Innovation für die Energiewende. Creative Commons CC0 https://pixabay.com/de

German Innovation Valley

Chancen der Energiewende

Die Ener­gie­wen­de ist in ers­ter Linie ein gro­ßer und noch nie dage­we­se­ner Pro­zess der Umge­stal­tung. Hin­ter der schon sicht­ba­ren Ver­än­de­rung der Land­schaf­ten und Städ­te ver­birgt sich ein noch grö­ße­rer unsicht­ba­rer Pro­zess des Umler­nens und der neu­en Chan­cen für Inno­va­ti­on von Men­schen, krea­ti­ven, star­ten­den Unter­neh­men, die Städ­te und Dör­fer sowie Regio­nen. Untrenn­bar neh­men wir bis­her geglaub­te tech­ni­sche Her­aus­for­de­run­gen als sozia­le Chan­cen wahr.
Die als gene­rell sicher geglaub­ten Lösungs­an­sät­ze stel­len sich dabei auch oft als Pro­ble­me dar. Bestehen­de Theo­rien und Werk­zeu­ge als auch Wer­te müs­sen in Fra­ge gestellt wer­den, bei denen bekann­te Hier­ar­chien ins Wan­ken gera­ten. Ein Umfeld dis­rup­ti­ver Inno­va­ti­on gestal­tet voll­kom­men Neu­es und gefähr­den Bekann­tes. In die­sem Wider­streit ist die Ener­gie­wen­de zu gestal­ten, was viel Mut erfordert.

Dabei ermög­licht das Inter­net der Din­ge neue For­men und Räu­me der Gemein­schaft und Kom­mu­ni­ka­ti­on (z.B. als Ener­gie-Com­mu­ni­ty). Dies macht aber die Wei­ter­ent­wick­lung unse­rer bekann­ten Infra­struk­tu­ren zu mit­ein­an­der inter­agie­ren­den Infra­struk­tu­ren der Ener­gie, der Infor­ma­ti­on und der Logis­tik not­wen­dig. In die­sem Bereich ein Pro­jekt auf­zu­set­zen, erfor­dert noch viel Mut, da der Aus­gang unge­wiss ist.
Unter­neh­men und Pro­jek­te, die die­sen Mut auf­brin­gen, benö­ti­gen aber auch Unter­stüt­zung in Form von Risi­ko­ka­pi­tal sowie ein krea­ti­ves Umfeld, das die lang­fris­ti­gen Chan­cen dis­rup­ti­ver Inno­va­tio­nen für den Stand­ort Deutsch­land erkennt.
Dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen, umfang­rei­ches Risi­ko­ka­pi­tel sowie die enge Nähe zu inten­siv mit­ein­an­der inter­agie­ren­den, krea­ti­ven Teams sind die Grund­la­ge des wirt­schaft­li­chen Erfol­ges im Sili­con Valley.
Hier­mit möch­te ich auf­ru­fen, ein ana­lo­ges Umfeld und ein Vor­ha­ben zur Digi­ta­li­sie­rung des Ener­gie­sys­tems als siche­res, schnel­les und ver­trau­ens­wür­di­ges Inter­net der Ener­gie zu gestal­ten, das die genann­ten Chan­cen als Tech­no­lo­gie­schla­ger Deutsch­lands ent­ste­hen lässt.
Alles bewegt sich.
Inso­fern sind dis­rup­ti­ve Ver­än­de­run­gen kein Pro­blem, son­dern eine groß­ar­ti­ge Chan­ce, in einer Zeit in der das Ener­gie­sys­tem reif für Ver­än­de­run­gen ist.

Standortwahl für das German Innovation Valley

Die Fra­ge lau­tet: An wel­chem „geo­gra­fi­schen Schwer­punkt” kön­nen die Vor­tei­le des Stand­or­tes Sili­con Val­ley auch in Deutsch­land abge­bil­det wer­den und wel­che Art von Unter­neh­men soll­ten dort ansäs­sig sein?

Hil­fe­stel­lung zur Ein­ord­nung bie­ten dabei Cris­toph Kee­se mit „Sili­con Val­ley: Was aus dem mäch­tigs­ten Tal der Erde auf uns zukommt“, von Ash­lee Van­cee mit der Bio­gra­fie „Elon Musk – Tes­la, Pay­Pal, SpaceX“ sowie Ulf Pill­kahn mit „Die Weis­heit der Rou­lette­ku­gel – Inno­va­ti­on durch Irritation“.

Ulf Pill­kahn führt aus, dass in stren­ger Betrach­tung Inno­va­tio­nen nicht in klas­si­sche Manage­ment­pro­zes­se ein­zu­ord­nen sind. Inno­va­tio­nen sind markt­ver­än­dern­de Neue­run­gen, deren Wir­ken auf den Markt und die Kun­den nicht wirk­lich bere­chen­bar ist. Bezüg­lich der klas­si­schen Manage­ment­funk­tio­nen wie Kon­trol­le und Steue­rung las­sen sich Inno­va­tio­nen eher mit einem Blind­flug vergleichen.

Die ers­te Fra­ge­stel­lung lau­tet nun, an wel­chen Stand­or­ten in Deutsch­land heu­te Unter­neh­men mit dem Wil­len zu hoher Inno­va­ti­ons­fä­hig­keit ange­sie­delt sind. Wo schafft das Manage­ment das Umfeld für hohe Inno­va­ti­ons­kraft? Ana­ly­sen las­sen eher den Schluss zu, dass in füh­ren­den deut­schen Unter­neh­men die für Inno­va­tio­nen ver­füg­ba­ren Mit­tel knapp und die Visi­ons­fä­hig­keit schwach aus­ge­prägt ist, wäh­rend die­se Ana­ly­sen in Start Ups den höhe­ren Inno­va­ti­ons­grad ver­zeich­nen. Eine Stand­ort­ana­ly­se für ein deut­sches „Inno­va­ti­on Val­ley“ sucht also geo­gra­fi­sche Regio­nen mit Unter­neh­mens­clus­tern, die eine hohe Visi­ons­fä­hig­keit besit­zen und die auch idea­ler­wei­se Ergän­zung fin­den durch finanz­star­ke, aber eben­so hoch visi­ons­fä­hi­ge Unter­neh­men, die zusätz­lich mit hohen Res­sour­cen für Inno­va­tio­nen aus­ge­stat­tet sind.

Nun man­gelt es in Deutsch­land nicht an Visio­nä­ren. Doch lei­der war in der Ver­gan­gen­heit zu beob­ach­ten, dass erfolg­rei­che Visio­nä­re ent­we­der in das Aus­land gegan­gen waren (Pay­Pal-Mit­grün­der und Inno­va­ti­ons­för­de­rer Peter Thiel, Grün­der von Sun Micro­sys­tems Alex­an­der von Bech­tols­heim oder bei­spiels­wei­se auch Sebas­ti­an Thrun als Pro­fes­sor für Künst­li­che Intel­li­genz und als Vize­prä­si­dent von Goog­le zustän­dig für das selbst fah­ren­de Auto) oder man­gels aus­rei­chen­der Finan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten nur mitt­le­re Unter­neh­mens­grö­ße erreichten.

Das bereit­ge­stell­te Risi­ko­ka­pi­tal in Deutsch­land und Sili­con Val­ley unter­schied sich um Grö­ßen­ord­nun­gen. Wäh­rend im Sili­con Val­ley allein in den letz­ten Jah­ren unge­fähr 15 Mil­li­ar­den Dol­lar pro Jahr bereit­ge­stellt wur­den, umfass­te das Risi­ko­ka­pi­tal für ganz Deutsch­land in den Jah­ren 2009 bis 2013 nur 1 Mil­li­ar­de Euro. Eine Trend­wen­de scheint sich 2014 und 2015 abzu­zeich­nen. Im ers­ten Halb­jahr 2015 umfasst das Risi­ko­ka­pi­tal nur für Ber­lin 1,5 Mil­li­ar­den Euro, womit Lon­don über­flü­gelt wur­de. Aber immer noch wer­den nur 8 Mil­li­ar­den in ganz Euro­pa bereit­ge­stellt. Euro­pas aktivs­te Gelb­ge­ber kom­men inzwi­schen also aus Deutsch­land. Das Han­dels­blatt schreibt dazu den Titel: „Das ver­schla­fe­ne Euro­pa wacht auf. Inves­ti­tio­nen in High-Tech-Fir­men errei­chen neue Rekord­mar­ken. Deutsch­land ist in der Spit­zen­grup­pe. Kaum einer dürf­te erra­ten, wo das nächs­te euro­päi­sche Start-Up-Para­dies entsteht.“

Das zwei­te Kapi­tel einer Stand­ort­ana­ly­se umfasst also eine Land­kar­te der Risi­ko­ka­pi­tal­ge­ber sowie der bereit­ge­stell­ten Gel­der, aber auch die Dar­stel­lung von Wegen, um die Höhe der bereit­ge­stell­ten Mit­tel deut­lich zu erhöhen.

Suche nach den Branchen disruptiver Innovationen

Die drit­te Fra­ge nach einem opti­ma­len Stand­ort beschäf­tigt sich damit, wo Unter­neh­men ange­sie­delt sind, die in Bran­chen wir­ken, wo heu­te dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen nach dem Mot­to Schum­pe­ters der krea­ti­ven Zer­stö­rung zu erwar­ten sind. Dies ist mit der Fra­ge­stel­lung ver­bun­den, ob dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen aus der Ban­che selbst ent­ste­hen kön­nen oder vor­ran­gig von Außen entstehen.

Ulf Pillkhan schreibt dazu: „Inno­va­tio­nen wer­den gema­nagt und zwar von Mana­gern. Und da Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment in der Regel nichts mit dem Kern­ge­schäft zu tun hat, bewegt es sich somit auto­ma­tisch im Span­nungs­feld zwi­schen „Total­pla­nung“ und „Durch­wurs­teln“, und der Bereich und die Gestal­tung von Inno­va­tio­nen unter­lie­gen durch deren nicht gege­be­nen Selb­stän­dig­keit direkt dem Wil­len und Wol­len des Manage­ments… Inno­va­tio­nen kann man nicht erzwin­gen, also bie­ten weder die Büro­kra­tie noch das klas­si­sche Manage­ment geeig­ne­te Rah­men­be­din­gun­gen. Man kann sie ledig­lich för­dern bzw. geeig­ne­te Bedin­gun­gen her­stel­len und so die Wahr­schein­lich­keit der Ent­ste­hung erhö­hen. Eine Vor­aus­set­zung dafür ist die intel­lek­tu­el­le Frei­heit, deren Frei­heit in den Berei­chen der Wis­sen­schöp­fung am größ­ten sein soll­te… Sys­tem­im­ma­nent müs­sen eta­blier­te Unter­neh­men radi­ka­le Inno­va­tio­nen ver­mei­den, da die Kon­trol­le und Steu­er­bar­keit zuguns­ten unend­li­chen Neu­lan­des auf­ge­ge­ben wer­den muss.“

Betrach­tet man nun die wich­tigs­ten Bran­chen inner­halb des Stand­or­tes Deutsch­land sowie die dis­rup­ti­ven Inno­va­tio­nen im Sili­con Val­ley stellt man fest, dass eine Bran­che aktu­ell noch nicht umfas­send von Ver­än­de­rungs­pro­zes­sen erfasst ist, aber im Zusam­men­hang mit der welt­wei­ten Not­wen­dig­keit nach hoher Ener­gie­ef­fi­zi­enz und dem Wan­del zu erneu­er­ba­ren Ener­gien die dis­rup­ti­ven Inno­va­tio­nen gera­de­zu her­aus­for­dert. Hier­bei bie­ten gera­de die Ver­net­zung im Inter­net der Din­ge sowie der Trend zu auto­no­men und dezen­tra­len Ener­gie­er­zeu­gungs- und –spei­cher­me­tho­den viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten für Inno­va­tio­nen und die Eröff­nung neu­er Märk­te. Da die obi­gen Schlüs­se zum Inno­va­ti­ons­ma­nage­ment aber nicht unbe­dingt erwar­ten las­sen, dass die Haupt­trei­ber dis­rup­ti­ver Inno­va­ti­on zur Ener­gie­infra­struk­tur aus der klas­si­schen Ener­gie­wirt­schaft kom­men, soll­te eine Stand­ort­ana­ly­se das Umfeld für Unter­neh­men unter­su­chen, die den Mut haben, in die eta­blier­te Bran­che einzudringen.

Chancen der Digitalisierung im Energiesystem

Die Digi­ta­li­sie­rung im Ener­gie­sys­tem 4.0 im Zusam­men­hang mit dezen­tra­len, erneu­er­ba­ren Ener­gien bie­tet völ­lig neue, noch uner­schlos­se­ne Mög­lich­kei­ten dis­rup­ti­ver Inno­va­tio­nen zur Gestal­tung neu­er For­men der Ener­gie-Com­mu­ni­ty. Damit ist ein Markt im Umbruch, des­sen Umfang allein in Deutsch­land in der gesam­ten Elek­tri­zi­täts­wirt­schaft ca. 500 Mil­li­ar­den Euro beträgt. Dabei sind noch nicht ein­mal die ande­ren For­men der Ener­gie­be­reit­stel­lung in Form von Gas, Wär­me und Treib­stof­fen ein­be­rech­net. Die drit­te hier auf­ge­wor­fe­ne Fra­ge­stel­lung soll­te des­halb ins­be­son­de­re unter Betrach­tung der Ener­gie­bran­che geführt wer­den. Bezüg­lich der Fra­ge­stel­lung 1 nach Unter­neh­mens­clus­tern, die die­sen Ver­än­de­rungs­pro­zess beglei­ten, fin­den sich aktu­ell Stand­or­te bei­spiels­wei­se in Baden-Würt­tem­berg, im Ruhr­ge­biet, aber auch in Nord­deutsch­land im Raum Oldenburg.

Die Betrach­tung die­ser Stand­or­te führt aber noch nicht zur ein­deu­ti­gen Ant­wort nach einem Stand­ort für das „Ger­man Inno­va­ti­on Val­ley“. Wir stell­ten hier auch fest, dass Ven­ture-Kapi­tal für inno­va­ti­ve Unter­neh­men wie­der­um in Deutsch­land nach einer Dür­re­pe­ri­ode nun ste­tig wach­send in Ber­lin zu fin­den ist.

Beim Map­pen der Stand­ort­ana­ly­sen ers­tens bezüg­lich Unter­neh­men, in denen das Manage­ment das Umfeld für hohe Inno­va­ti­ons­kraft schafft, zwei­tens bezüg­lich einer Land­kar­te der Risi­ko­ka­pi­tal­ge­ber und der bereit­ge­stell­ten Gel­der sowie drit­tens bezüg­lich Bran­chen, wo heu­te dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen zu erwar­ten sind, lässt sich kei­ne kla­re Über­lap­pung der Ergeb­nis­se aus die­sen drei Fra­ge­stel­lun­gen erken­nen. Ber­lin scheint auf dem bes­ten Wege, die Füh­rer­schaft bei bereit­ge­stell­ten Risi­ko­ka­pi­tel zu über­neh­men. Hier sind auch wich­tig­te Unter­neh­men mit hoher Visi­ons­fä­hig­keit ange­sie­delt oder die wie zum Bei­spiel Rocket Inter­net die Unter­neh­mens­grün­dung auf Basis inno­va­ti­ver Ideen ermög­li­chen. Unter­neh­men und For­schungs­stät­ten, die sich mit Bran­chen beschäf­ti­gen, die ein hohes Poten­ti­al für dis­rup­ti­ve Inno­va­tio­nen erah­nen las­sen, sind wie­der­um an ande­ren Stand­or­ten in beson­de­rer Wei­se gebün­delt. Gera­de für die wirt­schaft­li­chen Schwer­punk­te in Baden-Würt­tem­berg und im Ruhr­ge­biet bie­tet sich die Ver­bin­dung mit Frank­furt als Finan­zie­rungs­stand­ort an, in dem aber gera­de die Risi­ko­ka­pi­tal­kul­tur im Ver­gleich zu Ber­lin noch deut­lich stär­ker zu ent­wi­ckeln wäre.

Die­ser Text bringt also noch kei­ne kla­re Ant­wort auf die ein­lei­ten­de Fra­ge­stel­lung. Aber es wur­den Kri­te­ri­en für die Ent­wick­lung eines der­ar­ti­gen Stand­or­tes sowie die Chan­cen in einer sich im Umbruch befind­li­chen Bran­che auf­ge­führt, mit der sich inzwi­schen auch Unter­neh­men wie Goog­le und Apple beschäf­ti­gen und wo sich also lang­sam das Zeit­fens­ter zur Nut­zung die­ser Chan­cen auf Grund­la­ge einer sich welt­weit beschleu­ni­gen­den Ener­gie­wen­de schließt.

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