Zum Verhältnis Erneuerbare Energie und Kernfusion
„Im französischen Cadarache wird ein Testreaktor für die Kernfusion gebaut. Das internationale Milliardenprojekt ITER stand zwischenzeitlich vor dem Aus, inzwischen wird aber gebaut.“
Martin Bohne, ARD-Studio Paris
Der Traum von der Kernfusion begleitet mich persönlich seit meiner Schulzeit mit dem aufkeimenden Wunsch, Physik zu studieren.
Natürlich müssen wir Erneuerbare Energien mit ganzer Kraft ausbauen. Aber Strom, Wärme, Industrieprozesse, Mobilität, Meerwasserentsalzung, Raumfahrt benötigen zur Ergänzung Energie, die beständig in großem Umfang bereitsteht.
Mit diesem Bekenntnis für Erneuerbare Energie und Kernfusion muss ich damit leben, dass sowohl Anhänger als auch Gegner Erneuerbarer Energien widersprechen. Die Forschungen zur Kernfusion polarisieren. Es wird dabei oft ein ungerechtfertigter Vergleich zur Kernspaltung gezogen.
Selbst von Freunden erhält man Entgegnungen, wie nachfolgend:
„Die einzige Konstante bei der friedlichen Anwendung der Kernfusion ist die Antwort auf die Frage nach dem Zeitpunkt der erfolgreichen Umsetzung. Die aktuelle Antwort lautet, in 20 Jahren. Doch das hören wir schon seit 60 Jahren. Technisch und physikalisch sicher hoch interessant, aber für das Leben auf unserem Planeten nicht relevant.
Erneuerbare Energien könnten uns schon jetzt zu 100% versorgen.“
Leider muss ich an dieser Stelle selbst meinen Mitstreitern widersprechen, mit denen ansonsten in Bezug auf die Bedeutung der Erneuerbaren und die Methoden ihrer Verbreitung völlig Einigkeit besteht. Aber mit dem Bekenntnis für Kernfusion geht es um den Blick über das gesamte 21. Jahrhundert.
Der Energiebedarf der Menschheit betrifft nicht nur Strom und Wärme für Wohnen, Gewerbe und Industrie sowie Nahverkehr.
Erneuerbare Energie und Kernfusion verbinden Autonomie und Globalisierung sowie Aufbruch zu den Sternen
Der zukünftige Energiebedarf wird sich weiter vervielfältigen, da alle 8 Milliarden Menschen das Recht haben, das Niveau der reichsten Milliarde Menschen zu erreichen.
Dabei geht es um Energie für
- alle Industrieprozesse,
- die Nutzung von Energie für neue Verfahren der Produktion stofflicher Güter durch Nanodesign ohne weiteren, nicht nachhaltigen Zugriff auf die gespeicherten Rohstoffe unseres Planeten,
- Ferntransport per Luft, Meer und Straße, auf Schienen, in Röhren auf Magnetfeldern oberirdisch oder unter der Erde
- zunehmende Nahrungsmittelproduktion per Hydrokulturen in Gebäuden,
- zunehmende Gebäudekühlung aufgrund des Klimawandels,
- Meerwasserentsalzung,
- Raumfahrt und Aufbruch zum Mars.
Tut mir leid, aber Sonne, Wind und Wasser reichen dafür allein nicht. Rechnungen im globalen Maßstab beweisen uns schnell die Tatsachen.
Außerdem fehlt der Menschheit somit auch die nötige Resilienz, wenn z.B. ein Supervulkan die Erde für ein bis zwei Jahre verdunkelt.
Eine breitere Aufstellung ist notwendig. Und als Physiker kennen wir weitere Möglichkeiten der Energiegewinnung, auch wenn diese Verfahren heute noch nicht technisch beherrscht werden. Bei jeder Unterstützung für Autonomie und Subsidiarität dürfen wir nicht die großen Aufgaben der Menschheit und die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit aus den Augen verlieren.
Physik ist langsam und benötigt Geduld. Von der Quantenmechanik bis zum CD-Player dauerte es 60 Jahre. Insofern ist die Forschung an der Kernfusion zwar nicht schnell, aber auch nicht extrem langsam.
Sorry für den Widerspruch, aber wir wirken trotzdem gemeinsam weiter mit ganzer Kraft für Erneuerbare Energie und Kernfusion — egal ob heiße oder kalte Fusion — erbringt die Grundleistung auf dem Weg in das nächste Jahrhundert und zum Aufbruch zu den Sternen.
Leimen, den 01. August 2020