen Innovation und Sicherheit — Gestaltungsebenen wirtschaftlicher Entwicklung
- Eigenversorgung und Energiegemeinschaften
- Empfehlungen für die Schnittstelle zum Prosumenten
- C/sells-Position zum Stufenmodell des BMWI zur Weiterentwicklung von Standards für die Digitalisierung der Energiewende
- Technische Detailregulierung im EEG unter Blickwinkel der Abgrenzung von Rechtssystem, normativer Basis und Innovation
- Lab Hybrid — Digitaler Netzanschluss und autonomes Energiemanagement — Blaupause für Novellierung EnWG und EEG
Zusammenfassung — Innovationsimpulse statt Detailregulierung
Partizipation durch Recht auf Eigenversorgung und autonome Gestaltung
Europäische Normen und Standards stärken
Unter dem Titel „Europäische Normen und Standards stärken – Impulse für den Grünen Deal“ fand am 16. September 2020 ein virtueller Workshop zur Umsetzung europäischer Politiken mit europäischen harmonisierten Normen statt.
Im Beisein der Parlamentarischen Staatssekretärin Elisabeth Winkelmeier-Becker und des Kommissars für den Binnenmarkt Thierry Breton wurden die erfolgreiche 60-jährige Geschichte der europäischen Standardisierung sowie die aktuellen Herausforderungen für die Standardisierung dargestellt.
Im Konsensprozess aller interessierten Beteiligten entstehende Normen und Standards bilden die Schnittstelle zwischen der Entfaltung von Innovationen und autonomer, vielfältiger Gestaltung in Wirtschaft und Gesellschaft sowie dem Rechtssystem als verbindender Überbau der Gesellschaft. Die Stärkung der Normen stärkt wiederum die öffentlich-private Partnerschaft. Gleichzeitig wird im Rechtssystem die Komplexität bei der Gestaltung von Regeln durch die Konzentration der Gesetzgebung und Regulierung auf Leitlinien, Ziele und Anforderungen reduziert. Die Ausgestaltung der dazu notwendigen Maßnahmen in Form von Normen erfolgt im Kontext der Experten aller Interessenträger, integriert in das europäische und nationale Umfeld.
Handlungsebenen für Innovationen, normative Basis und Rechtssystem
Empfehlungen im Projekt C/sells des vom BMWi geförderten Programmes „Schaufenster intelligente Energie – SINTEG“ basieren auf der Abgrenzung wichtiger Handlungsebenen. Dies betrifft die Ebene der Wirtschaft zur Bereitstellung von Innovationen, die normative Basis und das Rechtssystem. Die Stärkung von Innovationen und normativer Basis im Rahmen eines rechtlichen Überbaus schafft letztendlich Akzeptanz für Veränderungsprozesse und ist Grundlage für die dynamische Entwicklung einer flexiblen Gesellschaft. Dazu sollten Rechtsträger und Ausführungsorgane bereit sein, Kontrolle teilweise abzugeben und auf ein Übermaß an Bürokratie und technischer Detailregulierung zu verzichten.
Diese Empfehlungen werden im europäischen und nationalen Rahmen gestützt durch
- die EU-Richtlinie zu Erneuerbaren Energien [EU Richtlinie. (12/2018)] bezüglich der Stärkung der autonomen Gestaltung durch Eigenverbrauchslösungen und Energiegemeinschaften,
- die Mitteilung der Kommission zu harmonisierten Normen [EU Mitteilung. (11/2018)] bezüglich der verbesserten Transparenz und Rechtssicherheit für einen uneingeschränkt funktionierenden Binnenmarkt,
- das Rechtsgutachten zum europäischen System der harmonisierten Normen [Redeker. (08/2020)],
- das EU-Weißbuch Künstliche Intelligenz [EU Weißbuch. (02/2019)] sowie
- die Stellungnahme zum EU-Weißbuch auf der Webseite zur Nationalen KI-Strategie der Bundesregierung [BR COM (2020) 65 final].
Auf dieser Basis wird im vorliegenden Dokument die Bewertung verschiedener politischer Initiativen im Rahmen des Rechtssystems vorgenommen, die in Deutschland den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien in Verbindung mit der Digitalisierung der Prozesse zwischen Markt, Netz und Liegenschaften befördern sollen.
Dies betrifft zuerst die notwendige Stärkung der Beteiligung aller Akteure der Gesellschaft an den Chancen der Transformation des Energiesystems entsprechend der EU-Richtlinie zu Erneuerbaren Energien. Hierzu ist die Anpassung des gesetzlichen Rahmens, insbesondere des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), zu bewerten. Dies betrifft die notwendige Erhöhung der Freiheitsgrade zur autonomen Gestaltung auf Grundlage von Innovationen sowie eines normativen Rahmens der Wirtschaft in internationaler Zusammenarbeit.
Innovationsimpulse statt Detailregulierung
Zur Ausgestaltung des EEG im Rahmen der EU-Richtlinie gehört aber auch die Bewertung der Vorschläge der Bundesnetzagentur zur Einbindung des Prosumenten an der Schnittstelle zu den Liegenschaften. Für C/sells sind die autonomen Gestaltungsmöglichkeiten der Prosumenten in Verbindung mit systemdienlichen Verhalten die Grundlage von Partizipation, Vielfalt, zellulärem Denken und damit unverzichtbares Mittel für den Erfolg der Energiewende. Deshalb ergänzt das Projekt die Vorschläge der Bundesnetzagentur durch einen eigenen Vorschlag. Erfolgsgrundlage des empfohlenen Lösungsweges sind Standardprofile für Prosumenten in Verbindung mit einer, allen Akteuren zur Verfügung stehenden Informationsinfrastruktur, ein digitaler Netzanschluss mit zugehörigem intelligenten Messsystem sowie autonome, lokale Energiemanagementsysteme in Gebäuden, Quartieren und privaten Arealen (z.B. Industrie, Flughäfen). Dazu gehört aber auch die Einführung neuer, innovativer Vermarktungsformen in Verbindung mit Bürokratie und übermäßigen Berichtspflichten.
Schlussendlich verlangt der zunehmende Grad der digitalen Vernetzung die Nutzung einer sicheren Kommunikationsinfrastruktur für Mess- und Steuerungsprozesse. Diese Infrastruktur liegt mit dem intelligenten Messsystem und der zugehörigen Gateway-Administration sowie weiterer Infrastrukturkomponenten der Netzbetreiber vor. Die Umsetzung von Smart Metering wurde dabei in einem sehr hohen Grad vom Rechtssystem detailliert vorgedacht. Dies führt zu Einschränkungen bei der Umsetzbarkeit von Innovationen. Ebenso bestehen Konflikte mit internationalen Normen, die die Wettbewerbsfähigkeit nationaler Unternehmen im internationalen Umfeld behindern können.
Insofern wird empfohlen, dass der Gesetzgeber sich auf allgemeine Schutzanforderungen zur Gewährleistung grundlegender Rechtsprinzipen und Schutzrechte (z. B. Datenschutz, Datensicherheit, Schutz kritischer Infrastrukturen, Schutz des Wettbewerbs) zurückzieht. Es werden somit Innovationsimpulse statt Detailregulierung gefordert. Der Industrie sollte die Umsetzung der Anforderungen auf Grundlage einer europäischen und internationalen normativem Basis überlassen werden. Dabei ist Regulierung dahingehend auszurichten, dass Innovationen und technologische Entwicklungen befördert und nicht durch eine zu starre technische Detailregulierung gehemmt werden.
Leimen, den 15. Oktober 2020
Andreas Kießling, energy design